Gwydion 03 - König Arturs Verrat
dabei?“
Gwyn nickte. Auf einmal war sein Mund wie ausgetrocknet. Wenn er handeln wollte, dann jetzt. Er ging auf Lancelot zu und tat so, als sähe er den Eimer nicht, der vor ihm auf dem Boden stand, und stieß mit dem Fuß dagegen. Gwyn stolperte und fiel nach vorne. Im letzten Moment konnte er sich an Maras Kleid festhalten und gemeinsam stürzten sie zu Boden.
„Geh von mir herunter!“, keifte sie ihn an. „Augenblicklich!“ Als sei Gwyn ein gigantischer und äußerst widerwärtiger Käfer, versuchte sie ihn von sich zu stoßen. Doch dieser kurze Moment reichte aus.
Gwyn stand auf. Er hatte, was er wollte. Hastig verbarg er seine Rechte in der Rocktasche und reichte Mara die Linke, um ihr aufzuhelfen, doch sie schlug die Hand aus. Als sie wieder auf den Beinen war, schaute sie wutschnaubend an sich hinab. Ihr Kleid wies bei der Hüfte, ziemlich genau an der Stelle, an der der Schlüsselbund hing, einen nassen, schmutzigen Fleck auf.
„Nun sieh dir das an!“ schimpfte sie. „Ich dachte, du hättest dir die Hände gewaschen!“
Gwyn zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Es tut mir leid“, sagte er. „Die Kohlköpfe waren noch voller Erde.“
Mara versuchte mit der Hand den Fleck wegzuwischen, machte aber dadurch alles noch schlimmer. Mit einem wütenden Aufschrei riss sie die Tür auf und verließ die Küche.
„Komm, Gwyn. Ich glaube wir sollten auch gehen“, sagte Sir Lancelot stirnrunzelnd.
Gemeinsam traten sie hinaus.
„Ich kann verstehen, dass du Mara nicht leiden kannst“, sagte Lancelot, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. „Aber versuche in Zukunft, deine Abneigung nicht allzu offen zu zeigen.“
„Ich werde es mir zu Herzen nehmen“, sagte Gwyn und schaute sich um. Tom öffnete gerade die Tür des Backhauses und bückte sich nach dem Korb, in dem das frisch gebackene Brot gestapelt war. „Erlaubt Ihr mir, dass ich ihm beim Tragen helfe?“
„Natürlich“, sagte Lancelot. „Ich warte so lange in der Halle auf dich.“
Geduckt rannte Gwyn durch den Regen über den Burghof. Das Innere des Backhauses war wohltuend warm und trocken. Der Duft von frisch gebackenem Brot ließ Gwyn das Wasser im Mund zusammenlaufen, doch er riss sich zusammen. Er war nicht hier, um den Dorfbewohnern das kärgliche Abendessen streitig zu machen. Er hatte anderes im Sinn.
„Hattet Ihr Erfolg, junger Herr?“ fragte Tom aufgeregt.
„Auf der ganzen Linie.“ Gwyn holte aus seiner Rocktasche einen flachen, etwa faustgroßen Klumpen Ton. „Der Abdruck ist perfekt. Euer Schmied sollte keine Schwierigkeiten haben, mit seiner Hilfe einen Nachschlüssel anzufertigen.“
Tom hob einen Lumpen vom Boden auf und hielt ihn unter ein Wasserrinnsal, das vom Dach des Backhauses plätscherte. Dann schlug er den Tonklumpen in das feuchte Tuch ein und verbarg ihn unter dem Brot. „Heute wird er nicht mehr damit beginnen können, doch morgen wird es das Erste sein, was er erledigt.“ Ein Lächeln umspielte seine Augen. „Ich danke Euch, junger Herr. Vielleicht gelingt es uns ja mit Eurer Hilfe, den Fluch von diesem Ort zu nehmen.“
„Und ich danke euch. Ich hoffe, dass die Dinge sich für alle zum Guten wenden. Wenn wir zurück in Camelot sind, werden wir dem König von den Vorfällen hier berichten.“
Tom starrte überrascht auf die dargebotene Hand, die er nach einigem Zögern vorsichtig ergriff. „Wer seid Ihr?“, fragte er schließlich.
„Wer ich bin?“, fragte Gwyn verwirrt. „Ich bin ein Knappe, Diener meines Herrn Sir Lancelot.“
„Seid Ihr königlicher Abstammung?“
Gwyn war überrascht. „Was lässt dich das denken?“
„Es ist Eure ganze Art, wie Ihr mit einfachen Burschen wie mir sprecht. Ihr behandelt mich wie einen Menschen und nicht wie ein Stück Vieh. Ihr sorgt Euch um mein Los und das meiner Leidensgenossen. Nicht jeder, der über Untertanen herrscht und sich Herzog oder Fürst nennt, hat Euren Edelmut.“
Gwyn spürte, wie sein Gesicht errötete. Er gab Tom einen etwas linkischen Klaps auf die Schulter. „Ich werde morgen Mittag in die Schmiede kommen und schauen, wie kunstvoll euer Schmied sein Handwerk beherrscht.“ Dann eilte er hinüber zum Haupthaus.
Die wenigen Stunden, die ihnen bis zum Abendessen blieben, verbrachte Gwyn mit Sir Lancelot bei mehreren Partien Schach. Nur einmal hatte Gwyn es gewagt, seinen Herrn herauszufordern. Das war am Nachmittag vor dem Turnier mit Sir Kay gewesen und Lancelot hatte sich nicht auf das Spiel konzentriert,
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