Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
Vom Netzwerk:
Blick, sah aber nichts, geblendet durch Hitze und Sonne. Ein Taxi hatte angehalten, eine Autotür wurde geöffnet.
    »Justine, was machst du denn hier?«
    Nathan.
    Sie klammerte sich an seine Hemdtasche, hörte ein raspelndes Geräusch, als die Nähte rissen.
    »Beruhige dich!«, sagte er.
    Er führte sie zum Auto, half ihr hinein.
     
    Oben in ihrem Zimmer reichte er ihr Wasser aus einer großen Plastikflasche.
    »Du darfst verdammt nochmal nicht auf die Straße gehen, ohne Wasser bei dir zu haben«, ermahnte er sie. »Du solltest erwachsen genug sein, um das zu wissen.«
    »Ich hatte kein Geld in der Landeswährung«, zischte sie zurück, und das war der Anfang ihres ersten Streits.
    »Du hättest den Typen vom Hotel bitten können. Du hättest es auf die Zimmerrechnung setzen lassen können.«
    »Und du, du hättest hier bei mir bleiben können, statt einfach abzuhauen.«
    »Ich wollte dich nicht wecken. Du hast doch gesagt, dass du während des Flugs kein Auge zugemacht hast. Nur weil ich Rücksicht auf dich nehmen wollte, habe ich mich allein auf den Weg gemacht.«
    Sie kauerte sich auf dem Bett zusammen und weinte lauthals.
    »Aber Justine … Außerdem weißt du doch, dass ich hier die Lage sondieren muss.«
    »Damit musstest du doch nicht sofort anfangen.«
    »Doch, das musste ich sehr wohl. Ich hatte ein paar Appointments. Ich bin nämlich hier, um zu arbeiten, das ist keine beschissene Ferienreise, falls du das geglaubt haben solltest.«
    Sie lag da in ihrem verknitterten Rock, und der Bund scheuerte an ihrer Taille. Ihre Finger waren von der Hitze geschwollen.
    Sie dachte, wenn sie miteinander schliefen.
    Aber als sie ihn berührte, zuckte er zurück.
     
    Sie hatte ihn beim Zahnarzt getroffen, zu einer Zeit, als sie oft dorthin musste. Sie hatte Probleme mit einer Brücke. Jedes Mal, wenn sie das Wartezimmer betrat, saß er bereits da, und schließlich mussten sie beide lachen.
    »Es hat fast den Anschein, als wolle unser Zahnarzt uns verkuppeln«, sagte er.
    Er war ein paar Jahre älter als sie. Er hatte graues, ein wenig wirres Haar, was bei einem Mann seines Alters aufgesetzt hätte wirken können, bei ihm seltsamerweise nicht. Sie hörte, wie sein Name aufgerufen wurde. Nathan Gendser.
    Bei einem späteren Termin kehrten sie zufällig beide gleichzeitig ins Wartezimmer zurück. Ihr Kiefer war von der Betäubung noch ganz taub. Er ging zur Kasse und bezahlte.
    »Ich brauche nicht mehr zu kommen«, sagte er. »Schön.«
    Sie empfand so etwas wie Enttäuschung.
    »Glückspilz.«
    »Und Sie? Wird es noch länger dauern?«
    »Ich fürchte. Es ist nicht nur die Brücke, da sind anscheinend auch noch ein paar Löcher.«
    »Ich habe das Auto direkt vor der Tür, kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    Sie hatte ihr eigenes Auto um die Ecke geparkt, zögerte einen Moment, sagte dann:
    »Danke, das wäre nett.«
    Das war im Sommer. Seine fleischigen, braun gebrannten Hände, kein Ring.
    »Dalvik …«, sagte er. »Ich habe mir über den Namen Gedanken gemacht. Sind Sie vielleicht mit den Sandypastillen verwandt?«
    Sie nickte.
    »Ah, verstehe. Deshalb müssen Sie jetzt so oft zum Zahnarzt. Sie haben sich als Kind zu viele von den Pastillen reingestopft.«
    »Im Gegenteil, ich mochte sie nicht einmal. Aber auf der anderen Seite gab es ja auch noch eine Menge anderer Süßigkeiten.«
    »Das habe ich mir fast gedacht.«
    Er schwieg eine Weile. Dann fragte er, wohin sie wolle.
    »Wohin müssen Sie?«
    »Kann ich Sie am Odenplan rauslassen? Ich wohne da in der Nähe.«
    »Das passt mir sehr gut.«
    »Haben Sie Urlaub im Moment?«
    »Ich arbeite nicht.«
    »Was! Nicht? Sind Sie arbeitslos?«
    »Na ja, nicht direkt.«
    Sie spürte seinen Blick, schaute stur geradeaus. Es irritierte die Leute oft, wenn sie sagte, dass sie nicht arbeite. Sie hatte eigentlich nie ein richtiges Arbeitsleben begonnen. Einen großen Teil ihrer Jugend war sie krank gewesen. Dann war es irgendwie zu spät. Das konnte man einem wildfremden Menschen nicht erzählen. Um Fragen aus dem Weg zu gehen, deutete sie in der Regel an, dass sie längere Zeit in der Firma gearbeitet habe, sich aber jetzt verändern wolle. Danach wechselte sie immer das Thema.
    »Ich selbst bezeichne mich immer als Gelegenheitsarbeiter«, sagte er. »Aber in den letzten Jahren bin ich Reiseleiter gewesen.«
    Er setzte sie vor dem Ärztehaus am Odenplan ab. Als er verschwunden war, ging sie in die U-Bahn hinunter und fuhr zur Zahnarztpraxis zurück, um ihr Auto zu holen. Zu

Weitere Kostenlose Bücher