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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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war es etwa ein Knutschfleck. An alles Mögliche dachte sie dort, nur nicht an ihren Vater.
    »Es sieht folgendermaßen aus. Er überlebt höchstens noch die Nacht. Ich möchte, dass Sie sich dessen bewusst sind.«
    »Das sind wir«, sagte sie.
    Flora sah ihn scharf an. Sie scharrte mit der Hand wie mit einer Pfote.
    »Wie viel wollen Sie haben … damit Sie wirklich ihr Bestes geben?«
    »Aber meine Liebe, das ist doch nichts, worum man feilschen kann. Wir geben immer unser Bestes.«
     
    Sie saßen jeder an einer Seite.
    »Arme Justine«, sagte Flora. »Ich glaube nicht, dass du begreifst, wie ernst es ist.«
    Sie hatte Mascaraflecken auf den Wangen. Justine hatte sie nie zuvor weinen sehen. Ihr Schluchzen störte sie, sie wollte allein sein mit ihrem Vater. Sie stellte sich den Tod als eine Frau vor, es war ihre Mutter, sie war gesandt worden, um ihren Mann heimzuholen. Sie würde durch das Fenster kommen, groß und schmal, seine Decke zur Seite schlagen, ihn an der Hand nehmen und fortführen. Sie würde Flora mit einem höhnischen, kleinen Grinsen ansehen:
    Ich hole ihn jetzt, denn er gehört mir.
     
    Nathan ging mit ihr in das größte Kaufhaus von Kuala Lumpur. Es ähnelte den großen schwedischen Kaufhäusern, sie staunte über die reiche Auswahl. Sie musste ihre Sonnenbrille entweder zu Hause vergessen oder im Flugzeug verloren haben. Endlich konnte sie sich eine neue kaufen.
    Nathan hatte ihr erklärt, dass sie ihn nicht an der Hand nehmen oder zärtlich zu ihm sein durfte, so etwas wurde hier als unpassend empfunden. Man tat so etwas nicht in diesen Ländern. Man zeigte nie seine Gefühle, jedenfalls nicht öffentlich.
    »Im Hotelzimmer holen wir alles nach«, sagte er und war wieder guter Laune.
    Er fand, dass Justine nach Kleidern schauen sollte.
    »Das muntert dich etwas auf. Einkaufen macht Frauen glücklich, ich muss es ja wissen.«
    Er war zweimal verheiratet gewesen und hatte mit einer weiteren Frau zusammengelebt. Auf einem Regal in seinem Wohnzimmer standen Fotos von all seinen Kindern in Abiturientenmützen oder Hochzeitskleidern. Er hatte sechs Kinder. Sie fragte nach ihren Müttern, quälte sich selbst mit Details.
    »Diese beiden sind von Ann-Marie. Sie sind ihr ähnlich, die gleichen blauen Augen, aber Gott sei Dank nicht, was den mentalen Zustand betrifft, um es einmal so auszudrücken. Die Zwillinge und Mikke sind von Nettan. Mit Nettan und Ann-Marie war ich fünf beziehungsweise sieben Jahre lang verheiratet. Danach habe ich einen weiten Bogen um Hochzeiten gemacht. Als ich Barbro kennen lernte, entschieden wir uns dafür, nur zusammenzuleben. Sie wollte übrigens auch nicht heiraten. Sie war gerade von so einem Verrückten geschieden worden, der sie schwer misshandelt hatte. Barbro und ich lebten vier oder fünf Jahre zusammen, wir bekamen zusammen die kleine Jenny.«
    Er war stolz auf Jenny, sie war eine Art Fotomodell. Eine schlanke und rehäugige junge Frau, eine Kopie ihrer Mutter.
    »Und danach, du hast seitdem doch bestimmt nicht allein gelebt?«
    Er winkte ab.
    »Na ja, allein …«
    »Warum hat es nicht funktioniert?«, fragte Justine. »Ist es so furchtbar schwer, mit dir zusammenzuleben?«
    »Sie hatten eine gemeinsame Eigenschaft, diese drei Damen. Sie waren alle ein wenig hysterisch.«
    »Was meinst du denn mit hysterisch?«
    »Ich will jetzt nicht darüber sprechen.«
    »Bin ich auch hysterisch?«
    »Soweit ich das bisher beurteilen kann jedenfalls nicht. Aber ich verspreche dir, Bescheid zu sagen, wenn mir etwas auffällt.«
    »Und wenn ihr euch geliebt habt, Nathan, wer war am besten?«
    Er schubste sie aufs Bett und legte sich auf sie, legte seine Hand auf ihren Mund.
    »Du bist auf Platz eins, du bist auf Platz zwei, du bist auf Platz drei, meine Liebe.«
     
    Sie sah sich ein Kleid nach dem anderen an, aber sie waren alle zu klein. Die malaysischen Frauen reichten ihr nicht einmal bis zu den Schultern. Sie schienen alle in ein und derselben Form gegossen worden zu sein, und ihre Taillen waren so schmal wie einer ihrer Schenkel.
    Wir gehen, dachte sie.
    Nathan stand da und unterhielt sich mit einer Verkäuferin, sie beobachteten Justine. Die Verkäuferin näherte sich, sie hatte ein Maßband um den Hals.
    Sie sagte etwas, das Justine nicht verstand.
    »Sie fragt, welche Größe du hast.«
    »Wozu? Hier gibt es doch nichts, was ich haben möchte.«
    Nathan hielt ein Kostüm hoch. Es war für eine Pygmäin gemacht.
    »Ich dachte, dass du vielleicht etwas Schickeres haben

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