Gute Nacht, Peggy Sue
auch nur einen Funken Verstand hat, weiß, wann es Zeit ist, zu kämpfen, und wann, zu verduften«, fuhr Adam fort. »Sie hätten davonlaufen sollen.«
»Habe nicht gesehen, daß
Sie
gerannt sind.«
»Wie konnte ich? Schließlich mußte ich bleiben, um Sie zu beschützen.«
»Ich weiß die Geste zu schätzen.«
»Eines kann ich Ihnen sagen: Wegen eines alten klapprigen Subarus zu sterben, war nicht gerade der Traum meiner schlaflosen Nächte.« Adam warf einen verächtlichen Blick zur Seite, als ein Betrunkener seinen Smoking befummelte. »Ich darf doch bitten!«
»Aber natürlich«, antwortete der Betrunkene. »Was gibt’s?«
»Ich mochte den Wagen«, murmelte M. J. »War das erste fabrikneue Auto, das ich je hatte.«
»Wäre beinahe auch Ihr letztes gewesen.«
Ein Mann taumelte in den Wartesaal, verdrehte die Augen und brach ohnmächtig zusammen. Er wurde umgehend von zwei Pflegern hochgehoben und auf einer Liege in das Allerheiligste geschoben. Durch den Wartesaal ging ein kollektives Stöhnen. Die Wartezeit hatte sich eben erneut verlängert.
»Ich sage Ihnen was«, erklärte Adam. »Wenn das noch mal passiert, kaufe ich Ihnen gleich ein neues Auto.«
»Mann, ich könnte ein neues Auto brauchen«, meldete sich der Betrunkene zu Wort.
»Was Sie brauchen könnten, wäre ein heißes Bad«, murmelte Adam und rückte etwas von ihm ab.
»Ich kann mir selbst ein Auto kaufen«, sagte M. J. »Aber ich hasse es, wenn man sich an meinem Eigentum vergreift.« Sie hob mit allen anderen hoffnungsvoll den Blick, als die diensthabende Schwester den Wartesaal betrat.
»Bestohlen zu werden«, entgegnete Adam, »ist besser, als massakriert zu werden. Ich kann es einfach nicht fassen, was die mit uns gemacht haben. Und das alles wegen eines lumpigen Subarus.«
»Aber es ging doch gar nicht um mein Auto«, erklärte M. J. »Haben Sie das nicht kapiert? Mein Wagen hat nichts damit zu tun.«
Die Schwester rief: »Novak!«
M. J. schoß hoch. »Hier!«
»Folgen Sie mir!«
»Warten Sie!« Adam warf die Packung Eis beiseite. »Was soll das heißen, Ihr Wagen hatte nichts damit zu tun? Worum zum Teufel ging’s dann überhaupt bei dem ganzen Gemetzel?«
»Um Ihre Tochter«, erwiderte M. J. und folgte der Schwester in den Behandlungsraum.
Adam blieb ihr dicht auf den Fersen.
»Sie müssen draußen warten«, erklärte die Schwester.
»Wir sind zusammen gekommen«, sagte M. J.
Der Blick der Schwester schweifte von Adams zerschundenem Gesicht zu M. J.s blauem Auge. »Ist nicht zu übersehen«, murmelte sie und zog ein frisches Stück Papier aus dem Spender. »Legen Sie sich hin und decken Sie das hier über Ihre Bluse. Dann kommt kein Blut drauf.«
»Ist doch sowieso schon Blut drauf«, erwiderte M. J., als sie sich auf den Behandlungstisch legte. Die Schwester begann die Messerwunde an ihrem Hals zu säubern. Das beißende Desinfektionsmittel schmerzte fast noch schlimmer, als der Schnitt der Klinge es getan hatte.
»Wie kommen Sie darauf, daß Maeve was mit der Sache zu tun hat?« fragte Adam.
»Unser Freund, der Messerstecher, hat mir was ins Ohr geflüstert.«
»Halten Sie still!« befahl die Schwester unwirsch.
»Er hat gesagt: ›Halten Sie sich da raus, Lady-Cop! Sie will nämlich nicht gefunden werden.‹ Das spricht Bände. Erstens weiß ich jetzt, daß der Junge dämlich ist. Er kann eine Polizistin nicht von einer normalen Zivilistin unterscheiden. Und zweitens, daß ›sie‹ nicht gefunden werden möchte. Und wer glauben Sie, ist
sie
?«
»Maeve«, antwortete er und machte ein verblüfftes Gesicht.
Der diensthabende Arzt kam herein, ein Double von Dr. Michael Dietz mit wirrer Haarmähne. Er trug denselben Ausdruck von Kriegsmüdigkeit zur Schau. M. J. fragte sich kurz, wie viele Stunden er bereits im Dienst sein mochte, wie viele Leichen er schon durchgeschleust hatte. Er warf einen Blick auf ihre Halswunde. Auf seinem Namensschild stand »Dr. Volcker«.
»Wie sind Sie dazu gekommen?« wollte er wissen.
»Durch eine Messerklinge.«
»Hat jemand versucht, Sie umzubringen?«
»Nein, war ein Unfall.«
»Okay.« Der Arzt seufzte. »Lassen wir die dämlichen Fragen. Kommen wir zum Wesentlichen.« Er wandte sich an die Schwester: »Wir müssen nähen. Drei Stiche würde ich sagen. Örtliche Betäubung, Schwester.«
M. J. zuckte leicht zusammen, als die Nadel der Betäubungsspritze durch ihre Haut drang. Danach mußten sie einen Moment warten, bis die Wirkung einsetzte.
»Ich kann nicht glauben, daß
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