Guter Sex Trotz Liebe
Zärtlichkeitsbedürfnisse und weiÃ, wie er damit umgehen muss. Auf seine Initiative und nach ihrer Einwilligung tauschen beide ab und an Zärtlichkeiten aus. Manchmal kommt es dabei auch zum Geschlechtsverkehr .
Die Konstellation von Bernd und Anna macht deutlich, wie ein Paar sich auf niedrigem erotischem Niveau einpendelt: Anna bestimmt, was passiert und was nicht passiert. Bernd ist verständnisvoll, ohne weitere Forderungen zu stellen. Ãber die Jahre zeigt sich nur: Bernd wird zunehmend verbittert und gereizt. Anna igelt sich immer stärker ein. Bernd drückt seine erotischen Wünsche, aber auch seinen Frust in seinen sexualisierten Sprüchen aus.
Für das Paar stellt der langjährig schwelende Konflikt gleichwohl eine Lösung dar: Beide vermeiden auf diese Weise, sich dem Kern zu nähern, nämlich dem erotischen Unterschied zwischen sich. Was will Bernd? Was will Anna? Und wie viel wollen sie voneinander? Will Bernd tatsächlich so viel von seiner Freundin, wie er vorgibt? Oder kann er ohne Risiko behaupten, Anna zu begehren, weil er weiÃ, dass sie ihm sowieso nicht entgegenkommt?
Für Bernd und Anna ist die sexuelle Unzufriedenheit ein Zustand, den sie loswerden möchten. Andererseits ist das Arrangement, das sie gefunden haben, ein Lösungsversuch, der die Liebesbeziehung stabil hält. Die Lösung von Bernd und Anna folgt einem bewahrenden Prinzip: Eine drohende Veränderung soll verhindert werden, auch um einen hohen Preis.
Wie sexuelle Unlust zum Dauerbrenner wird
Sexuelles Desinteresse, ausbleibende Feuchtigkeit oder Erektion sowie Orgasmusstörungen sind ebenso Teil alltäglicher Sexualität wie ihr Gegenteil: sexuelles Interesse, Erregung und Orgasmus. Treten sie nur vorübergehend auf, werden sie meist nicht als erklärungsbedürftig erlebt. Denn das Sexualleben unterliegt ähnlichen Schwankungen wie andere Lebensbereiche auch. Damit sich vorübergehende Erscheinungen wie sexuelles Desinteresse oder eine beeinträchtigte Erektion dauerhaft in der Beziehung einrichten können, müssen beide Partner etwas dafür tun.
Wie das? Ein ungewolltes Geschehen, das sonst schnell vorübergeht, wird erst vom Paar zu einem Dauerproblem gemacht? Wie funktioniert das? Paare erzählen von ihren sexuellen Konflikten häufig nach folgendem Muster: Einer der Partner versichert, er (oder sie) habe »nie Lust«, der andere bedränge ihn (bzw. sie) »ständig«. Man könnte denken, das seien eben individuelle Lust-Unterschiede der beiden Partner. Aber ganz so einfach ist das nicht. Im vorigen Kapitel hatten wir behandelt, wie sich ein Problemmuster zwischen zwei Partnern dadurch verfestigt, dass die beiden Partner sich in gegensätzliche Positionen hineintreiben. Sehen wir uns das jetzt noch genauer an:
Beide Partner sind mit ihrer Situation unzufrieden, der drängende Partner (im Beispiel auf Seite 203 Bernd) ist gekränkt, weil er sich zurückgewiesen fühlt. Der »lustlose« Partner (im Beispiel Anna) fühlt sich nicht respektiert. Dadurch etabliert sich schnell ein Problemmuster, in dem sich Drängen und Verweigern gegenseitig aufschaukeln. Dadurch kommt regelmäÃig ein Partner in die sexuell fordernde Position und der andere in die sexuell zurückhaltende. Durch dieses Aufschaukeln kommt es dazu, dass die Partner sich einseitiger geben, als es in Wirklichkeit ihrem Wesen entspricht. Auf diese Weise zeigt sich in unserem Beispiel Bernd sexuell aktiver, als er »eigentlich« ist, und Anna sexuell abweisender, als sie »eigentlich« ist.
So kommt es zu einer Art sexueller Arbeitsteilung zwischen den beiden Partnern. Und beide fühlen sich damit unfrei: Anna kommt gar nicht mehr dazu zu überlegen, was sie eigentlich will, weil Bernd immer schon da ist mit seiner Lust. Wie beim Hase-und-Igel-Spiel.
Sam:
Du forderst Sex, weil dein Partner Sex verweigert. Dein Partner verweigert Sex, weil du Sex forderst!
So werden aber auch leicht die Rollen von »Gut« und »Böse«, von Opfer und Täter ausgehandelt. Aus dieser Situation ergeben sich zwei folgenreiche Fragen: Einmal die Frage, welches Verhalten von wem als »Störung« empfunden wird. Zum anderen die Frage, wer sich sexuell durchsetzt.
Der aktive Partner definiert die »Störung«
Oft sind sich die Paare einig: Der Partner mit der eher abweisenden oder passiven Haltung trägt die Verantwortung für den
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