Gute Zeiten mit Hanni und Nanni
nach ihren Eltern. Ihre Mutter verfolgte gebannt Petras hervorragende Leistung. Jetzt beugte sie sich zu ihrem Mann hinüber und flüsterte ihm etwas zu. Robert Denmann wandte ebenfalls keinen Blick von der kleinen Person auf der Bühne und nickte zustimmend. Raphaela nahm an, dass sie Petras Talent lobten. Und während sie noch vor kurzer Zeit darüber neidisch geworden wäre, freute sie sich jetzt ganz einfach für ihre Klassenkameradin. Das war der beste Beweis dafür, dass eine Schule wie Lindenhof einen Menschen vollkommen verwandeln konnte!
Schließlich war das Stück zu Ende. Das Publikum jubelte und applaudierte donnernd. Mira bekam einen extra Applaus, als sie sich in ihrem Rollstuhl verbeugte. Und bei Doris und Petra erhoben sich die Zuschauer sogar von ihren Plätzen. Den stürmischsten Applaus des Abends aber erhielt Raphaela, die erst auf Drängen der anderen Mädchen zögernd die Bühne betrat. Sie blickte schüchtern um sich. Sie hatte das Gefühl, dass sie jetzt etwas sagen sollte. Aber sie hatte plötzlich einen dicken Knoten in ihrem Hals, mit dem sie kein Wort sprechen konnte; vor allem, als sie wieder zu ihren Eltern sah, deren Gesichter vor Stolz und Liebe glühten.
„Raphaela, sie lebe hoch!", rief Carlotta.
„Hoch! Hoch!", stimmte das Publikum so laut ein, dass sich davon eigentlich das Dach der Schule hätte in die Höhe heben müssen. Dann verließ das Ensemble die Bühne, um sich umzuziehen und sich abzuschminken.
„Das war ja wirklich ein voller Erfolg“, sagte Bobby glücklich.
„Das Beste kommt aber erst noch“, meinte Marianne. „Die Premierenfeier. Ich weiß nicht, warum, aber vom Theaterspielen bekomme ich immer einen Bärenhun- «
ger.“
Die anderen bestätigten das aus vollem Herzen und beeilten sich umso mehr, wieder in ihre normalen Kleider zu schlüpfen.
„Warte doch mal kurz, Elli“, flüsterte Raphaela, während die anderen sich schon zum Speisesaal begaben, wo für die Mädchen der fünften Klasse und für ihre Eltern ein Büfett aufgebaut war. „Lass uns kurz reden, bevor wir zur Premierenfeier gehen.“
„Gern, Raphaela“, antwortete Elli. Sie sah ihre Freundin erwartungsvoll an. „Es ist doch etwas passiert, nicht wahr?“
Raphaela nickte. „Ich wollte es dir schon vor ein paar Tagen sagen, aber ich hatte Angst, dass du es nicht verstehst. Es ist nämlich so: Ich werde nächstes Schuljahr nicht nach Lindenhof zurückkehren. Ich gehe zurück auf meine alte Theaterschule.“
„Aber Raphaela, ich dachte, du wolltest keine Schauspielerin mehr werden“, sagte Elli überrascht und betroffen.
„Das will ich auch immer noch nicht“, antwortete Raphaela. „Aber meine Mutter hat herausgefunden, dass im nächsten Schuljahr eine neue Klasse eingerichtet wird. Eine, in der man Theaterstückeschreiben und
Regieführen lernt und etwas über Bühnentechnik. Ach, Elli, ich werde dich schrecklich vermissen! Aber nachdem ich gründlich darüber nachgedacht habe, habe ich eingesehen, dass ich dort an der richtigen Stelle bin."
Im ersten Moment konnte Elli gar nichts sagen. Sie sah nur zu Boden. Sie war sehr traurig, denn sie hatte Raphaela über die Zeit immer mehr ins Herz geschlossen. Aber sie war bei weitem nicht mehr so dumm und selbstsüchtig wie früher. Und sie sah ein, dass Raphaela sich diese große Chance nicht entgehen lassen konnte. Elli wollte ihren letzten gemeinsamen Tag nicht mit Tränen verderben, darum hob sie jetzt den Kopf und lächelte tapfer. „Ich werde dich auch schrecklich vermissen, Raphaela", sagte sie aufrichtig. „Aber ich freue mich sehr für dich. Und wir können uns ja schreiben und uns vielleicht ab und zu mal treffen."
„Das hoffe ich doch", erwiderte Raphaela. Sie war froh über Ellis Reaktion. „Meine Mutter hat gesagt, ich soll dich fragen, ob du in den Ferien eine Woche zu uns kommen willst. Was hältst du davon?"
„Natürlich, gerne!", rief Elli begeistert. „Ach, das ist ja herrlich! Komm, lass uns deine Eltern suchen, damit ich mich bei ihnen bedanken kann. Und außerdem können sie es sicher gar nicht mehr erwarten, dir endlich zu deinem Theaterstück zu gratulieren."
Ihr Theaterstück! Das klang wirklich umwerfend, fand Raphaela. Und wenn sie nicht das Schuljahr in Lindenhof verbracht hätte, hätte sie ihr verborgenes Talent möglicherweise nie entdeckt!
Endlich Ferien!
„Aus den Federn, ihr Schlafmützen!“, rief Nanni, sobald sie am nächsten Morgen aufwachte. „Heute beginnen die Ferien!“
Der Reihe
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