Gwydion 03 - König Arturs Verrat
schrecklichen Fehler begangen hat.“
„Und Agrippina?“, fragte Gwyn ängstlich.
„Sie ist immer noch im Turm. Ich kann nicht sagen, ob Mordred von ihr weiß. Sie wird ihm aber auch egal sein. Wahrscheinlich wird er sie dort oben verhungern lassen.“
„Nicht, wenn er erst einmal erfahren hat, wer sie in Wirklichkeit ist“, sagte Gwyn. „Wir müssen sie in jedem Fall befreien. Habt ihr euch denn nicht gefragt, warum sie Gore all die Jahre eingesperrt hat?“
„Nein“, antwortete Tom überrascht.
„Sie ist die Hüterin eines Geheimnisses, von dem unser aller Leben abhängt. Und außerdem ist sie die Schwester meiner Mutter.“
„Was…“ stammelte Tom.
„Gwyn, bist du verrückt geworden?“, entfuhr es Lancelot.
Gwyn funkelte Lancelot zornig an. „Wir sind auf die Hilfe dieser Menschen angewiesen! Wenn sie schon dabei sterben, sollen sie auch wissen, wofür! Es steht zu viel auf dem Spiel.“
Und so berichtete er Tom vom Heiligen Gral und der Lanze des Longinus, die von zwei Schwestern gehütet wurden, von denen eine seine Mutter war. Als er geendet hatte, sank Tom vor ihm auf die Knie.
„Ich wusste es! Also seid Ihr doch ein König. Größer und mächtiger als alle anderen, die jemals über Britannien geherrscht haben!“
„Um Himmels willen, steh auf!“, rief Gwyn und riss Tom auf die Beine. „Ich bin kein König, wie oft soll ich dir das noch sagen! Ich regiere weder über ein Reich noch befehlige ich ein Heer!“
„Aber Ihr führt!“, sagte Tom nachdrücklich. „Ihr stellt Euch in den Dienst einer höheren Sache und Ihr kämpft für sie. Ihr macht keinen Unterschied zwischen Arm und Reich. Ihr bemesst einen Menschen nach seinen Taten und nicht nach seiner Herkunft. Und Ihr nährt die Hoffnung auf bessere Zeiten. Sagt selbst, könnt Ihr Euch einen besseren Herrscher vorstellen als den, der nach diesen Maßstäben handelt?“
Gwyn wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
„Jeder hat seinen von Gott zugewiesenen Platz im Leben“, fuhr Tom fort. „Diese Verantwortung ist kein Geschenk, das man leichtfertig ausschlagen kann. Ein Mensch mit Euren Gaben hat die Pflicht, sich ihr zu stellen. Ihr müsst erkennen, was Eure Bestimmung ist.“
Gwyn suchte verunsichert Lancelots Blick, doch der schien durch ihn hindurchzuschauen. Schließlich wandte sich der Ritter Tom zu. „Wie können wir unentdeckt in die Burg eindringen?“
„Nur, indem Ihr Euch als Bauern verkleidet.“
„Dann werden wir keine Waffen mitnehmen können. Sie würden uns verraten.“ Gwyn seufzte.
„Wir werden euch morgen begleiten, damit wir uns selber ein Bild von der Lage machen können“, sagte Lancelot zu Tom. „Erst danach werden wir Agrippina befreien. Alles andere ist zu gefährlich.“
Die neue Herrin von Chulmleigh
Am anderen Morgen standen sie noch vor dem ersten Hahnenschrei auf.
Gwyn und Lancelot sattelten die Pferde und bereiteten alles für eine Flucht vor. Lancelot hatte darauf bestanden, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, und verlangt, Agrippina notfalls zurückzulassen. Gwyn musste schließlich zugeben, dass es unklug gewesen wäre, ein Scheitern des Befreiungsversuches nicht in Betracht zu ziehen, und stimmte schweren Herzens zu.
Tom hatte ihnen einige Kleidungsstücke gegeben, die sie gegen Camelots Waffenröcke eintauschten. Gwyn hatte keine Schwierigkeiten, etwas Passendes zu finden, aber Lancelot war so hochgewachsen, dass er in seinen Lumpen wie eine Vogelscheuche aussah. Sie trugen Kapuzen aus Wolle, die sie sich tief ins Gesicht zogen.
Als die Sonne über die Baumwipfel stieg, versammelten sich mit Ausnahme der Alten, die zu gebrechlich für die harte Arbeit waren, und der ganz kleinen Kinder Chulmleighs Bewohner auf der Dorfstraße. Tom gab ein Zeichen und gemeinsam marschierten sie, einer Sklavenprozession nicht unähnlich, mit gesenkten Häuptern los.
Das Tor der Burg war schwer bewacht. Einer nach dem anderen wurde von einem grimmig dreinschauenden Mann durchsucht, der auf seiner Brust Mordreds grünen Drachen trug. Er machte seine Arbeit sehr sorgfältig und war besonders bei den Frauen nicht zimperlich. Nach einer halben Stunde war Lancelot an der Reihe. Die Wache schaute ihn misstrauisch an, da er die anderen Bauern fast um Haupteslänge überragte, und tastete seinen Körper besonders gründlich ab. Lancelot ließ die erniedrigende Prozedur, ohne mit der Wimper zu zucken, über sich ergehen, dann ging auch er weiter.
Gwyn wurde ganz schlecht vor
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