Gwydion 03 - König Arturs Verrat
Jähzorn brüllte er mich an und verwüstete das Zelt.“ Rowan hob den Blick. „Dann schlug er mich. Und das war ein großer Fehler.“
„Und was hast du daraufhin getan?“, fragte Lancelot scharf.
„Ich habe das getan, was ich schon längst hätte tun sollen. Ich habe meine Sachen gepackt und bin gegangen.“
Gwyn und Lancelot sahen sich überrascht an.
„Vielleicht hätte ich mich nicht wie ein Dieb in der Nacht davonstehlen sollen, aber ich wollte niemanden sehen. Für mich war das Kapitel Camelot abgeschlossen.“ Rowan hielt inne. „Was ist? Was schaut ihr mich so an?“
„Nach dem Turnier hat jemand versucht, deinen Vater umzubringen“, sagte Gwyn tonlos. „Merlin ist es gelungen, sein Leben zu retten, aber seit diesem Tag ist Sir Kay ein gebrochener Mann, der mit niemandem mehr spricht.“
Rowans Gesicht wurde bleich. „Oh mein Gott!“
Lady Wenna holte tief Luft, sagte aber kein Wort.
„Jeder glaubt, dass du es warst“, sagte Gwyn zögernd.
Rowan sprang auf und stieß dabei gegen den Tisch, sodass sein Becher umkippte. „Was?“, keuchte er.
„Kein anderer kommt infrage“, sagte Lancelot kühl. „Sir Kay würde niemand den Rücken zukehren, dem er nicht vertraut.“
„Es kann genauso gut ein Ritter der Tafelrunde gewesen sein! Ich weiß, dass Ihr ihn alle gehasst habt!“, sagte Lady Wenna.
„Aber niemand von uns hatte die Gelegenheit dazu gehabt“, sagte Lancelot. „Nach dem Turnier waren wir alle die ganze Zeit zusammen.“
Rowan wandte sich an Gwyn und schaute ihn verzweifelt an. „Du musst mir glauben! Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun. Meine Mutter hat vollkommen Recht: Es gibt so viele Menschen, die meinen Vater liebend gern ins Jenseits befördert hätten.“
„Aber keiner von ihnen hatte die Gelegenheit dazu gehabt“, wiederholte Lancelot.
„Dann werde ich mit euch nach Camelot zurückkehren“, sagte Rowan bestimmt. „Dies ist eine schwere Anschuldigung, die ich aus der Welt räumen muss.“
Gwyn lächelte Rowan an. „Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.“
„Also glaubst du mir?“
„Ja, das tue ich.“
„Dann sollten wir keinen Moment zögern. Morgen reiten wir zurück.“
„Das wird nicht so schnell gehen“, sagte Gwyn. „Erst einmal muss Agrippina so weit genesen sein, dass sie längere Strecken alleine auf einem Pferd zurücklegen kann. Und dann ist da noch Mordred.“
„Ist er wieder aufgetaucht?“, fragte Lady Wenna bestürzt.
„Wenn es nur das wäre. Es ist ihm gelungen, Chulmleigh Keep zu erobern. Er hat nun die nötigen Mittel, eine Armee aufzustellen, gegen die Camelot nicht bestehen wird.“
„Dann sollten wir erst recht keine Zeit verlieren“, antwortete Rowan und sprang auf.
Gwyn packte ihn beim Arm und zog ihn wieder auf den Stuhl zurück. „Wie ich bereits sagte: Wir müssen warten, bis Agrippina wieder bei Kräften ist.“
„Aber warum ist diese Frau für dich so wichtig, abgesehen davon, dass sie deine Tante ist?“
„Weißt du, wie der Gral nach Britannien gekommen ist?“
„Natürlich. Joseph von Arimathäa hat ihn hierher gebracht. Du hast wohl vergessen, dass wir gemeinsam nach den fehlenden Seiten seines Buches gesucht haben.“
Gwyn überhörte den Tadel in Rowans Stimme. „Agrippina ist wie meine Mutter Valeria eine seiner direkten Nachfahren.“
Rowan brauchte einen Moment, bis er die Bedeutung dieser Worte verstanden hatte. „Soll das etwa heißen, dass auch du…?“
Gwyn nickte. „Valeria war die Gemahlin von Goon Desert, dem Herrn von Dinas Emrys.“
„Der Gralsburg im Wüsten Land?“, fragte Rowan, der sichtlich um Fassung rang.
„Vor vierzehn Jahren wurde Dinas Emrys von Mordred angegriffen. Vor dem Fall der Burg ist es meiner Mutter gelungen, den Gral in Sicherheit zu bringen.“
„Wo ist er?“
Gwyn lächelte dünn. „Das wissen wir nicht. Sie muss ihn irgendwo auf dem Weg zu ihrer Schwester nach Chulmleigh versteckt haben. Valeria war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger mit mir. Sie versteckte sich bei einer Bauernfamilie, den Griflets, und starb bei meiner Geburt.“
„Du behauptest also, dass du der Sohn von Goon Desert und seiner Frau Valeria bist?“, fragte Lady Wenna. Sie schien die Tragweite dieser Nachricht langsam zu begreifen.
„Es ist die Wahrheit“, beteuerte Gwyn.
„Ich verstehe immer noch nicht, was das zu bedeuten hat“, sagte Rowan verwirrt.
„Das bedeutet, dass dein Freund der erstgeborene Sohn des letzten Gralshüters ist. Verstehst du nicht?
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