Gute Nacht, Peggy Sue
Gesichter nach Adam umwandten, als er sich mit breiten Schultern vorbeidrängte. Sie starrte ihm entgegen wie ein hypnotisiertes Kaninchen.
Er lächelte sie an, zwanglos, wie eine alte Freundin. Die Abschürfung an seiner Backe verschwand beinahe in den Lachfalten um seine Augen. »M. J.«, begrüßte er sie. »Ich wußte gar nicht, daß Sie kommen würden.« Er streckte den Arm aus, und ihre Hand ertrank in der Wärme seines Händedrucks.
»Ich wußte selbst nicht, daß ich kommen würde«, sagte sie.
Ein Räuspern riß sie aus ihren Gedanken. Sie warf einen Seitenblick auf Ed. »Darf ich vorstellen«, murmelte sie. »Ed, das ist Adam Quantrell. Adam, das ist Ed Novak. Unser amtierender Staatsanwalt.«
»Novak?« wiederholte Adam, als sich die beiden Männer automatisch die Hand schüttelten.
»Ich bin ihr Exmann«, erklärte Ed grinsend. »Wir sind noch immer eng befreundet.«
»Meinst aber auch nur du«, sagte M. J.
»Sie machen also beide Wahlkampf für Sampson?« fragte Adam.
»Ed schon«, erwiderte M. J. »Ich nicht.«
Ed lachte. »Mühe mich redlich, sie umzustimmen.«
»Ich bin nur hier, weil Essen und Trinken umsonst sind«, erklärte M. J. Sie trank einen Schluck Wein. Dann sah sie Adam direkt in die Augen, kühl und ernst, so daß niemand den Blick als Flirt mißverstehen konnte. »Und um mit Ihnen zu reden.«
»Tja, so ist sie«, sagte Ed. »Immer direkt.«
»Ich würde mich ja gern geschmeichelt fühlen«, sagte Adam und betrachtete sie stirnrunzelnd, »aber ich habe das Gefühl, daß das kein Smalltalk wird, was Sie mit mir vorhaben.«
»Stimmt«, bestätigte M. J. »Es geht um Nicos Biagi.«
»Verstehe.« Er wirkte plötzlich förmlich und verschlossen. Aber das war kein Wunder. »In diesem Fall sollten wir uns irgendwo unter vier Augen unterhalten. Wenn Sie uns entschuldigen möchten, Mr. Novak.« Er legte eine Hand auf M. J.s Schulter.
»Adam!« rief Isabel und kam hastig auf sie zu. »Ich möchte dir jemanden vorstellen! Oh, hallo … Dr. Novak! Haben Sie sich von gestern nacht erholt?«
M. J. nickte. »Ein bißchen Muskelkater … das ist alles.«
»Sie sind ja unverwüstlich! Bewundernswert. Ich wäre vor Schreck gestorben, wenn mir jemand an die Kehle gegangen wäre.«
»Ach, eine Heidenangst hatte ich schon«, gab M. J. zu.
»Und daß auch noch Ihr Wagen gestohlen wurde! Zum Glück war es nur ein Subaru …«
»Bitte entschuldige uns, ja?« sagte Adam und schob M. J. in Richtung Ausgang. »Ich bin später wieder bei dir, Isabel.«
»Wann später?«
»Einfach später.« Mit festem Griff zog er M. J. in die Lobby hinaus, wo die Leute ebenso dicht gedrängt standen. »Gehen wir raus an die frische Luft«, schlug er vor. »Das ist hier ja wie im Irrenhaus.«
Sie fanden einen freien Platz am Springbrunnen des Hotels, dessen Fontänen von regenbogenfarbenen Scheinwerfern beleuchtet wurden. Die Geräuschkulisse aus dem Foyer und dem Ballsaal war selbst hier noch zu hören. Über allem lagen die gedämpften Töne der Balalaikas.
Adam Quantrell drehte sie zu ihr um. Sein Haar schillerte im Widerschein der Lichter des Brunnens. »Was ist los?« fragte er.
»Dasselbe könnte ich Sie fragen.«
»Sind Sie wütend auf mich? Wenn ja, weshalb?«
»Zestron-L«, sagte sie und sah ihn durchdringend an. »Sie haben doch wohl davon gehört, oder?«
Sie erkannte die Wahrheit auf den ersten Blick. Entsetzen flackerte in seinen Augen auf, dann wurde sein Ausdruck wieder neutral. Er wußte also Bescheid. Die ganze Zeit über hatte er geahnt, welche Droge diese Leute umgebracht hatte.
»Darf ich Ihr Gedächtnis auffrischen? Für den Fall, daß es Ihnen entfallen sein sollte«, betonte sie. »Zestron-L ist ein Narkotikum mit lang anhaltender Wirkung. Eine neue Generation der Klasse Laevo-N-Cyclobutyl …«
»Zum Teufel, ich weiß, was es ist.«
»Dann wissen Sie auch, daß Cygnus das Patent dafür hält.«
»Ja.«
»Haben Sie gewußt, daß Ihre Droge auf der Straße frei verkäuflich ist?«
»Das ist nicht möglich. Wir befinden uns noch im Entwicklungsstadium. Wir haben die ersten Versuchsreihen hinter uns. An Menschen wurde das Mittel noch nicht erprobt.«
»Ich fürchte, die Versuche an Menschen haben bereits begonnen. Als Labor dient South Lexington. Die Ergebnisse sind allerdings nicht sonderlich ermutigend. Schlimme Nebenwirkungen. Führen hauptsächlich zum Tode.«
»Aber es ist doch noch gar nicht freigegeben!«
»Nicos Biagi hatte es jedenfalls.«
»Woher wissen Sie
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