Gwydion 03 - König Arturs Verrat
diesem Schicksal um?“
„Merlin hat mir diese Frage auch gestellt. Verleugne ich meine Bestimmung oder folge ich dem mir vorgezeichneten Weg? Ich muss zugeben, dass mir die Antwort schwergefallen ist.“
„Aber hattest du eine andere Wahl?“
„Nein“, sagte Gwyn nachdenklich. „Die hatte ich wohl nicht. Obwohl ich nicht an Vorbestimmung glaube.“
„Warum?“, fragte Lancelot überrascht.
„Die Vorstellung, nicht wirklich frei in meinen Entscheidungen zu sein, macht mir Angst. Welches Schicksal zeichnet den Weg vor, den ich zu gehen habe?“
„Nun, ich würde es nicht Schicksal nennen“, sagte Lancelot mit einem schiefen Grinsen.
„Merlin“, brummte Gwyn.
Lancelot nickte. „Das ist der Grund, warum ich glaube, dass man nicht zu vertraut mit ihm sein sollte. Er versteht es, Menschen geschickt in seinem Sinne zu beeinflussen, ohne die eigenen Ziele zu enthüllen.“
„Orlando sprach mir gegenüber einmal eine ähnliche Warnung aus“, sagte Gwyn.
„Ein kluger Bursche, unser hispanischer Prinz. Pflege die Freundschaft mit ihm, eines Tages wirst du auf treue Gefährten wie ihn angewiesen sein.“
Gwyn kniff die Augen zusammen. „Warum sagt Ihr das?“, fragte er beunruhigt, doch Lancelot schwieg. „Nun kommt, sprecht nicht weiter in Rätseln.“ Der Ton war unfreundlicher, als Gwyn es beabsichtigt hatte.
Aber Lancelot war nicht beleidigt. „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll“, sagte er und kratzte seinen grauen Bart. „Ein Sturm ist losgebrochen, der alles, was wir kennen und lieb gewonnen haben, hinwegfegen wird. Noch spürst du nichts von seiner Macht, weil du dich in seinem Auge befindest.“ Er beugte sich nach vorne und sah seinen Knappen ernst an. „Aber du wirst die entscheidende Rolle im Kampf um Britannien spielen, denn du bist der Schlüssel zum Gral.“
„Danke, dass Ihr mich daran erinnert“, sagte Gwyn bitter. „Wisst Ihr, manchmal gelingt es mir sogar, nicht daran zu denken.“
„Es ist eine Tatsache, der du ins Auge sehen musst. Auch Artur hatte dies lernen müssen.“
„Artur ist aber auch ein großer König!“
„Als er Excalibur aus dem Stein zog, war er nicht älter als du. Und wer sagt denn, dass du ihn nicht eines Tages an Größe übertreffen wirst?“
Gwyn starrte seinen Herrn an. Hatte er richtig gehört? Sah Lancelot wirklich den zukünftigen König Britanniens in ihm? Waren denn jetzt alle verrückt geworden?
„Niemals“, sagte Gwyn aufgebracht. „Ich bin nicht für den Thron geschaffen.“
Lancelot schloss müde die Augen. „Dann nenne mir einen anderen.“
Gwyn zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich glaube immer noch, dass Rowan ein vorzüglicher Herrscher wäre.“
Lancelot schüttelte den Kopf. „Rowan ist schwach und er weiß es.“
„Ihr klingt wie die Prinzessin“, antwortete Gwyn aufgebracht.
Lancelot fuhr hoch. „Was hat Aileen damit zu tun?“
Gwyns Gesicht wurde blass.
Lancelot packte ihn beim Handgelenk. „Was hat Aileen damit zu tun ?“
„Wusstet Ihr das nicht?“, fragte Gwyn langsam. „Sie hat ihre Verbindung mit Rowan gelöst.“
„Und hat stattdessen dich gefragt, ob du mit ihr den Thron besteigen willst?“
Gwyn schwieg.
„Rede!“, donnerte Lancelot.
Er nickte.
„Wie war deine Antwort?“
„Ich habe natürlich abgelehnt“, sagte Gwyn und Entrüstung schwang in seiner Stimme mit. „Es wäre ein Verrat an Rowan gewesen.“
„War das der einzige Grund?“
Gwyn schüttelte kaum merklich den Kopf.
„Herrgott, nun lass dir doch nicht alles wie Würmer aus der Nase ziehen!“
„Ich glaube, sie ist in allem die Tochter ihres Vaters“, platzte es wütend aus Gwyn heraus. „Sie wird von der gleichen Herrschsucht und Rücksichtslosigkeit getrieben wie Mordred!“
„Weiß sie, wer du bist?“
„Um Himmels willen, nein!“
Lancelot stieß erleichtert die Luft aus. „Wir müssen sehen, dass wir so schnell wie möglich von hier fortkommen. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl, wenn ich an Camelot denke.“ Lancelot stand auf. „Morgen werden wir noch einmal schauen, ob der Flusspegel gesunken ist. Bete zu Gott, dass wir die Furt passieren können.“
Draußen wütete noch immer unvermindert der Sturm und peitschte den Regen in Wellen gegen die geschlossenen hölzernen Fensterläden, die im Wind laut klapperten. Obwohl Gwyns Knochen schwer wie Blei waren, fand er in dieser Nacht keinen Schlaf.
Die Unterhaltung mit Lancelot ging ihm nicht aus dem Kopf. Warum nur sah jeder in ihm den
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