Gute Nacht: Thriller (German Edition)
Was Militärisches. Marke oder Modell wurde nicht genannt.«
»Also ein Jeep? Land Rover? Hummer? So was in der Richtung?«
Sie nickte.
»Nach Ihrer Theorie parkt er also in der Einfahrt, marschiert zur Haustür, klopft … Und was dann? Bringt er sie gleich an der Tür um? Lässt sie ihn rein? Kennt sie ihn? Kennt sie ihn nicht?«
»Immer langsam. Sie wollten hören, warum wir denken, dass der Mörder – oder jemand, der sie zufällig zur gleichen Zeit besucht hat, als sie getötet wurde – in der Einfahrt parkte. Und ich habe Ihnen die Antwort gegeben. Wir glauben das, weil das Opfer selbst geschildert hat, was passiert ist. Ruth Blum hat kurz vor ihrer Ermordung auf ihrer Facebook-Seite einen Augenzeugenbericht gepostet.« In Lieutenant Bullards triumphierende Miene mischte sich ein Hauch von Sorge. »Können Sie mir erklären, warum Ruth Blum so was geschrieben haben sollte, wenn es nicht wahr ist?«
»Sie hat es nicht geschrieben.«
»Wie bitte?«
»Nichts davon ist so gelaufen. Das Szenario, das Sie da skizzieren, ist völlig sinnlos. Aber bevor wir zu den logischen Unstimmigkeiten kommen, möchte ich Sie auf ein Spurenproblem vor der Einfahrt hinweisen.«
»Was für ein Spurenproblem?«
»Der Boden ist ziemlich trocken. Wann hat es hier zum letzten Mal geregnet?« Gurney kannte natürlich das Wetter in Walnut Crossing, doch an den Finger Lakes herrschten oft ganz andere klimatische Verhältnisse.
Sie überlegte kurz. »Gestern Vormittag. Mittags hat es aufgehört. Warum?«
»In einem Riss draußen am Straßenrand ist ein Schmutzstreifen, ungefähr drei Zentimeter breit. Wenn jemand in die Einfahrt gebogen ist, muss er ihn überquert haben, außer er ist durch den Wald und über den Rasen gekommen. Aber in diesen schmalen Erdstreifen haben sich keine Spuren eingegraben, zumindest nicht seit dem letzten Regen.«
»Drei Zentimeter reichen nicht unbedingt, um …«
»Vielleicht nicht. Trotzdem ist es ein Hinweis, dem man nachgehen muss. Hinzu kommt der psychologische Faktor. Falls der Gute Hirte zurück sein sollte und das sein siebtes Opfer ist, dann muss berücksichtigt werden, was wir bereits über ihn wissen.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel ist er äußert vorsichtig und scheute jedes Risiko. Und diese Einfahrt ist einfach zu ungeschützt. Wenn da ein Wagen steht – vor allem einer in der Größe eines Hummers – ragt die hintere Stoßstange praktisch bis auf die Straße. Viel zu auffällig, viel zu leicht zu identifizieren. Wenn da zufällig ein Streifenpolizist vorbeikommt, stoppt er vielleicht, um das Kennzeichen zu notieren und zu überprüfen.«
Bullard runzelte die Stirn. »Tatsache ist, Ruth Blum wurde getötet. Und wenn der Mörder mit einem Fahrzeug gekommen ist, musste er es irgendwo abstellen. Wo soll er denn Ihrer Meinung nach geparkt haben? Auf dem Seitenstreifen? Das wäre ja noch ungeschützter.«
»Ich würde eher auf die Werkstatt tippen.«
»Welche Werkstatt?«
»Einen knappen Kilometer in Richtung Ithaca liegt an der Straße eine Autowerkstatt. Auf einem ungepflegten kleinen Parkplatz davor stehen mehrere Autos und Transporter, die darauf warten, dass sie repariert oder abgeholt werden. Bestimmt der einzige Platz in der ganzen Gegend, wo ein fremdes Fahrzeug nicht auffallen würde. Wenn ich mitten in der Nacht in diesem Haus hier jemanden umbringen wollte, würde ich dort parken und den Rest der Strecke durch den tiefen Graben am Straßenrand laufen, um nicht von vorbeikommenden Autofahrern bemerkt zu werden.«
Sie starrte auf den Tisch, als betrachtete sie die imaginären Buchstaben eines Scrabblespiels. Schließlich verzog sie das Gesicht. » Theoretisch wäre das möglich. Das Problem dabei ist aber, dass ihre Facebook-Nachricht ausdrücklich ein Fahrzeug erwähnt, das …«
»Sie meinen die Facebook-Nachricht.«
»Ich verstehe nicht, wo da …«
»Sie nehmen nur an, dass die Nachricht von ihr war.«
»Immerhin war es ihr Computer, ihr Konto, ihre Seite, ihr Passwort.«
»Kann es nicht sein, dass der Täter sie vor ihrer Ermordung zur Herausgabe des Passworts gezwungen und die Nachricht selbst verfasst hat?«
Bullard vertiefte sich wieder in den Anblick der Tischplatte. Unsicher schüttelte sie den Kopf. » Denkbar ist das. Nur gibt es wie bei Ihrer Theorie mit der Werkstatt keine Beweise dafür.«
Gurney sah seine Chance und lächelte. »Wenn Ihre Jungs in den weißen Overalls festgestellt haben, dass die Erde in dem Riss am Anfang der Einfahrt nicht
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