Gute Nacht: Thriller (German Edition)
bewegt wurde, schicken Sie sie doch gleich weiter zu dieser Werkstatt. Es wäre schließlich interessant zu erfahren, ob sie relativ neue Reifenspuren entdecken, die zu keinem der dort parkenden Fahrzeuge gehören.«
»Aber warum sollte sich der Mörder die Mühe machen, so eine Botschaft auf Facebook zu hinterlassen?«
»Um uns Sand in die Augen zu streuen. Um uns in die Irre zu führen. Das ist eine Spezialität von ihm.«
Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie offen für alle Informationen war, die sie bekommen konnte.
»Wie viel wissen Sie über den ursprünglichen Fall?«, fragte er.
»Nicht so viel wie nötig«, bekannte sie. »Jemand von der FBI -Außenstelle ist unterwegs hierher, um mich zu unterrichten. Dabei fällt mir ein, ich brauche Ihre Adresse, E-Mail und Telefonnummern, unter denen Sie rund um die Uhr erreichbar sind. Haben Sie damit ein Problem?«
»Überhaupt nicht.«
»Ich gebe Ihnen meine E-Mail und Handynummer. Ich gehe davon aus, dass Sie alle relevanten Fakten, die Ihnen zu Ohren kommen, an mich weiterreichen.«
»Sehr gern.«
»Okay. Ich muss wieder an die Arbeit. Wir hören voneinander.«
Als Gurney das Haus verließ, kreiste der RAM -Helikopter noch immer, und der dröhnende Rotor riss die wenigen toten Blätter, die den Winter über an den obersten Baumästen hängen geblieben waren, wirbelnd zu Boden. Kurz bevor er sein Auto erreichte, trat ihm die aufgedonnerte und grell geschminkte Reporterin mit einem Mikro in der Hand und einem Kameramann im Schlepptau in den Weg. »Ich bin Jill McCoy von Syracuse News!« Ihr Gesicht zeigte die für ihre Spezies typische alarmierte Neugier. »Wie ich höre, sind Sie Detective Dave Gurney, der Mann, den die Zeitschrift New York als Supercop bezeichnet hat. Dave, stimmt es, dass der Gute Hirte wieder zugeschlagen hat, dieser berüchtigte Massenmörder?«
»Entschuldigen Sie bitte.« Gurney drängte sich an ihr vorbei.
Sie streckte das Mikro in seine Richtung und bombardierte ihn ohne Punkt und Komma mit Fragen, während er die Wagentür öffnete, einstieg, zuschlug und den Zündschlüssel drehte. »Wurde sie umgebracht, weil sie im Fernsehen aufgetreten ist? Weil sie was gesagt hat? Ist dieser schreckliche Fall zu groß für die örtliche Polizei? Wurden Sie deswegen eingeschaltet? Stimmt es, dass Sie einen Konflikt mit dem FBI haben? Worum geht es bei diesem Konflikt, Detective Gurney?«
Als er sich aus der Parklücke schob, war die Fernsehkamera nur eine Handbreit von seinem Seitenfenster entfernt. Der Trooper rührte keinen Finger, um ihm zu helfen, denn er war völlig versunken in ein Gespräch mit einem Neuankömmling. Als er auf die Straße hinausfuhr, erhaschte Gurney noch einen flüchtigen Blick auf den Mann – sehnig, dunkelhaarig, ernst. So flüchtig, dass er ihn fast nicht erkannt hätte.
Es war Daker.
32
Der Multiplikator
Nach der ersten Straßenkehre erblickte Gurney die Autowerkstatt. Er verlangsamte das Tempo, als er vorbeifuhr, und las zum ersten Mal das Schild an dem Betonbau: LAKESIDE COLLISION . Mehr denn je war er davon überzeugt, dass dies ein idealer Ort war, um unauffällig einen Wagen abzustellen.
Auf halbem Weg nach Walnut Crossing passierte er ein Werbeplakat des Mobilfunkunternehmens Verizon, das ihn daran erinnerte, dass er vor dem Gespräch mit Bullard sein Telefon deaktiviert hatte. Er schaltete es wieder an, um nach irgendwelchen Nachrichten zu sehen. Er hatte sieben. Doch bevor er Gelegenheit hatte, sich etwas davon anzuhören, kam bereits der nächste Anruf.
Gurney drückte die Sprechtaste.
Es war Kyle, und er klang aufgewühlt. »Wir versuchen schon seit über einer Stunde, dich zu erreichen.«
»Was ist denn los?«
»Kim ist total fertig. Sie möchte unbedingt mit dir reden. Hat dir schon drei Nachrichten hinterlassen.«
»Wegen Ruth Blum?«
»In erster Linie, ja. Aber auch wegen der Mordwaisen -Folge gestern Abend. Sie findet es schrecklich, wie sie das zusammengestellt, was sie rausgeschnitten und dazugetan haben, vor allem die zwei Volltrottel.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Im Bad, sie weint. Schon wieder. Nein, warte. Gerade ist die Tür aufgegangen. Bleib dran.«
Gurney hörte Kims Frage an Kyle, mit wem er telefonierte. Dann Kyles Antwort: »Mit Dad.« Kim schniefte leise und schnäuzte sich. Telefongeraschel. Gedämpfte Stimmen. Noch einmal Schnäuzen. Räuspern.
Schließlich meldete sie sich. »Dave?«
»Ich bin hier.«
»Das Ganze ist ein Albtraum. Ich kann es nicht fassen. Am
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