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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Wasserfalls.
     
    Der Pfeil traf ihn genau zwischen den Schulterblättern.
     
    Er fiel mitten in das wirbelnde, gelbe Wasser.

5. KAPITEL
    Jemand fragte nach Nathan. Jemand fragte mit jammernder Stimme, Nathan, hat keiner Nathan gesehen?
    Vielleicht war sie es, die fragte.
Vielleicht war sie es selbst.
Sie erinnerte sich an Stimmen, an Geräusche.
Und mittendrin Nathans Rucksack.
     
    Schließlich kam es zu einer Art Aufbruch. Sie erinnerte sich an das Gras, wie es sich an ihren Schuhen verfing und die Knoten löste. Wie sie wieder und wieder stehen bleiben musste, um die Schuhe zuzubinden, wie mühsam es war, sich zu bücken, wie ihr schwindelig wurde, und dann die Hitze. Sie hatten den Dschungel verlassen, gingen über glühende Felder, sie brach ein Blatt ab, es war so groß wie ein Elefantenohr. Sie hielt es sich als Schutz über den Kopf, hielt es dort, bis ihr die Arme herunterfielen.
     
    Sie hatten lange gesucht, auch sie. Mahd und sie hatten gesucht, seine Augen waren schwarz, sein Blasrohr hing an seiner Hüfte.
     
    Am frühen Morgen kam Ben ihr entgegen. Sie sah ihn kommen, stumm und aufrecht stand sie vor ihm.
    »Ich kann verstehen, dass du das nicht willst. Aber wir müssen uns auf den Weg machen. Wir können nicht länger suchen.«
    Sie starrte in Richtung der Bäume. Als höre sie ein Geräusch.
    Sie sagte:
    »Die Elefanten.«
    »Die Elefanten?«, wiederholte er.
    »Elefanten können durchdrehen, wenn man ihnen zu nahe kommt.«
    Er kniff seine Augen zusammen.
    »Meine arme Kleine«, sagte er tonlos.
     
    Sie wurde in einen Zug geführt.
    Vielleicht war sie allein.
    Aber jemand kam mit Kaffee in einem Becher, jemand kam mit Wasser.
    »Trink!«, sagte eine helle, schwedische Stimme.
    Martinas.
    Die Fenster waren geöffnet, die Hitze schwappte herein, ein Kleinkind schrie in einem Tücherknäuel. Das Kopftuch der jungen Mutter, es war mit roten Nadeln festgesteckt. Es sah aus, als stächen sie direkt in die Schläfen.
    Martinas Finger hatten weiße, saubere Nägel.
    Die Kamera war nicht mehr da.
     
    Sie bemerkte den Geruch ihres Körpers. Ein Mann ging stolpernd durch den Gang. Als er näher kam, sah sie, dass es Ben war.
    Der Zug hielt eine Weile. Draußen lag ein Dorf. Zwei Mädchen auf einem Motorroller, sie winkten und lächelten. Die Toilette war ein Loch im Fußboden. Sie lag auf den Knien und erbrach sich.
     
    Dann die Stadt.
    »Ich werde mich um deine Flugtickets kümmern«, sagte Ben. »Es gibt einen Flug morgen Nachmittag.«
    Er hatte ein Hotel gefunden, ließ sie mit Martina das Zimmer teilen.
    »Es ist nicht gut, wenn du allein bist. Jetzt könnt ihr wenigstens Schwedisch miteinander sprechen.«
    Er war unheimlich lieb.
    »Hast du eine Frau?«, fragte sie. Er nickte.
    »Ja, ich habe eine Frau.«
    »Wie heißt sie?«
    »Tam.«
    »Tam.«
    »Ja.«
    »Liebst du Tam, deine Frau?«
    »Ich liebe und achte sie.«
    »Nathan!«, schrie sie auf, verstummte dann jäh.
     
    Sie stieg aus der Dusche, sie war sauber. Sie hatte so lange geduscht, bis das Wasser kalt geworden war.
    Martina stand im Zimmer, ihr schmaler Rücken, der Sarong wie ein Rock. Sie hielt etwas in der Hand, es war das Maskottchen, sie hatte es von Justines Rucksack losgebunden.
    »Was machst du da?«, fragte Justine, und ihre Worte kamen wie Peitschenhiebe.
    »Nichts. Ich gucke bloß.«
    Sie beugte sich über das Gepäck, nahm den Parang vom Karabinerhaken.
    Der Schmerz im Gehirn kehrte zurück.
     
    Sie erinnerte sich an die Wucht des Bluts, als es ihre Arme traf, erinnerte sich daran, wie es brannte.
     
    Sie zwangen sie zu sprechen, wieder und immer wieder. Ihr Kopf schrumpfte. Es waren ein paar Männer von der Polizei und eine Frau namens Nancy Fors. Sie hatte einen hellen Teint, sie war Schwedin. Die Botschaft hatte sie geschickt.
    Die Fenster des Raums waren vergittert.
    Sie erzählte alles noch einmal.
    »Ich kam aus der Dusche, jemand stand da, ein Mann, sie lag auf dem Boden, Martina lag auf dem Boden, und ich schrie, und er drehte sich zu mir um, nein, ich erinnere mich nicht an sein Gesicht, dunkle Haare, schlank, ich lief in die Dusche, ich rutschte aus und stieß mich, und das Handtuch wurde nass, ich hörte, wie er die Tür schloss. Dann ging ich hinaus. Sie lag auf dem Boden und war schon tot.«
    »Wo haben Sie sich verletzt, Miss Dalvik?«
    Sie musste ihren Rock hochziehen und es ihnen zeigen, hier, hier am Oberschenkel, und sie war voller Schrammen und eigenartiger Stiche.
    Ein Arzt befand sich im Raum. Er tastete

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