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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Hause schlug sie ihn im Telefonbuch nach. Er wohnte auf der Norrtullsgata, sie suchte auf dem Stadtplan, wo sie lag.
     
    Am nächsten Tag spielte sie ihm einen Streich. Sie fuhr hin. Es war eigentlich nicht ihre Art, sich so zu benehmen. Sie redete mit sich selbst, was machst du hier, was erwartest du eigentlich?
    Es war wie ein Rausch.
    Sein Auto stand vor dem Haus. Sie warf einen Blick die Fassade hinauf und fragte sich, welches Fenster es sein könnte. Damit er sie nicht entdeckte, ging sie in die Buchhandlung schräg gegenüber und blätterte in Büchern, kaufte ein Taschenbuch, vor allem, um den Schein zu wahren. Dann schlenderte sie langsam auf dem Bürgersteig vor seinem Haus entlang. Es war, als wüsste sie intuitiv, dass er bald herauskommen würde.
    Ihr Gefühl hatte sie nicht getrogen. Nach etwa einer halben Stunde kam er heraus. Er war allein. Sie ging schneller, so als wäre sie rein zufällig hier vorbeigekommen, sie sagte:
    »Ja, hallo … wusste ich doch, dass mir irgendetwas bekannt vorkam!«
    Sein Gesicht: der Ausdruck überraschter Freude!
    »Ich wollte gerade los und etwas essen. Haben Sie Lust, mitzukommen?«
    Sie fuhren zum Schloss Drottningholm hinaus. Er lud sie im Gasthaus zum Essen ein. Sie war dabei, aus einer Lähmung zu erwachen. So viele Jahre war sie stumm gewesen. Mit ihm kehrten die Worte zurück, Schritt für Schritt.
     
    Es streichelte Leben in ihren Körper, er erweckte sie.
    »Du bist schön, ich liebe Frauen, die keine Anorektiker sind, die wie du sind, die leben.«
    Sie wurde rasend eifersüchtig auf diese ganzen anderen Frauen, die er geliebt hatte.
    »Woher weißt du denn, dass ich lebe?«
    »Oh doch, du lebst, aber unter einer Schale. Ich werde dich schälen, ich werde dich hervorholen, ich werde dich der ganzen Welt zeigen.«
    Sie dachte, dass dies nur Worte waren, die man so sagte. Aber sie gab sich ihm hin, bedingungslos.
     
    Sie hatte als erwachsene Frau nie geliebt. Nach dem Kind war ihr Leben vorbei gewesen.
    Fragmente von Diskussionen zwischen ihrem Vater und Flora. Flora wie ein keifender Terrier:
    »Aber es kommt nicht nur darauf an, sie zu schützen, es kommt darauf an, sie wieder gesund werden zu lassen. Und das können wir hier zu Hause nicht. Du kannst das nicht. Ich kann es nicht. Sie muss in eine Klinik.«
    Sie hörte die Schritte ihres Vaters, wie die Tür zuschlug, wie es schallte und das Haus erzitterte.
    Er war damit einverstanden, einen Psychologen kommen zu lassen, der sie untersuchte.
     
    Er nannte das, was geschehen war, eine Fehlgeburt.
    »Du musst darüber hinwegkommen«, ermahnte er sie. »Du bist jung, du hast noch dein ganzes Leben vor dir.«
    Er begriff nicht im Geringsten, dass es für sie genau umgekehrt war.
     
    Ja, die Experten durften zu ihr nach Hause kommen. Er engagierte die Besten, die es gab. Gespräche, Gespräche, Gespräche. Er ließ sie auf Reisen mitkommen, führte sie in die Firma ein. Ziffern und Kalkulationen, aber nichts davon wollte in ihrem Kopf haften bleiben. Er brachte eine elektrische Schreibmaschine nach Hause, und Flora deckte die Tasten mit einem Schirm ab, damit Justine sie nicht sehen konnte. Sie lernte das A und das Ä.
    Als Flora mit ihrer Schwester nach Madeira reiste, nahm ihr Vater sie zu sich ins Schlafzimmer.
    »Schlaf hier bei mir, damit ich dich sehe, wenn ich einschlafe und wenn ich aufwache. Sollte ich mich dir gegenüber falsch verhalten haben, dann weißt du, dass es nie meine Absicht war, ich wollte nur dein Bestes, du bist alles, was ich noch habe, Justine, wovon ich einmal geträumt und was ich besessen habe, du bist alles, was ich habe.«
    »Und Flora?«, flüsterte sie.
    »Flora? Ja, natürlich. Flora auch.«
    Sie lag in Floras Bett, auf Floras Kissen. Sie sah ihren Vater mit neuen Augen. Sie sah, dass er schon vor langer Zeit seine Jugend hinter sich gelassen hatte. Sein Haar war nicht mehr braun, sondern schütter und fahl, seine Augenbrauen bauschten sich. Er saß auf dem Stuhl an Floras Schminktisch. Er sah in den Spiegel.
    »Was erhoffst du dir für dein Leben, Justine?«, fragte er, und aus seiner ganzen Haltung sprach Resignation.
    Sie wusste keine Antwort.
    Er lehnte sich über den Tisch.
    »Dieser Mann … der … dir so nahe gekommen ist? Du brauchst mir nicht erzählen, wer es war. Aber … war er dir wichtig?«
    Sie lief in ihrem langen Nachthemd.
    Stand hinter der Tür und schwieg.
    Ihr Vater war gezwungen, zu betteln und zu locken. Er reichte ihr das Horn, als würde das etwas

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