Gwen (German Edition)
auf dich lenken?“
Unruhig ging Gwen hin und her. „ Ich wollte bloß nachsehen, wie es ihm geht. Damit lenke ich doch keinen Verdacht auf mich.“
„Ach nein?“ Pat bekam diesen durchdringenden Medizinerblick. „Warum tust du das eigentlich?“
„Warum tue ich was?“
„Dich ständig nach Statlers wertem Befinden erkundigen?“
„Ich mache mir große Sorgen um ihn.“
Stöhnend rollte Pat die Augen und richtete sie dann wieder auf Gwen. „Nur damit ich das richtig verstehe: Dieser Bastard hat uns Drogen untergeschoben und ins Gefängnis werfen lassen, und du machst dir große Sorgen um ihn? Er hat dich gejagt und ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt“, sie warf die Hände in die Luft, „und du machst dir große Sorgen um ihn? Haben wir nicht Grund genug, ihn zu hassen?“
„ Ja, das haben wir.“ Gwen blieb stehen, presste gequält die Augen zu und riss sie wieder auf. „Und als ich in dieser schäbigen Küche saß, Nacht für Nacht, wenn Cory und die anderen nebenan ihren Job gemacht haben, und ich jedes Mal zusammengezuckt bin, wenn jemand die Treppe hochkam, oh ja, da fiel es mir leicht, ihn zu hassen. Aber als ich dann in der Zeitung las, dass er … und als ich ihn in der Klinik sah …“ Ihre Stimme stockte.
„Du machst dir noch immer was aus ihm! Oh, Gwen, Gwen, Gwen, Gwen, Gwen, das ist übel. Wirklich übel!“
Gwen sank auf einen Stuhl. „Bei meinem ersten Besuch in der Klinik war er halb betäubt, aber noch ansprechbar. Gestern schlief er und heute auch. Ich habe einen Arzt gefragt, und der hat gemeint, sie halten ihn permanent unter Narkose, weil sonst die Schmerzen für ihn unerträglich wären. Das sehe ich ja ein, aber drei Tage lang, Pat? Ist das nicht übertrieben?“
„Drei Tage künstliches Koma? Ja, selbst für männlich wehleidige Verhältnisse ist das tatsächlich viel für ein paar Hautverätzungen. Da fragt man sich, wieso.“
Als Gwen bewusst w urde, dass sie die Hände rang, unterdrückte sie es, indem sie die Finger ineinander verschränkte. „Vielleicht ist er viel schwerer verletzt, als man vor den Medien zugegeben hat.“
„ Was unweigerlich die nächste Frage aufwirft, nämlich wer ihn so zugerichtet hat.“
Dazu sagte Gwen gar nichts.
Die Tür ging auf und jemand kam rein. Den Schritten nach zwei Leute. Schwere Schritte. Männer.
„Nun, Mr. Statler, bereit für die Konfrontation mit der Real ität?“
Dirk kannte die Stimme. Er hatte sie in den letzten Stunden öfter gehört. Stunden? Tage waren es. Oder Monate? Keine Ahnung. Scheißegal eigentlich. Manchmal hatte er ein paar Worte verstanden. Aber meistens war alles an ihm vorbeigerutscht.
Dirk antwortete nicht, aber irgendwas beunruhigte ihn. Aber als er darüber nachdenken wollte, war es schon wieder rausgefallen aus seinen Gedanken.
Er wusste, das s der Typ, der gesprochen hatte, Cameron hieß und Leiter der Klinik war. Und dass er als BS in der Klinik kontrollierte Versuche mit Triustat machte. An das konnte Dirk sich erinnern.
Er versuchte, sich aufzurichten. Die beiden Männer halfen ihm dabei und stopften Kissen hinter seinen Rücken. Durch die Anstrengung, den Kopf zu heben, brach Dirk der Schweiß aus. „Hören … Sie zu, Cameron, … ich weiß nicht, … mit was für einem … Zeug Sie mich zudröhnen …“ Es verblüffte ihn, wie schwer ihm das Sprechen fiel. „Aber ich will … dass Sie es absetzen. Ich bin … so verdammt … groggy.“ Froh darüber, dass der Satz zu Ende war, ließ er seinen Kopf erschöpft nach hinten sacken.
„Aber es ist nur zu Ihrem Besten, Mr. Statler“, sagte Cameron. „Es handelt sich übrigens um Triustat, die Injektionsform. Das erspart Ihnen die Schmerzen und gibt Ihnen die nötige Ruhe.“
Eigentlich wol lte Dirk dagegen argumentieren.
Gegen was eigentlich?
Er spürte, wie einer an seinem Verband rumfummelte und damit begann, ihn abzuwickeln. Was Dirk daran erinnerte, dass noch ein zweiter Mann da war. „Wer … ist der … andere Typ?“
Cameron: „Das ist Dr. Milford, der Stationsarzt.“
Der andere Typ: „Hallo, Mr. Statler. Jetzt bitte stillhalten!“
Cameron : „So, nun wollen wir uns das mal ansehen.“
Kühle Luft drang an Dirks Gesicht, dort, wo vorher der Ve rband gewesen war. Dirk blinzelte, aber er kriegte die Augen nicht auf. Er raffte seine ganze Kraft zusammen, biss die Zähne aufeinander und riss seine verklebten Augenlider mit Gewalt auseinander. Es fühlte sich an, als würde Rollsplitt über seine Bindehaut reiben.
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