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Gwydion 03 - König Arturs Verrat

Titel: Gwydion 03 - König Arturs Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Lancelot mit erhobenem Kelch.
    Gwyn begann, den Entenbraten zu zerlegen, wobei er darauf achtete, Sir Gore das helle Brustfleisch zuzuteilen.
    „Ich sehe Eurer Abreise mit Bedauern entgegen“, sagte Sir Gore. „Es verirrt sich nur selten Besuch nach Chulmleigh. Vor zwei Monaten habe ich einen Mann beherbergt, der das königliche Spiel geradezu meisterhaft beherrschte. Vielleicht kennt Ihr ihn? Sein Name war Sir Urfin.“
    Gwyn ließ erschrocken das Besteck fallen. „Sir Urfin war hier?“, fragte er atemlos.
    „Oh, Ihr kennt ihn?“ Sir Gore hob überrascht die Augenbrauen.
    „Gwyn war sein Knappe, bevor er in meine Dienste trat“, erklärte Sir Lancelot.
    „Also war Urfin auch ein Ritter der Tafelrunde?“
    „Für eine sehr lange Zeit, ja“, antwortete Lancelot. Er schien auf einmal den Appetit verloren zu haben.
    „Ging es ihm gut?“, fragte Gwyn.
    „Er schien ein wenig verwahrlost, aber sonst erfreute er sich bester Gesundheit. Er war froh, für einige Tage ein Dach über dem Kopf zu haben. Ein beeindruckender Mann, dieser Urfin. Erkannte sofort den Wert meiner Sammlung. Selten habe ich einen beleseneren Mann kennen gelernt. Ich hätte ihn gerne in meine Dienste gestellt, aber er hat abgelehnt. Sagte, er sei nur auf der Durchreise.“
    „Hat er gesagt, wo er hinwill?“, fragte Lancelot scheinbar beiläufig.
    Sir Gore schüttelte den Kopf und wischte seinen Teller mit einem Stück Brot aus. „Er wirkte gehetzt. Ich weiß nicht, ob er vor jemandem auf der Flucht war oder etwas suchte. Vielleicht war es beides, ich kann es nicht sagen. Jedenfalls bat er um Erlaubnis, meine Bibliothek benutzen zu dürfen. Anhand der Bücher und Handschriften, die er las, vermute ich, dass er hinter dem Gral her war. Aber wer ist das heutzutage nicht.“
    Gwyn nahm sich noch ein Stück Ente. „Würde der Gral denn nicht gut in Eure Sammlung passen?“, fragte er harmlos.
    Sir Gore lachte. „Natürlich. Er wäre ihr Prunkstück. Das heißt, wenn es ihn tatsächlich gäbe.“
    Lancelot setzte überrascht seinen Becher ab. „Ihr glaubt nicht an seine Existenz?“
    Sir Gore zuckte abfällig mit den Schultern. „Er ist eine Legende, nichts weiter. Was denkt Ihr, wie oft mir Stücke vom echten Kreuz Christi angeboten wurden. Mit ihnen hätte ich ganz Chulmleigh Keep ein ganzes Jahr lang beheizen können. Wieso sollte ausgerechnet solch eine Reliquie den weiten Weg aus dem Morgenland hierher ins kalte Britannien gefunden haben? Glaubt mir, wenn es den Gral gäbe, hätte ich ihn schon längst.“
    „Würdet Ihr ihn denn erkennen, wenn Ihr den Gral in Händen hieltet?“, fragte Gwyn.
    „Das ist in der Tat die Frage. Aber gut, gehen wir einmal davon aus, dass es den Kelch des letzten Abendmahls tatsächlich gibt. Wie würde er aussehen?“
    „Vielleicht wie dieser Pokal, aus dem ich meinen Wein trinke?“, fragte Lancelot.
    „Aus Silber, vielleicht aus Gold? Womöglich mit Edelsteinen besetzt? Jesus war der Sohn eines Zimmermannes und bestimmt nicht reich, vergesst das nicht. Wenn er und seine Jünger gemeinsam aus einem Becher getrunken haben, dann war es einer aus Holz oder gebranntem Ton. Nein, er wäre sicherlich so unscheinbar, dass man seinen Wert nicht erkennen könnte.“
    Gwyn fiel wieder ein, was Merlin ihm über den Gral gesagt hatte. Es würde nichts nützen, in seinem Besitz zu sein, man benötigte das Buch des Joseph von Arimathäa, um ihn zu erkennen.
    „Versteht mich nicht falsch“, sagte Sir Gore. „Ich glaube, man sollte den Gral eher als ein Symbol für das Streben nach Vollkommenheit betrachten. Und dieses Streben nach Vollkommenheit ist fürwahr eine ritterliche Aufgabe, denn letzten Endes weiß man, dass sie nie zu erreichen ist.“
    „Ja, wahrscheinlich habt Ihr Recht“, sagte Sir Lancelot und schob den halb vollen Teller von sich weg. „Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich glaube, ich werde mich jetzt zurückziehen.“ Er stand auf und verneigte sich. „Sir Gore.“
    Bevor sein Gastgeber sich erheben konnte, hatte sich Lancelot umgedreht und war gegangen.
    „Aber was hat er denn?“, fragte Sir Gore verwundert. „Habe ich ihn irgendwie beleidigt?“
    „Nein“, antwortete Gwyn. „Aber vielleicht habt Ihr ihm gerade vor Augen geführt, dass er sein Leben womöglich der falschen Aufgabe gewidmet hat.“

 
    Im Vorhof der Hölle
     
     
     
    Es war so ein ungewöhnlicher Anblick, dass Gwyn einen Moment brauchte, bis er ihn vollständig erfasst hatte. Der Regen hatte

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