Gwen (German Edition)
Beschützerinstinkt zu wundern, den er ihr gegenüber zeigte. Klar, in Ellmstadt würde es wieder anders laufen, aber hier in dieser fantasy-mäßigen Gegend war nichts normal.
Kein Wunder, dass die Iren spätestens nach dem vierten Guinness zu gefühlsduselnden Träumern wurden und Lieder sangen, die vor Melancholie nur so trieften. Kein Wunder, dass es auch schon langsam auf Dirk abfärbte.
Als sie erwachte, war heller Tag, und Gwen war allein. Sie ging hinaus auf den Gang und die Treppe hinauf, doch von dem Mann, in dessen Armen sie geschlafen hatte, war nichts zu sehen.
Im Bad versuchte sie, sich das Flair blasser Krän klichkeit aus dem Gesicht zu waschen, was ihr nicht so recht gelingen wollte. Zum Glück hatte sie ihren bestaussehenden Schlafanzug an!
W ieso zum Glück ?
Die Morgentoilette erschöpfte sie mehr , als sie erwartet hatte. Mit weichen Knien quälte sie sich die Treppe hinunter, überstand eine heimtückische Hustensalve dadurch, dass sie sich am Treppengeländer festhielt, und schwebte auf einer Wolke aus Schwindelgefühl ins Wohnzimmer hinüber. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, sich einen Kaffee zu machen, doch das verwarf sie jetzt spontan und fiel stöhnend auf ihr Fellbett vor dem Kamin, wo sie sich unter der Bettdecke verkroch.
Irg endwann weckte sie das Donnergrollen von Statlers Harley. Sie hörte, wie er ins Haus kam und in der Küche zu rumoren begann. Dort nach dem Rechten zu sehen, wäre nun sicher nötig gewesen, doch sie zog es vor, in fiebernder Apathie vor sich hin zu vegetieren.
Nach einer Weile kam Statler herein und reichte ihr eine Tasse mit heißem Inhalt. „Hallo, Gwen! Gut g eschlafen?“
Sie nickte, setzte sich auf, sah in die Tasse und keuchte: „Nicht schon wieder Maureens Hexengebräu!“
„Lo s, runter damit!“, ordnete er an. „Eine knallharte Umweltschützerin, die es mit der Pharmaindustrie aufnimmt, wird doch auch mit ein bisschen Ingwertee fertig.“
Trotz größter Anstrengung konnte sie es nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Li ppen schlich. Er erwiderte es, zwinkerte ihr zu, gab ihr auch noch einen Löffel voll Penicillinsaft und machte anschließend Feuer im Kamin.
Als die Flammen gierig an den Holzscheiten entlang züngelten, wandte sich Statler zu Gwen um. „Wenn Sie brav Ihren Tee ausgetrunken haben, hab ich eine Überraschung für Sie.“
Oh, nein, bitte nicht!
Er verschwand in der Küche. Gwen rückte näher an das Kaminfeuer, trank den Tee, stellte die leere Tasse neben sich auf den Boden und ließ sodann ihr Bewusstsein in heilenden Schlaf abdriften.
Bis Dirk Statler sie weckte: „Kommen Sie, Gwen, Zeit für Ihr Essen! Ich hab extra für Sie g ekocht.“ Er packte ihren Arm und zog sie auf die Beine.
„Ist das die Überraschung ?“, gähnte sie, kämpfte tapfer eine Woge fiesen Schwindels nieder und zwang ihren widerstrebenden Augen, sich zu öffnen, zumindest halb.
„Die eigentliche Überraschung ist“, antwortete er, „dass ich heute zum ersten Mal überhaupt gekocht habe.“
Es dauerte eine Weile, bis diese Aussage in Gwens schläfriges Großhirn vordrang. „Sie haben sich noch nie irgendetwas gekocht ?“, wunderte sie sich, während er sie in ihre Hausschuhe und weiter in die Küche schob und sie dort auf einen Stuhl drückte.
„Höchstens mal Spiegeleier oder ’ne Tiefkühlpizza.“ Er zuckte die Schultern. „Wozu auch? Entweder ich gehe essen oder lasse mir was bringen. Aber Ihnen zuliebe wollte ich es heute mal versuchen, damit Sie was Gescheites zwischen die Kiemen kriegen, das Sie wieder auf die Beine bringt. Ich hab mir echt Mühe gegeben. Sie müssen versprechen, dass Sie es wenigstens probieren!“
„Versprochen .“ Erfolgreich kämpfte sie einen Hustenanfall nieder. „Und mit welchen kulinarischen Raffinessen wollen Sie meinen Gaumen verwöhnen?“ Eigentlich hatte sie keinen Hunger. Überhaupt keinen. Täuschte sie sich, oder lag tatsächlich ein merkwürdiger Geruch in der Luft? Sie roch es sogar mit Schnupfennase.
„Hammelbraten auf Gemüsebett mit Reis“, verkü ndete er.
„Sie können nicht kochen und haben sich gleich an etwas so Kompliziertes gewagt?“ Sie legte frö stelnd die Arme um sich.
Dirk Statler schloss das sperrangelweit offen stehende Küchenfenster und ging nach oben. Er brachte eine Decke, die aussah wie die Tagesdecke aus dem Gästezimmer, das er bewohnte, und wickelte Gwen darin ein.
„Das mit dem Kochen war kein Problem“, erklärte er. „Die
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