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Gwydion 03 - König Arturs Verrat

Titel: Gwydion 03 - König Arturs Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Steinhaufen markiert. Es kann nicht weit sein.“
    Er drehte sich um und schwang sich in den Sattel. Dann gab er Pegasus ein Zeichen, der sich daraufhin langsam in Bewegung setzte. Lancelot folgte ihm.
    Mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit setzte Gwyns Schimmel einen Huf vor den anderen, obwohl ihm das Wasser an manchen Stellen bis an den Bauch reichte. Dondar, der fast doppelt so schwer war, hatte ebenfalls keine Probleme bei der Flussüberquerung. Ohne erkennbare Angst durchpflügte das gewaltige Schlachtross den Fluss. Schließlich hatten sie das andere Ufer sicher erreicht, wenn auch mit nassen Stiefeln.
    Auf dieser Seite schien das Unterholz dichter zu sein. Sie mussten ein ganzes Stück in nördlicher Richtung reiten, bis sie im dornigen Strauchwerk eine Lücke fanden, die groß genug war, um die Pferde durchzulassen.
    In welche Richtung sollten sie sich wenden? Gwyn beschattete mit einer Hand seine Augen und schaute sich um. Jeder Weg konnte der richtige sein.
    Plötzlich stand ein Reh vor ihnen und schaute sie mit braunen Augen furchtlos an. Es war nicht sonderlich groß und hatte auf dem Rücken noch schemenhaft die charakteristischen Flecken eines Jungtieres. Das linke Geweih war abgebrochen oder von Natur aus verkümmert. Dafür wuchs das rechte wie ein Dorn senkrecht in die Höhe – fast wie bei einem Einhorn.
    Der Anblick berührte Gwyn auf seltsame Weise tief in seinem Herzen und bewegte ihn so sehr, dass er langsam aus seinem Sattel kletterte. Vorsichtig ging er einige Schritte auf das Tier zu. Es wich nicht zurück. Gwyn kniete nieder und streckte seine Hand aus. Da kam das Reh auf ihn zu und beschnupperte ihn.
    Freudestrahlend drehte sich Gwyn zu Lancelot um, der wie angewurzelt auf seinem Pferd saß und seinen Augen nicht zu trauen schien. Schließlich erwachte der Ritter aus seiner Erstarrung und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Gwyn legte einen Finger an die Lippen. Dann richtete er sich langsam auf.
    Das anmutige Tier drehte sich um und ging, blieb aber bei einer Buche stehen, als würde es auf ihn warten. Gwyn ergriff Pegasus’ Zügel und stieg auf.
    Sie folgten dem Reh durch einen dichten Wald, vorbei an umgestürzten Bäumen und schmalen Bachläufen. Dann stießen sie auf einen schmalen Pfad, der auf eine kleine, sonnenbeschienene Anhöhe führte, die von einer weit ausladenden Eiche beherrscht wurde. Unter dem Baum entdeckte Gwyn einen mit Moos bewachsenen Steinhaufen.
    Die Mücken tanzten im Licht der Sonnenstrahlen, die durch das grüne Blätterdach fielen. Bienen summten und die Vögel sangen, während irgendwo eine Quelle plätscherte. Gwyn hatte das Grab seiner Mutter gefunden.
    Er glitt von Pegasus’ Rücken und lief auf den Baum zu. Vor dem Steinhaufen sank er auf die Knie. Die Zeit stand still und für einen kurzen, magischen Moment fühlte er sich seiner Mutter so nahe wie nie zuvor in seinem Leben. Tränen liefen seine Wangen hinab. Hier an dieser Stelle schloss sich der Kreis. Seine Mutter hatte ihm das Leben geschenkt und war dabei gestorben. Er konnte sich nicht an sie erinnern, und dennoch hatte er das Gefühl, als würde sie neben ihm stehen und ihn mit ihren Armen umfangen.
    Endlich wusste Gwyn, dass er nicht alleine war.
    Lancelot stand neben ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. „Man mag von diesem Do Griflet halten, was man will, aber er schien deine Mutter wirklich geliebt zu haben, sonst hätte er nicht diesen Ort als letzte Ruhestätte ausgewählt.“ Er warf einen Blick auf das Reh, das in aller Seelenruhe abseits an einigen Grasbüscheln knabberte. „Merlin hatte Recht: Du bist wahrlich der Sohn des Einhorns.“
    Plötzlich schreckte das Tier hoch und spitzte die Ohren.
    „Was war das?“, fragte Gwyn erschrocken.
    Wieder dieses Geräusch. Das Reh zuckte zusammen und verschwand mit einem Satz in den Büschen.
    „Da unten“, zischte Lancelot und zog Gwyn hinter den Stamm der Eiche. Am Fuß der Anhöhe sahen sie einen Trupp von vielleicht zwanzig Reitern, die alle in Schwarz gekleidet waren und denen noch einmal doppelt so viele in einiger Entfernung folgten. Beim Anblick ihres Anführers befiel Gwyn eine tödliche Kälte. An seinem Sattel hatte er einen Schild befestigt, der den grünen Drachen zeigte.
    „Mordred!“ keuchte er. „Aber… Sir Gore hat doch gesagt, dass er sich weiter im Norden herumtreibt!“
    „Offensichtlich hat er sich geirrt. Verdammt, wir müssen ihn warnen.“
    Sie hörten hinter sich ein lautes Schnauben.

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