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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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Verbandschere aus meiner Tasche schnitt ich den Badeanzug der Frau auf und stellte fest, dass man den Kopf des Babys bereits deutlich sehen konnte. „Ihr Nachwuchs will schon das Meer sehen“, sagte ich lächelnd zu Heidi, deren braune Augen sich noch stärker weiteten, als sie ihren Mann an sah.
    „Geht es Ihrem Sohn gut?“, fragte ich ihn, denn der kleine Junge sah verängstigt aus.
    „Mark, kümmere dich um ihn“, brachte die Frau mühsam hervor und befreite ihre Hand aus der ihres Mannes. „Kann ich pressen? Ich will pressen. Ich glaube, ich muss pressen.“
    „Das ist in Ordnung. Warten Sie auf die nächste Wehe. Sam!“, rief ich. „Hilf mir mal.“ Ein Murmeln erhob sich in der Menge, und im nächsten Moment war Sam wieder an meiner Seite. Er nahm Heidis Hand und schob ihr den Arm unter die Schultern, um sie ein wenig anzuheben.
    „Ich bin Sam“, stellte er sich freundlich vor. „Anscheinend sind Sie schon ein Profi im Kinderkriegen.“
    „Das Baby ist erst in drei Wochen fällig!“, schrie die Frau.
    „Keine Sorge, Heidi“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Ihr Körper weiß, was er tut.“
    „Das hier ist keine Show, Leute!“, bellte Ethel mit ihrer rauen Stimme. „Zurück mit euch!“
    „Na schön“, sagte ich und fühlte, wie ihr Unterleib sich wieder anspannte. „Hier kommt die nächste Wehe, also pressen Sie mal ordentlich. Eins, zwei, drei …“
    Sie presste und verzog vor Anstrengung das Gesicht. Das Baby kam noch ein paar Zentimeter weiter heraus. Heidi stieß einen hohen Schrei aus, der ein Raunen in der Menge auslöste.
    „Das machen Sie großartig“, lobte ich sie und schob einen Finger neben den dunklen nassen Kopf des Babys. Eine Krankenwagensirene heulte. „Wir haben es fast geschafft.“ Ihr Unterleib zog sich erneut zusammen. „Der Kopf ist der schwierigste Teil, erinnern Sie sich? Okay, hier kommt schon wieder eine Wehe. Pressen Sie, Heidi, so fest Sie können …“
    Sie gehorchte, und der Kopf des Babys glitt heraus, von Blut, Käseschmiere und schwarzen Haaren verklebt. „Ich habe eine Brünette hier, genau wie Sie“, sagte ich. „Jetzt nicht mehr pressen, ja? Warten Sie einen Moment und atmen Sie einfach nur.“
    Ich schob meinen behandschuhten Finger in den Mund des Babys und holte einen Schleimklumpen heraus. Sanft drehte ich den Kopf himmelwärts und sah, dass das Gesicht des Babys blau war.
    „Oh Gott!“, entfuhr es dem Vater, der auf die Knie sank und seinen Sohn an sich drückte. „Oh Jesus, bitte!“
    „Was ist passiert?“, schluchzte Heidi.
    „Wir haben es hier mit einer kleinen Komplikation zu tun“, murmelte ich. Sam nickte. Die Nabelschnur hatte sich um den Hals des Babys gewickelt.
    „Halten Sie durch“, sprach er Heidi Mut zu. „Sie machen das fantastisch. Geben Sie Millie nur eine Sekunde Zeit.“
    Behutsam schob ich den Finger unter die Nabelschnur und zog sie sacht über den Kopf des Babys.
    „Bitte, Gott“, stieß der Vater mit erstickter Stimme hervor.
    „Ist alles in Ordnung?“, fragte Heidi ängstlich.
    „Alles ist bestens. Nur eine Sekunde noch … so, und jetzt noch mal pressen.“
    Sie gehorchte, und das Baby glitt in meine Hände. Erneut holte ich Schleim aus seiner Mundhöhle. Das Baby spuckte erst Schleim und Flüssigkeit, ehe der wundervollste aller Laute erklang – der erste Schrei eines neu geborenen Lebens. „Es ist ein Mädchen!“, verkündete ich, und die Menge applaudierte begeistert. Schon während ich den Säugling mit einem sauberen Handtuch abrieb, bekam er eine rosa Gesichtsfarbe. Die Nabelschnur überließ ich den Sanitätern und legte der Mutter das Baby in den Arm. Die Menge jubelte, als Heidi vor Glück aufschluchzte.
    „Trevor! Komm, sieh dir dein Schwesterchen an“, forderte sie ihren Jungen auf. Vater und Sohn knieten sich neben sie, und Sam zog sich zurück.
    „Brauchst du mich noch?“, fragte er mich.
    Ich legte der Mutter ein weiteres Handtuch auf den Bauch. „Nein, ich glaube, das war’s.“ In diesem Moment tauchten die Sanitäter mit der Trage auf. Einer wandte sich an Sam.
    „Übernimmst du neuerdings meinen Job?“, scherzte er, während seine Kollegen Heidi mitsamt dem Baby auf die Trage legten.
    „Das hat Dr. Barnes schon getan“, entgegnete Sam.
    „Siebenunddreißigste Woche, zweite Geburt, spontaner Schrei. Keine Plazenta, die habe ich euch aufgehoben.“ Ich grinste in Richtung des Sanitäters.
    „Gute Arbeit“, sagte der. „Was für ein Glück, dass Sie vor Ort

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