Gute liegt so nah...
Lied.“
„Wir sollten aber eines haben, und zwar genau dieses.“ Ohne auf meine Antwort zu warten, zog er mich auf die Tanzfläche, wo er mir prompt auf den Fuß trat.
„Autsch!“
„Hoppla.“
„Hast du das absichtlich gemacht?“
„Natürlich nicht! Komm, steh nicht einfach nur da, sonst trete ich dir womöglich noch mal auf den Fuß.“
„Versuchst du etwa, mich zum Lachen zu bringen?“
„Nein. Lach bloß nicht. Das ist ein Befehl. Hoppla, tut mir leid. Na los, beweg deine Füße.“
Ich gab nach und schlurfte träge. Sam drückte mich kurz an sich. „Es wird alles wieder gut“, flüsterte er und wirbelte mich herum, ehe ich in Tränen ausbrechen konnte.
„Du bist ein grauenhafter Tänzer“, sagte ich und schaffte es zu lächeln.
„Das musst du gerade sagen“, konterte er, beugte mich rückwärts herunter und ließ mich dabei fast fallen.
„Du meine Güte, Sam, vorsichtig. Kostbare Fracht, du weißt schon.“
„Stimmt. Und? Gefällt dir unser Song?“, fragte er. Es handelte sich um einen schrecklich kreischigen Song, den die Kids anscheinend liebten.
„Und wie. Der passt zu uns. Wie heißt der Titel?“
„Keine Ahnung. Hey, Bobby“, rief er dem Jungen neben uns zu. „Wie heißt dieser Song?“
Bobby sah skeptisch zu uns herüber. „‚The Unholy‘“, antwortete er, was so viel bedeutete wie „Unheilig“.
Ich schaffte es, den restlichen Abend über nicht mehr zu weinen, und das hatte ich hauptsächlich Sam zu verdanken. Irgendwann war die Party zu Ende, und Sam und ich stiegen in seinen Pick-up. Ich lehnte meinen hämmernden Kopf gegen die kühle Glasscheibe, und wir fuhren schweigend heim. Zum Glück war Joes Wagen weg, als wir in meine Auffahrt einbogen. Sam machte mir die Tür auf, half mir beim Aussteigen und begleitete mich zum Eingang.
„Möchtest du, dass ich noch mit reinkomme?“
„Nein, nein, es ist schon in Ordnung.“ Erneut stiegen mir die Tränen in die Augen, und meine Lippen bebten.
„Nur für ein paar Minuten?“, bot Sam an.
Ich gab nach, denn ich war dankbar für seine tröstliche Nähe. Ich kniete mich hin, damit Digger mich ausgiebig begrüßen konnte, dann verschwand ich im Schlafzimmer, wo ich mein Kleid auszog. Ich hörte, wie Sam den Hund aus dem Haus ließ, dann wie ein Wasserhahn aufgedreht wurde. Ich zog eine alte Krankenhaushose an und ging ins Bad, um mir das Gesicht zu waschen.
Zwischen Joe und mir war es aus. Ich beugte mich über das Waschbecken und wusch mir die Tränen ab, dann kehrte ich in die Küche zurück, wo Sam Kaffee gekocht hatte.
„Danke“, sagte ich und griff nach einem Taschentuch, um mir die Nase zu putzen. Wir setzten uns an den Küchentisch.
„Willst du darüber sprechen?“, fragte Sam rücksichtsvoll und rührte seinen Kaffee um.
„Die Sache ist die … ich werde morgen mit Joe Schluss machen.“ Ich holte tief Luft, genau genommen schluchzte ich und betupfte mir die Augen mit dem Taschentuch.
„Das tut mir leid.“
„Tja, manchmal täuscht man sich in den Menschen.“
„Ja, das weiß ich.“
Klar wusste er das. Wir sahen uns an, und er legte seine Hand auf meine.
„Es tut mir leid für dich“, sagte er noch einmal sehr sanft. Meine Lippen bebten schon wieder.
„Ach Sam“, sagte ich und fühlte mich plötzlich bleischwer. „Ich glaube, du kannst jetzt gehen, wenn du willst.“
„Bist du sicher? Ich kann noch bleiben, wenn du möchtest.“
„Nein, ich denke, ich werde mich einfach eine Weile ausweinen.“
„Na schön, ich rufe dich morgen an.“ Er stand auf und küsste mich auf den Kopf. Seine liebevolle Art entlockte mir noch einen Schluchzer.
„Du warst sehr lieb heute Abend“, flüsterte ich.
„Pass auf dich auf.“
Ich sah sein Gesicht nur noch verschwommen. „Danke.“
Er ließ den Hund he rein und ging.
26. KAPITEL
I ch hatte mir einen Joe Carpenter aus meinen Träumen erschaffen – sechzehn Jahre lang war ich in ein Produkt meiner Fantasie verliebt gewesen. All die Mühen, all die Zeit, all die Liebe – verschwendet. Es hatte mir nichts eingebracht, es gab kein Happy End, nichts, bis auf die Erkenntnis, dass Joe ein nicht allzu heller Kerl war, dessen fabelhaftes Aussehen ich zum Anlass genommen hatte, mir den vollkommenen Mann zu erdichten.
Himmel, war ich blöd.
Selbstekel brachte mich dazu, dass ich mich schlaflos im Bett herumwälzte. Blöd, blöd, blöd. Wen hätte ich nicht alles kennenlernen können, wenn ich nicht so sehr auf meinen Fantasie-Joe fixiert
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