Gwydion 03 - König Arturs Verrat
wollte etwas erwidern, doch Lancelot kam ihm zuvor. „Es hat einige Fehleinschätzungen gegeben und ich müsste lügen, wenn ich sagte, es gäbe keine Schwierigkeiten.“
„Ja, es stehen uns dunkle Zeiten bevor. Deswegen können wir froh sein, unter der Herrschaft solch eines weisen Königs zu leben“, sagte Sir Gore mit einem Anflug von Ironie. „Doch seien wir ehrlich: Artur ist ein alter Mann. Ich weiß nicht, wie es um seine Gesundheit bestellt ist, da seid Ihr besser unterrichtet als ich. Der Tag wird aber kommen, an dem Artur wie wir alle vor seinen Schöpfer tritt. Sehr bald sogar, schätze ich. Wer wird dann nach ihm den Thron besteigen? Ihr, Sir Lancelot? Seinen Sohn Mordred hat er ja verstoßen.“ Er sah Gwyn an. „Oder wirst du vielleicht der neue König von Britannien, mein junger, ungestümer Freund? Sag es mir, und ich beuge auf der Stelle mein Knie, um dir ewige Treue zu schwören.“
Als Sir Gore auf diese Frage keine Antwort erhielt, nickte er langsam und bedächtig. „Die Römer wussten, dass sich diese Insel nicht regieren lässt. Sie taten gut daran, sie zu verlassen. Und ich glaube, wenn hier alles in Blut und Schmerz und Leid versinkt, werde ich es ihnen gleichtun.“
„Und wohin wollt Ihr gehen?“, fragte Gwyn.
„Übers Meer nach Gallien.“ Sir Gore lachte. „Dort ist wenigstens das Wetter besser.“
„Das bringt mich zu einer Sache, die ich gerne mit Euch besprechen würde“, sagte Lancelot. „Wir haben lange genug Eure Gastfreundschaft in Anspruch genommen und würden gerne so bald wie möglich aufbrechen.“
„Dann werdet Ihr Euch gedulden müssen. Beide Furten sind unpassierbar.“
„Gibt es einen Weg über die Hügel?“, fragte Lancelot.
Sir Gore schüttelte den Kopf. „Zu Fuß vielleicht, jedoch nicht mit den Pferden. Aber macht Euch keine Gedanken: Seid so lange meine Gäste, wie es nötig ist. Ich bekomme nicht häufig Besuch, mit dem ich mich so angeregt unterhalten kann. Wisst Ihr, ich schätze Eure offene Art.“
„Ich habe nicht sehr viel gesagt“, entgegnete Lancelot.
„Ich weiß, dass Ihr ein Mann seid, der nicht zur Lüge fähig ist. Deswegen war Euer Schweigen mindestens genauso aufschlussreich. Doch verzeiht, wenn ich mich für heute zurückziehe. Es war ein harter Tag und ich muss morgen wieder früh aufstehen.“
Nun erhoben sich auch Lancelot und Gwyn.
„Um Gottes willen, so behaltet doch bitte Platz“, sagte Sir Gore. „Esst, trinkt. Mein Heim ist Euer Heim. Ich hoffe, dass ich morgen mehr Zeit für Euch haben werde.“ Er verneigte sich vor Lancelot, zwinkerte Gwyn zu und ließ die beiden dann alleine.
Gwyn kaute einen Moment auf seiner Unterlippe herum, dann schüttelte er den Kopf. „Er spielt ein falsches Spiel. Mag sein, dass er Artur die Treue hält und regelmäßig seinen Tribut entrichtet. Doch ich glaube nicht, dass er all die Schätze zusammenrafft, um das Andenken an untergegangene Reiche zu wahren. Auf mich macht er den Eindruck eines Mannes, der weiß, dass er sich auf einem sinkenden Schiff befindet.“
Lancelot strich gedankenverloren mit der Hand über den Tisch. „Ja, du hast Recht. Und Sir Gore ist kein Narr, er schätzt die Lage richtig ein.“
Gwyn fuhr hoch. „Also glaubt Ihr auch, dass Camelot dem Untergang geweiht ist?“
Lancelot stand auf und stützte sich auf die Lehne seines Stuhls. „Ja“, sagte er schließlich mit gesenktem Haupt. „Obwohl ich die Hoffnung nicht aufgeben will. Als man Artur zum König krönte, waren die Zeiten ähnlich verzweifelt wie jetzt, und der Sohn Uther Pendragons war weit von seiner jetzigen Größe entfernt. Genau genommen gab es nur einen, der an seine Fähigkeiten glaubte.“
„Merlin.“
Lancelot nickte nachdenklich. „Es gab keinen Fürsten, der nicht gegen Artur in den Krieg zog. Die ersten Jahre müssen furchtbar gewesen sein. Er war ein König, der sich sein Reich erst erobern musste.“
„Camelot existierte zu diesem Zeitpunkt nicht?“
„Wo denkst du hin?“ Lancelot lachte. „Ich war damals nicht dabei und kenne das meiste nur aus Erzählungen. Nur so viel ist sicher: Zu jener Zeit war das römische Londinium der Herrschersitz aller Könige. Merlin ahnte, dass Artur nicht lange auf dem Thron sitzen würde, wenn er diese Tradition fortsetzte. Also schlug er ihm vor, fernab von den Intrigen der Herzöge und Fürsten in Dumnonia eine Burg zu errichten. Dreihundert Jahre lang hatte auf dem Hügel in der Nähe von Cadbury ein Tempel der Göttin Diana
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