Gwydion 03 - König Arturs Verrat
Verschwinden bemerkt hatte.
Er holte tief Luft. Vorsichtig umschloss er den Griff der Zange und drückte zu. Dann zog er. Mit einem hellen Klingen fiel das abgebrochene Stück Draht zu Boden. Hastig hob er es auf.
„Gwyn?“, rief eine Stimme, die er nur zu gut kannte. Er fuhr erschrocken herum. Es war Sir Lancelot. Und neben ihm stand ein missmutig dreinschauender Sir Gore, der mit seiner rechten Hand eine Lampe umklammerte, während die linke einen nachlässig über die Schulter geworfenen Mantel festhielt, der im Sturmwind wie eine Fahne flatterte. „Gwyn, wo steckst du?“
Geduckt lief Gwyn den Hügel hinab und hoffte, dass die Dunkelheit ihn so lange wie möglich vor den Blicken der beiden Männer verbarg. Als er schließlich den Burghof erreicht hatte, gab er sich zu erkennen. „Ich bin hier.“
Sir Lancelot und Sir Gore drehten sich zu ihm um. „Was tust du hier?“, fragte Lancelot verärgert.
„Ich habe nach Pegasus geschaut. Er hatte sich losgerissen und ich habe ihn wieder zurück in den Stall gebracht“, log Gwyn.
Sir Gore machte ein überraschtes Gesicht. „Ich denke, ich sollte mit den Stallburschen morgen einmal ein ernstes Wort reden. Sie vernachlässigen ihre Pflichten.“
Lancelot schaute Gwyn lange und eindringlich mit einem Blick an, dem der Knappe nicht lange standhalten konnte.
„Ich denke, die Stallburschen tragen keine Schuld“, sagte Lancelot leise. „Soviel ich weiß, war Gwyn am Abend selbst noch einmal bei Pegasus gewesen. Vermutlich war es seine eigene Nachlässigkeit. Nicht wahr, Gwyn?“
„Ganz bestimmt“, beeilte sich Gwyn zu sagen. „Ich hatte ihn ein wenig bewegen wollen, musste aber einsehen, dass das bei dem Wetter wenig sinnvoll war, und dabei habe ich wohl vergessen, ihn richtig festzubinden.“
„Ja, das Wetter“, sagte Sir Gore und schaute zum Himmel empor. „Man könnte meinen, Gott der Herr habe seine Himmelsschleusen geöffnet, um uns arme Sünder alle hinfort zu spülen.“ Er nieste zweimal laut hintereinander. „Lasst uns hineingehen, sonst holen wir uns noch den Tod.“
In der Eingangshalle wünschten Lancelot und Gwyn ihrem Gastgeber noch eine gute Nacht und stiegen dann die Treppe zu ihren Gemächern empor. Sir Lancelot sprach kein einziges Wort, aber Gwyn spürte, dass sein Herr außer sich vor Wut war. Und in der Tat, als er die Tür von Gwyns Zimmer geschlossen hatte, baute er sich zornig vor ihm auf.
„Nenne mir einen Grund, warum ich dich nicht auf der Stelle bestrafen soll! Mit deinem Benehmen verletzt du alle Gesetze der Gastfreundschaft!“
„Ich habe Licht im Turm gesehen.“
Lancelot verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Und das gibt dir das Recht, hier herumzuschnüffeln? Was verbirgst du hinter deinem Rücken?“
Gwyn seufzte und reichte ihm die Zange.
„Was hattest du damit vor?“
„Ich habe gehört, wie sich Mara und Sir Gore gestritten haben. Die beiden haben ein Geheimnis und ich glaube, es geht um…“ Weiter kam er nicht.
„Was du glaubst, interessiert mich nicht“, fuhr ihn Lancelot an. „Das einzige Geheimnis, das zwischen den beiden existiert, ist eines zwischen Mann und Frau. Und das geht uns nichts an. Hast du mich verstanden?“
„Ja“, antwortete Gwyn kleinlaut.
Lancelot hielt die Zange hoch. „Die bringst du auf der Stelle wieder zurück. Neugier ist eine Sache, Diebstahl eine ganz andere. Was glaubst du, was morgen mit den armen Teufeln aus dem Dorf passiert, wenn ihr Fehlen entdeckt wird.“
Gwyn nahm das Werkzeug wieder an sich und nickte. Ohne ein weiteres Wort drehte sich Lancelot um und ließ ihn stehen.
Der Plan
Der Regen begann nun, die Nerven aller Burgbewohner zu strapazieren. Es war der dritte Tag, den sie auf Chulmleigh Keep verbringen mussten, ohne dass eine Besserung in Sicht war. Die bleigrauen Wolken hingen schwer und dunkel über dem Land, sodass selbst bei Tag die Lampen entzündet werden mussten.
Es war um die Mittagszeit und Gwyn saß in der Halle bei einem Fenster. Er nutzte die Gelegenheit, um mithilfe von Sir Gores Büchern, die ihm ihr Gastgeber zur Verfügung gestellt hatte, an seinem Wörterbuch zu arbeiten, während Lancelot wie ein eingesperrtes Raubtier auf und ab lief. Immer wieder hielt er inne und schaute aus dem Fenster hinauf zum Himmel, um dann noch übellauniger seinen Weg fortzusetzen.
Schließlich gab Gwyn es auf. Er schlug die Bücher zu, rieb sich die Augen und erhob sich. Vielleicht würde er in seinem Zimmer mehr Ruhe
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