Gute Nacht: Thriller (German Edition)
Seitenfenster des Mercedes, hat ihm ein Drittel des Kopfs weggerissen und dann Carmella getroffen, die seither im Koma liegt. Der Sohn Paul und die Tochter Paula, beide Ende zwanzig damals, machten einen angemessen erschütterten Eindruck, Daddy hatte also wohl auch seine guten Seiten. Ist das die Art von Müll, die du hören möchtest?«
»Alles, was dir so einfällt.«
»Okay. Zweiter Mord: Carl Rotker war auf dem Heimweg von seinem riesigen Sanitärmarkt in Schenectady in seinen umzäunten, gut bewachten Wohnbezirk in der Nähe von Bolton Landing am Westufer des Lake George. Wie so oft bei Carl hatte er einen Abstecher zu einer knackigen Brasilianerin gemacht. Auf der Stereoanlage in seinem Mercedes lief eine Sinatra- CD , ziemlich laut aufgedreht. Das wissen wir, weil das Scheißding noch immer
›I Did It My Way‹ geplärrt hat, als der Einsatzbeamte den Wagen mit den Rädern nach oben und einer große Blutlache auf der Innenseite des Dachs neben der Straße entdeckt hat. Darf’s noch mehr sein?«
»So viel, wie du mir erzählen kannst.«
»Dritte Runde. Ian Sterne war ein ausgesprochen erfolgreicher Zahnarzt – Eigentümer, Betreiber und Hauptorganisator einer äußerst rentablen Praxis mit über einem Dutzend angestellter Fachleute an der Upper East Side in Manhattan. Kieferorthopädie, Zahnersatz, Kiefer- und plastische Chirurgie. Im Grunde eine Fabrik zur Herstellung von perfekten Zähnen und Wangenknochen für Menschen, die sich fehlende Schönheit durch Geld erkaufen wollen. Der Doktor selbst war ein verhutzelter kleiner Gnom mit dem Aussehen einer schlauen Eidechse. Hatte eine nette Künstlerbeziehung zu einer jungen russischen Klavierstudentin an der Juillard School. Heiratsgerüchte. Amüsantes Finale: Nachdem die Riesenkugel Ians Großhirnrinde durchschlagen hatte und der dicke schwarze S-Klassen-Mercedes bis zu den Radkappen in
einen Bach stand, war das Erste, was der Einsatzbeamte gesehen hat – direkt über dem Wasser und erleuchtet von
der Warnblinkanlage, die durch den Aufprall ausgelöst
worden war –, das Nummernschild des Wagens: A SMILE 4 U . Reicht es jetzt?«
»Noch lange nicht, Jack. Du bist der geborene Geschichtenerzähler.«
»Nummer vier. Sharon Stone, die Top-Immobilienmaklerin mit dem Wahnsinnsnamen, war auf dem Heimweg von einer großen Party mit mächtigen Freunden aus der Staatsregierung in das schicke kleine Dorf Barkham. Hat in einem herrlichen alten Kolonialbau gewohnt, zusammen mit ihrem schwulen siebenundzwanzigjährigen Sohn und einem muskulösen Gärtner, dem allgemein ein Ver-
hältnis mit Mutter und Sohn nachgesagt wurde. Mrs. Stone war die Besitzerin des verirrten Ohrläppchens, das ich vorhin erwähnt habe.« Hardwick verstummte, als erwartete er eine Reaktion.
»Weiter«, drängte Gurney.
»Der Fünfte war James Brewster, ein renommierter Herzchirurg. Sein Talent, sein Ruf und sein Workaholic-Terminkalender haben den Mann reich gemacht, seine ersten zwei Ehen beendet und aus seinem Sohn einen bitteren Einsiedler werden lassen, der damals bereits fünf Jahre lang kein Wort mehr mit seinem Vater geredet hatte und sich offenbar über dessen Tod freute. An diesem letzten Abend war er unterwegs vom Albany Medical Center zu seinem Haus in den sanften, von betuchten Herrschaften bewohnten Hügeln bei Williamstown, Massachusetts. Der Doktor hatte den Tempomat seines Mercedes- AMG -Coupés genau auf die Geschwindigkeitsbegrenzung eingestellt und war gerade dabei, seine Antwort auf eine Anfrage aus Aspen zu diktieren, wo er bei einer Herzchirurgentagung die Eröffnungsrede halten sollte. Die Scherben seines Aufnahmegeräts waren mit seinem Gehirn auf dem Beifahrersitz verteilt. Die Tatsache, dass es drei Kilometer hinter der Grenze nach Massachusetts passiert ist, hat dann endgültig den FBI -Zirkus auf den Plan gerufen.«
»Das BCI war davon nicht so begeistert?«
Diesmal ertönte ein Lachen, das an den rasselnden Atem eines TBC -Kranken erinnerte. »Damit kommen wir zum großen Finale. Nummer sechs. Der Anwalt Harold Blum war weit von der Spitze der juristischen Zunft entfernt und hatte mit fünfundfünfzig auch keine großen Aufstiegschancen mehr. Harold war ein Typ, der sich um den Eindruck bemühte, dass sich all seine Bemühungen auszahlen. Nach Angaben seiner Frau Ruthie, die ohne Punkt und Komma geredet hat, war Harold der perfekte Konsument, der ständig Dinge kaufte, die seine Verhältnisse überstiegen, als wollte er mit all diesen Besitztümern etwas
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