Gwen (German Edition)
Krämer, Montini und Sartin in der überfüllten Kneipe nebenan, trank ein Coke und wartete ewig auf sein bestelltes Schnitzel.
Als Dirk wieder in den Gerichtssaal kam, waren Gwen und ihre Müslifresser schon da.
Es ging weiter mit Zeugenanhörungen: Beamte der Wasserschutzbehö rde, ein Chemiker von SURVIVAL - nicht Gwen, sondern ein Kerl, der die ersten Proben analysiert hatte, dann ein paar Angestellte von Dirks Firma, die für die Abwasserbeseitigung zuständig waren, der Wasserwart des Ellmstädter Anglervereins, der Vorstand des Badevereins ELLMFREUNDE und noch ein paar andere. Und es verlief im Großen und Ganzen so, wie Dirks Anwälte es vorausgesagt hatten: Man verzettelte sich in unwesentlichen Details, die sich gegenseitig widersprachen, bis keiner mehr durchblickte. Sartin würde das wieder zurechtrücken und mit dem Staatsanwalt so was wie eine gütliche Einigung anstreben. Das Bußgeld für die unerlaubten Abwassereinleitungen würde er zwar nicht verhindern, aber doch hoffentlich runterhandeln können, und der Weg für die vorläufige Ausnahmegenehmigung wäre frei. Aus der vorläufigen würde dann später eine permanente werden. Nach den Wahlen. So war es geplant.
Endlich waren von allen Zeugen nur noch sie beide übrig - Dirk und Gwen.
Gwen war der Star der Medien. Von ihrer Aussage hing alles ab. Das wusste Dirk. Natü rlich konnte sie das Blatt nicht mehr rumreißen, nachdem alles so plangemäß gelaufen war, aber ihre Aussage konnte immerhin das Bußgeld unnötig in die Höhe treiben.
Dirk sah ihr an, dass sie nervös war. Und blass. S ogar ihre Sommersprossen waren blass. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, wie sehr sie diesen Auftritt hasste. Verloren sah sie aus, wie sie im Zeugenstand saß. Eine Fee, die man aus ihrem verträumten Märchenwald rausgerissen hatte. Dirk hoffte nur, dass Sartin sie nicht zu brutal hernahm. Zur Not würde Dirk ihn zurückpfeifen müssen.
Zuerst wurde Gwen vom Staatsanwalt befragt. Das heißt, es war eigentlich keine richtige Befragung. Der Typ gab Gwen vielmehr nur die Stichworte, die sie brauchte, um die ganze Triustat-Geschichte aus ihrer Sicht auszurollen. Sie erzählte alle unwichtigen Einzelheiten der umweltfreundlichen Triustat-Synthese und wie Dirk das Ganze abgeschmettert hatte. Aus fadenscheinigen Gründen. Und wie Dirk weiter die Ellm vergiftete. Skrupellos. Und wie er es nicht mal für nötig befunden hatte, zum festgesetzten Termin bei der Wasserschutzbehörde zu erscheinen, sondern es vorzog, das Einleitungsverbot gleich zu ignorieren.
Das kleine gerissene Aas! Langsam begann Dirk sich darauf zu freuen, wie Sartin sie fertigmachen würde. Als sich dann der Besserwisser von Staatsanwalt wieder hinsetzte, übernahm endlich Sartin Gwens Befragung.
Sartin war nicht einfach ein Anwalt - er war DER Anwalt. Untersetzt, dickbauchig, glatzkö pfig, heimtückisch. Er würde alles dransetzen, Gwens Glaubwürdigkeit zu zertreten und sie als die weltfremde Umweltspinnerin zu entlarven, die sie ja auch war. Das war die abgesprochene Strategie.
Sartin baute seinen Bierbauch vor Gwen auf und ließ mit gekonntem Timing ein paar Augenbl icke verstreichen, bis der Saal so still war, dass Dirk das Gefühl hatte, er könnte Gwens panischen Puls hören.
Sie saß kerzengerade im Zeugenstand. Klar, dass sie wusste, was jetzt kam. Dass sie in ihre Einzelteile zerlegt und nach Sartins Geschmack wieder zusammengesetzt werden würde. Sommersprosse für Sommersprosse. Klar wusste sie das.
„Mein liebes Fräulein“, begann Sartin und ließ den Gönnerhaften dabei raushängen. Sehr cl ever, Gwen gleich bei der Begrüßung als kleines Dummchen erscheinen zu lassen!
Er kam allerdings nicht weiter, weil Gwen ihn gleich unterbrach: „Dagegen erhebe ich Einspruch!“
Sartin, noch immer gönnerhaft, wenn auch etwas irritiert: „Wie dürfen wir das verstehen?“
Auch der Richter war hochgeschreckt und beugte sich vor.
Gwen sagte mit diesem schneidenden Ton in ihrer Stimme, den Dirk nur zu gut kannte: „Erstens bin ich nicht Ihr Fräulein , und zweitens bin ich nicht Ihr liebes Fräulein! Ich würde es vorziehen, wenn Sie mich Frau O’Connor nennen würden, wie es in gebildeten Kreisen auch bei unverheirateten Frauen üblich ist. Sie tragen auch keinen Ehering, Herr Anwalt, doch ich würde mir nie erlauben, Sie mein liebes Männlein zu nennen.“
Der Saal grö lte vor Lachen. Sogar Dirk konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
Der Richter musste mit seinem
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