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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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nichts anderes sind als Etikettenschwindler, die es geschafft haben, mit ihrem hochtrabenden Geschwafel einen gewinnbringenden Club zu gründen. Sie führen fragwürdige Untersuchungen durch, stückeln ähnliche Verhaltensweisen zu einem ›Syndrom‹ zusammen, kleben einen wissenschaftlich klingenden Namen drauf und bieten dann Universitätskurse an, damit gleichgesinnte Strohköpfe die Etiketten auswendig lernen, eine Prüfung ablegen und in den Club eintreten können.«
    Sie starrte ihn ziemlich verblüfft an.
    In dem Bewusstsein, dass er gereizt klang und dass diese Gereiztheit mindestens so viel mit seiner momentanen Stimmung zu tun hatte wie mit dem Zustand der Kriminologie, schlug er einen vorsichtigeren Ton an. »Die kurze Antwort auf deine Frage lautet, dass es ausgehend vom Motiv offenbar nicht viele Gemeinsamkeiten gibt zwischen einem Kannibalen, der auf Macht und Gewalt abfährt, und einem Typen, der behauptet, gegen gesellschaftliche Missstände vorzugehen. Doch bei genauerer Betrachtung ist der Unterschied wohl gar nicht so groß.«
    Kim machte große Augen. »Weil beide Menschen töten? Du meinst, allein das ist das Entscheidende, unabhängig von den Motiven?«
    Gurney war beeindruckt von ihrer Energie, ihrer Intensität. Er musste lächeln. »Der Unabomber wollte nach eigenen Angaben die zerstörerischen Auswirkungen der Technik auf die Welt beseitigen. Und wenn ich mich recht erinnere, war der Gute Hirte darauf aus, die zerstörerischen Auswirkungen der Gier zu beseitigen. Aber trotz der Intelligenz, die in ihren schriftlichen Verlautbarungen zum Ausdruck kommt, haben sie sich im Hinblick auf ihr erklärtes Ziel für ein kontraproduktives Vorgehen entschieden. Mit der Ermordung von Menschen lässt sich nicht erreichen, was sie angeblich erreichen wollten. Für ihr Vorgehen gibt es nur eine einzige sinnvolle Deutung.«
    Es war fast zu spüren, wie ihr Verstand arbeitete. »Das Vorgehen selbst ist das eigentliche Ziel.«
    »Genau. Das bringen wir oft durcheinander: Mittel und Zweck. Die Handlungsweise des Unabombers und des Guten Hirten erscheint völlig einleuchtend, wenn man davon ausgeht, dass die Morde – der emotionale Ertrag durch die Morde – das eigentliche Ziel waren und die sogenannten Manifeste nur die moralische Rechtfertigung.«
    Sie schien darüber nachzudenken, was das für ihr Projekt bedeutete. »Ändert sich dadurch was für die Opfer?«
    »Aus Sicht der Opfer ändert sich gar nichts. Für die Opfer ist das Motiv irrelevant. Vor allem, wenn es davor keinen persönlichen Kontakt zwischen Opfer und Täter gegeben hat. Ein Schuss in den Kopf, der auf einer dunklen Straße anonym aus einem Auto abgefeuert wird, bleibt ein Schuss in den Kopf, unabhängig vom Motiv.«
    »Und die Hinterbliebenen?«
    »Ah, die Hinterbliebenen. Nun …«
    Gurney schloss die Augen und ließ ein trauriges Gespräch nach dem anderen Revue passieren. So viele im Laufe der Jahre und Jahrzehnte. Eltern. Frauen. Geliebte. Kinder. Verstörte Gesichter. Das Nichtwahrhabenwollen. Verzweifelte Fragen. Schreie. Stöhnen. Jammern. Wut. Anschuldigungen. Wilde Drohungen. Fausthiebe gegen die Wand. Benommene Blicke. Leere Blicke. Alte Menschen, die wimmern wie Kinder. Ein Mann, der zurücktaumelt wie von einem Schlag. Und am schlimmsten die Reaktionslosen. Erstarrte Gesichter, tote Augen. Verständnislos, sprachlos, gefühllos.
    Erst nach längerem Schweigen fand er eine Antwort. »Ich hatte immer den Eindruck, dass die Wahrheit das Beste ist. Wenn sie ein wenig besser begreifen, warum ein von ihnen geliebter Mensch getötet wurde, ist das wahrscheinlich gut für die Hinterbliebenen. Aber ich will nicht behaupten, dass ich weiß, warum der Unabomber oder der Gute Hirte ihre Taten begangen haben. Wahrscheinlich kennen sie den Grund selber nicht. Ich weiß nur, dass es nicht der Grund ist, den sie genannt haben.«
    Sie schaute ihn an und wollte offenbar eine weitere Frage stellen. Doch als sie gerade den Mund öffnete, wurde sie von einem undeutlichen Poltern irgendwo oben im Haus unterbrochen. Angespannt lauschend saß sie da. »Was war das?« Sie deutete in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
    »Keine Ahnung. Vielleicht ein Klopfen in einer Heißwasserleitung?«
    »Klingt das so?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich dachte, da oben wohnt niemand?«
    »Eben. Zumindest sollte dort niemand wohnen. Die früheren Mieter wurden zwangsgeräumt, dann sind sie zurückgekommen, und die Cops haben das Apartment gestürmt.

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