Guter Sex Trotz Liebe
sich im Recht. Aber er hat nichts davon, weil der andere sich verweigert. Der passive Partner wiederum verübelt dem aktiven Partner, ihn in die Defensive zu bringen.
Probleme können auch Lösungen sein
Auf den ersten Blick scheint es für Bernd und Anna eine einfache Lösung ihres Problems zu geben: Bernd bringt noch mehr Verständnis auf für Annas Bedürfnisse als jetzt schon. Anna beschreibtBernd noch besser, wie sie von ihm gern berührt werden würde. Das Paar könnte darüber ins Gespräch kommen und auf diese Weise die partnerschaftliche Kommunikation voranbringen. Wenn es denn so einfach wäre!
Fallbeispiel
Bernd und Anna haben es versucht. Bernd hat sich bemüht, Anna zuzuhören. Aber eigentlich ist das Zuhören auch ein taktischer Schritt. Bernd hofft, dass sie eher einlenkt, wenn er ihr gezeigt hat, dass er ein guter Zuhörer ist. Irgendwie geht er auf sie ein, aber es bleibt doch eine halbherzige Sache. Anna lenkt ihrerseits ein und hofft, dass Bernd weniger Druck macht, wenn sie sich wenigstens gelegentlich sexuell auf ihn einlässt .
So hält sie seinen Ãrger in Grenzen. So behalten die beiden ihr sexuelles Problem weiter, arrangieren sich aber mit einem halb zufriedenen und auch halb erotischen Kompromiss. So ist ihr Sexualeben nicht richtig schlecht. Aber auch nicht richtig gut .
Kompromisse
Probleme können also auch Kompromisslösungen sein, die mehr Vorteile als Nachteile bringen. Doch weiter gekommen sind Bernd und Anna auf diese Weise tatsächlich nicht. Sie gehen aufeinander zu. Sie sprechen miteinander. Aber die Rollen bleiben doch dieselben. Die kann keiner von beiden wirklich verlassen.
Positiv ausgedrückt, sind Bernd und Anna also durchaus in der Lage, ihre Angelegenheiten konstruktiv miteinander zu verhandeln. Gleichzeitig tauschen Bernd und Anna regelmäÃig Vorwürfe aus. Unzufriedenheit, Missverständnisse und der Leidensdruck brechen sich immer wieder Bahn. Dennoch lassen die Partner nicht davon ab, einander besser verstehen zu wollen.
Der Vorteil, den Bernd und Anna erzielen, ist versteckt hinter all den negativen Gefühlen. Beide Partner vermeiden damit, mit dem eigenen Wünschen und Wollen ernst zu machen. Denn diese könnten die groÃe Gefahr bedeuten â die Gefahr der Trennung. Auf diese Weise ist es möglich, ihnen unangenehme Fragen nicht beantworten zu müssen. Fragen nach dem eigenen sexuellen Profil, dem eigenen Wünschen und Wollen. Bernd und Anna umgehen mit ihrem Kompromiss, was sie als bedrohlich vermuten.
Anna gestaltet die Auseinandersetzung so: Sie versteckt ihr Begehren und zeigt es allenfalls indirekt. Ãber die Position des »So nicht!« und durch ihre passive Wendung spielt Anna Bernd die Verantwortung zu: Er soll auf sie eingehen und mehr Respekt für ihre Gefühle zeigen. Sie will gewollt werden, aber auf die richtige Weise. Sie zeigt sich also nicht, sondern inszeniert mit ihrem Mann ein Versteckspiel. Sie verrätselt ihre Erotik und erreicht damit zweierlei: sie verneint keineswegs die eigene Erotik. Sie zeigt sich also nicht etwa defizitär und gefühlskalt. Vielmehr wertet Anna ihre Erotik zu einem Geheimnis auf. Ihrem Mann schreibt sie Rolle des Geheimnisentdeckers zu. Er soll ihr Rätsellöser sein. Er soll die Sphinx durch die Lösung des Rätsels zufrieden stellen.
Was hat Anna davon?
Sie ist in der strategisch günstigen Situation, in Reserve bleiben und abwarten zu können .
Sein Suchen beweist sein Interesse für sie .
Solange sie ihr Begehren nur teilweise und indirekt zeigt, bleibt die Enttäuschung berechenbar .
Sie braucht sich selbst nicht mit jenen Seiten ihres Begehrens zu beschäftigen, die sie bisher für sich behalten hat .
Sie schont ihren Mann, weil sie sich ihm nicht zeigt .
Sie überträgt ihm die Verantwortung für die Lösung .
Empörung
Bernd erlebt sich selbst in der Position des Partners, der ein ungestörtes Verhältnis zur Sexualität hat. Er will ja nur, was normal ist und gesund und was ihnen beiden gut täte. Aus seiner Sicht verhält er sich so normal, wie das ein sexuell interessierter Mann nur tun kann. Deshalb empört ihn Annas »So nicht!«. Empörung ist ein selbstgerechter Affekt. Der Empörte sieht sich moralisch im Recht und das Gegenüber im Unrecht. Bernd empört sich deswegen immer mehr in seine Definitionsmacht hinein: Er weiÃ, was
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