Gute liegt so nah...
und schlank, trotzdem mit üppigen Brüsten gesegnet, deren Melonenform jedoch darauf schließen ließ, dass sie künstlich waren. Im Gegensatz zu mir schien sie zu wissen, was man für einen Barbesuch in Provincetown an zog, denn sie trug eine Bluse mit weitem Ausschnitt und auffällige Ohrringe, die zu ihren blauen Augen passten.
„Da bist ja“, sagte sie und legte Joe eine Hand auf die Schulter, um die Besitzverhältnisse klarzustellen. Ihre Augen waren wirklich beeindruckend blau, wie ich nun aus der Nähe erkennen konnte – karibisch blau hieß das bei Bausch & Lomb, dem angesagtesten Kontaktlinsenhersteller.
„Oh, hallo“, sagte Joe mit einem unbekümmerten Lächeln zu der Blondine. „Darf ich euch bekannt machen? Dies sind Sam und Millie, und das ist Autumn.“
„Ich heiße Summer“, korrigierte sie ihn gereizt.
Sam musste sich ein Grinsen verkneifen, und ich biss mir auf die Lippe.
„Richtig“, gab Joe zu und schien dabei keinerlei schlechtes Gewissen zu haben. „Du bist so hübsch, dass ich das für einen Moment glatt vergessen hatte.“
Widerlich, dachte ich, aber sie kaufte es ihm offenbar ab, denn sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Uns würdigte sie keines Blickes.
„Tja“, meinte Joe. „Dann lassen wir euch mal allein.“
„War nett, Sie kennenzulernen, Summer“, sagte Sam und stand auf. „Wir sehen uns, Joe.“
Ich saß benommen da. Musste ich etwa auch aufstehen? Das würde bedeuten, dass Joe und Summer meine überzähligen Pfunde sehen konnten, an denen auch mein Lauf heute nichts geändert hatte. Aber nein, der liebenswürdige Joe erhob sich ebenfalls und schaute lächelnd zu mir herunter.
Es gelang mir, sein Lächeln zu erwidern. „Mach’s gut“, sagte ich.
„Mach’s gut, Millie“, erwiderte er. Summer hielt ein Wort des Abschieds offenbar nicht für erforderlich, denn sie wandte sich einfach um und rauschte davon, wobei sie mit ihrem kleinen Hinten wackelte.
Ich riss meinen Blick von Joes vollkommenem knackigen Po los und versuchte mir vor Sam nichts anmerken zu lassen. Schnell fragte ich, ob er noch ein Bier wolle.
Es war nie angenehm, Joe mit einer anderen Frau zu sehen, aber es war auch nichts Ungewöhnliches. Seit sechzehn Jahren sah ich andere Frauen an seiner Seite und erwartete auch gar nicht, dass jemand, der so attraktiv und wundervoll war, allein blieb. Aber natürlich wurmte es mich. Es waren stets Frauen wie Summer, die zwar sehr hübsch, aber unsympathisch waren. Seine Beziehungen hielten nie lange.
Ich war zutiefst davon überzeugt, dass Joe in mir all das erkennen würde, was er bisher bei anderen Frauen vermisst hatte – falls es mir gelang, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ich war intelligent, nett, witzig und anspruchslos. Nicht zu vergessen Ärztin, die den Kranken half, deren Familien tröstete und gelegentlich sogar Leben rettete! Ein ziemlich cooler Job, und sobald ich meine Attraktivität erhöht hatte (ohne plastische Chirurgie und Diätpillen), würde Joe endlich nicht mehr nur die ehemalige Schulkameradin in mir sehen, sondern sich in mich verlieben.
Vielleicht fragen Sie sich, woher ich denn den Mut nahm, mich an einen Mann wie Joe heranzumachen. Schließlich hatte meine längste Beziehung ganze sechs Wochen gedauert. Die Sache war nur, dass ich nun bereits fast mein ganzes Leben lang in ihn verliebt war und bald dreißig wurde. Also hieß es jetzt oder nie, und wenn ich schon versuchte, Joe für mich zu gewinnen, wollte ich auch alles geben.
Ich verdrängte die Begegnung mit Joe … noch so ein Trick, den ich mir im Lauf der Jahrzehnte angeeignet hatte. Später würde ich mich genussvoll an jedes Detail erinnern und gründlich analysieren, was ich beim nächsten Mal besser machen konnte. Vorerst aber schob ich das Ereignis beiseite, schließlich besaß ich einige Übung darin, so zu tun, als sei Joe bloß irgendein Kerl.
Joe und Wie-hieß-sie-noch waren mit einer Partie Billard beschäftigt, als Sam und ich kurze Zeit später die Bar verließen und zum Wagen gingen.
„Also, Sam, du fährst nicht nach Hause, um dir Norah Jones anzuhören, dich zu betrinken und die Augen aus dem Kopf zu weinen, verstanden?“, sagte ich beim Einsteigen.
„Das werde ich mir wohl schenken“, meinte er. „Ein andermal vielleicht.“
„Braver Junge. Du gibst ein gutes Vorbild für meinen Hund ab.“
„Wage es ja nicht, ihn nach mir zu benennen“, warnte er mich lachend.
Als wir nach Hause kamen, fühlte ich mich wie eine gute
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