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Gwen (German Edition)

Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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hatte.
    Währendessen sprach sich Helen für ein aggressives Auftreten Gwens vor Gericht aus. Mark natürlich auch. Er war immer für das Drastische. Alfred und Vera dagegen favorisierten ein betont sachliches Vorgehen. Oder glaubte einer vielleicht, das Gericht würde sich durch etwas anderes als Zahlen und Fakten beeindrucken lassen? Medienwirksamkeit hin oder her. Und noch eine Kanne Tee wäre auch nicht schlecht. Helen übersetzte alles für Mandy und Kate. Thomas verlangte schließlich, endlich ein Konzept zu Papier zu bringen, das Gwen schnell noch auswendig lernen konnte.
    „Der Tee ist alle“, warf Gwen ein. „Und ich brauche kein Konzept.“
    „Was ?“, protestierten Helen und Alfred in ungewohntem Gleichklang.
    „Wenn ich ein Konzept habe“, erläuterte Gwen, „wird es Statlers Staranwälten nicht schwer fallen, mich raus zu bringen. Und nun möchte ich bitte ins Bett gehen, damit ich morgen nicht völlig übermüdet bin.“
    Obwohl nicht alle Verständnis hatten für Gwens mangelnde Kooperationsbereitschaft - denn schließlich waren sie alle nur hier, um ihr zu helfen - akzeptierten sie Gwens Haltung irgendwann. Es war weit nach Mitternacht, als sie endlich gingen.
     
    So gegen sechs Uhr konnte Gwen endgültig nicht mehr schlafen. Da kein Tee mehr da war, kochte sie Instantkaffee. Anschließend verbrachte sie Stunden damit zu, sich für den Auftritt vor Gericht herzurichten. Sich ständig an- und auszuziehen lenkte sie zumindest etwas ab von dem Alptraum, der sie bald erwarten würde. Da sie ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht mehr traute, entschied sie sich doch für die Kleidungskombination, die Helen für sie ausgesucht hatte.
    Als sie dann vor dem Spiegel stand, dezent geschminkt, die Haare hochgesteckt, einzelne Strähnen jedoch verspielt herausgezupft, in den eleganten Kleidern und den hochhackigen Pumps, fand Gwen, dass sie das Optimale herausgeholt hatte. Mehr ging nicht.
    Dann ertönte die Türglocke , und Gwens Mut sank mit ihren Mundwinkeln in die Tiefe. Undamenhaft schlurfte sie zur Tür und öffnete sie. Es waren Helen und Mark. Um sie abzuholen.
    Sie fuhren mit Marks Auto zum Gerichtsgebäude, wo das restliche Survival-Team sowie Helens Lover bereits auf sie warteten. Die Delegationen von anderen Survival-Gruppen waren auch da, aus München, Essen und Würzburg. Und aus Gabeldorf, wo auch immer das liegen mochte. Sowie zahlreiche Reporter.
    Während Helen völlig Herrin der Lage war, hier ein Kurzinterview gab, dort mit einem Journali sten schäkerte, trottete Gwen wie ein unnötiges Anhängsel hinter ihr her. Kameramänner trugen ihre Ausrüstung vorbei. Gwens verkrampfte Hände waren eiskalt, die Wangen dagegen glühten, und ihr war übel.
    Sogar sehr übel. Was, wenn sie sich übergeben musste? Vor dem Richter womöglich.
    Mit einem Mal war ihr klar, dass sie dem Ganzen nicht gewachsen war. Das wusste sie jetzt. Was konnte Gwen, ein arbeitsloses, vor Angst halb wahnsinniges, irisches Landei, gegen Dirk Statlers Selbstbewusstsein, seine mächtige Firma und seine Anwälte ausrichten?
    Doch dann kam Lutz auf sie zu, legte ihr aufmu nternd die Hand auf die Schulter und schenkte ihr sein innigstes Weihnachtsmann-Lächeln. Seine leuchtenden Augen und seine Fingernägel, die wie immer Ränder aus guter biologisch-dynamischer Muttererde aufwiesen, strahlten einen unwiderstehlichen Optimismus aus, der auf Gwen übersprang. Auf der Schwelle zum Gerichtssaal blieb sie kurz stehen und schaute hinein.
    Der Raum war kleiner, als sie gedacht hatte, nicht annähernd so beeindruckend wie die Gerichtssäle immer in den amerikanischen Spielfilmen. Daher schien er die hineindrängenden Menschenmassen nur schwerlich fassen zu können. Alle Plätze waren besetzt, bis auf die Sitzreihe links vorne, die wohl für das Survival-Team vorgesehen war.
    Gegenüber saßen die Statler-Leute, unschwer zu erkennen an den teuren Anzügen und den wic htigen Aktentaschen. Und zwischen all jenen grau schattierten Meisterstücken der europäischen Herrenmoden fiel eine Gestalt völlig aus der Rolle: Jeans, Jeanshemd, immerhin nicht die speckige Lederjacke, die Haare wirr wie immer, mittlerweile mit Vollbart. Nicht einmal der Gerichtstermin hatte ihn veranlassen können, Kompromisse bezüglich seines Kleidungsstils einzugehen. Gwens Herz begann zu rasen, und ihre Atmung versuchte ungebeten, mit diesem Tempo Schritt zu halten.
    Durch seinen Nebenmann aufmerksam g emacht wandte sich Dirk Statler zu ihr um, musterte sie

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