Guter Sex Ohne Stress

erstmalig aus. Durch fehlerhaft übersteigerte Reizwahrnehmung des Körpers kommt es in der Folge zu einem unbewussten Vaginismusreflex, der sich durch negative Erwartungen weiter verstärkt. Obwohl Therapeuten bei allen Sexualstörungen leider auch an Missbrauch in allen Facetten denken müssen, erlebte ein Großteil der Frauen mit Vaginismus rein zufällig Schmerzen. Sie beschreiben es häufig wie Christin, dass der Sex irgendwann mal unangenehm war. Manchen Frauen fällt auch schlichtweg kein Auslöser ein. Und bei wieder anderen Betroffenen führt schon die alleinige Vorstellung über das unangenehme Eindringen des Penis in die Scheide zum Muskelkrampf. Letztere sind meist Frauen mit einer sehr sexualfeindlichen Erziehung. Die Ängste vor Schmerzen basieren bei ihnen häufig auf Unwissen oder Fehlvorstellungen, was beim Geschlechtsverkehr eigentlich passiert. Gleich und Gleich gesellt sich gern, heißt ein alter Volksmundspruch. Nicht selten finden sich schamhafte Menschen in einer Art »stiller Übereinkunft«, bei denen auch er ein sexuelles Problem, zum Beispiel eine Erektionsstörung, hat und der Vaginismus der Frau dadurch »nicht so auffällt«. Therapeutische Unterstützung suchen diese Paare häufig erst, wenn ein Kinderwunsch besteht. Manche nutzen aber auch die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung und arrangieren sich aus falscher Scham in ihrer Beziehung mehr oder weniger freiwillig lebenslang mit Sexualität ohne Geschlechtsverkehr. Diese Konsequenz ist sehr schade!
    Denn trotz eindrucksvoller Beschwerden der Betroffenen kann Vaginismus schnell und effektiv behandelt werden. Nach bereits acht bis zehn Wochen haben die meisten Paare das erste Mal wieder entspannten Verkehr. Mit Ausnahme von traumatisch geschädigten Frauen, liegt die Lösung des Problems ausschließlich im Hier und Jetzt. Es gilt, die unbewusste Fehlreaktion des Körpers wieder umzuprogrammieren. Und wie könnte das besser gehen, als mit vielen neuen angenehmen Erlebnissen – sowohl allein als auch zu zweit. Als Erstes steht das Wahrnehmen und Auflösen der dauerhaften Anspannung auf dem Programm. Ort des Geschehens ist der Beckenboden, dessen Muskeln den Vaginismusreflex hervorrufen.
    Der Liebesmuskel
    Beckenboden? Interessiert das nicht nur Schwangere und frischgebackene Mütter oder ältere Damen und Herren mit Blasenschwäche? Wer diese landläufige Ansicht vertrat, für den galt der Beckenboden lange Zeit als ein unerforschtes Gebiet auf der Körperlandkarte. Das änderte sich, als Frauenillustrierte und Männermagazine begannen, auf der Yoga- und Tantrawelle zu schwimmen. Fortan priesen die Ratgeber den Beckenboden als »Wundermuskel zur Steigerung der sexuellen Energie« an und offerierten den Lesern allerlei (un-)mögliche Übungen mit dem sinnigen Namen Sexercises. Auch wer bunte Blätter eher kritisch sah, fand immer noch, dass der Beckenboden irgendwas für »andere« sei, nur nicht für einen selbst. Erst in letzter Zeit nehmen auch Ärzte und Therapeuten diese Region zunehmend ernster – mit Recht. Der Beckenboden ist ein Muskelpaket, dessen Funktion es in sich hat. Für Frauen und auch für Männer kann nämlich sein gezieltes Training Wunder für das allgemeine und sexuelle Wohl bewirken. Der Beckenboden besteht aus drei Schichten. Die äußere Schicht legt sich in Form einer Acht um die Scheide bzw. den Penis und die Harnröhre sowie den After. Jeder Mensch spürt das Entspannen und Anspannen der Muskel-Acht beim Toilettengang. Die mittlere Schicht besteht aus dem großen Dammmuskel, der die beiden Sitzhöcker – das sind die im Sitzen tastbaren Knochenhöcker in den Pobacken – verbindet. Frauen können ihn leicht zusammenziehen, wenn sie sich vorstellen, mit ihrer Scheide etwas festzuhalten. Die innere Schicht verläuft schließlich wie eine Schale im knöchernen Becken und trägt die Bauchorgane.
    Ganz im Gegensatz zum herkömmlichen Muskeltraining, kommt es bei den Beckenbodenübungen gerade nicht auf die Anspannung, sondern auf die Entspannung an. Auch wenn Schuhe mit schwindelerregenden Absätzen Frauenherzen höher schlagen lassen, sind sie pures Gift für eine lockere Lende. Einseitiges Sitzen, Gehen und Tragen verstärken durch die Fehlbelastung der Lendenwirbelsäule zusätzlich den Druck und Zug auf die Muskeln des Beckenbodens. Wer jetzt schon die Ohren hängen lässt, weil man zur Lockerung dieser Region bestimmt täglich eine Stunde langweilige Gymnastik machen muss, irrt. Die meisten Übungen