Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
suchte.
    Der Hass der Sachsen gegen die einstmaligen Besatzer drückte sich in einem weiteren, nur scheinbar kuriosen Umstand aus: Statt die weniger beschädigten römischen Häuser zu reparieren, hatte man sie als Steinbrüche benutzt, um in direkter Nachbarschaft schäbige Unterkünfte zu errichten, die nun ihrerseits vor Jahren aufgegeben worden waren.
    „Hier hat schon lange kein Mensch mehr gelebt“, sagte Gwyn leise, als könnte seine Stimme schlafende Geister wecken. Langsam nahm er die Decke von seinen Schultern, wickelte das Schwert aus und legte es an. Die anderen taten es ihm gleich. Katlyn schaute sich um, als versuchte sie die Szenerie mit den Bildern ihrer bruchstückhaften Erinnerung in Einklang zu bringen.
    „Da lang“, sagte sie schließlich und zeigte auf einen kleinen Platz, der vor ihnen lag und einst die Kreuzung zweier wichtiger Hauptverkehrswege gewesen sein musste. Ihre Schritte hallten von den Hauswänden wider, deren dunkle Fenster und Türen leichenhaften Augen und Mündern einer toten Stadt glichen. Vor einem rußgeschwärzten zweistöckigen Haus, dessen Dachstuhl halb eingestürzt war, blieben sie stehen. Tränen stiegen Katlyn in die Augen und Gwyn wusste mit einem Mal, dass sie vor dem Haus ihrer Familie standen.
    Mit vorsichtigen Schritten stiegen sie über die Haustür, die aus den Angeln gerissen am Boden lag. Die hölzerne Stiege, die einst in das Obergeschoss geführt haben musste, war den Flammen zum Opfer gefallen, die hier gewütet hatten. Katlyn legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf.
    „Dort oben habe ich geschlafen“, sagte sie. Vorsichtig balancierte sie über einen halb verrotteten Balken. Sie warf einen Blick in einen Raum, der der zertrümmerten Feuerstelle nach zu urteilen die Küche gewesen sein musste. Eine zweite Tür führte zu einem Atrium, in dem noch die Reste eines Gartens zu erkennen waren. In seiner Mitte stand ein Kirschbaum. Katlyn eilte auf ihn zu und untersuchte mit tastenden Fingern die Rinde. Als sie nicht fand, wonach sie suchte, erfasste sie Panik.
    „Ich weiß noch, es war der letzte Sommer gewesen, den wir hier verbrachten, da hat mich mein Vater an diesen Baum gestellt, um mit einem Messer meine Größe zu markieren“, rief sie und umkreiste hektisch den Stamm ein ums andere Mal. „Doch ich finde die Stelle nicht mehr! Die Kerbe ist nicht mehr da! Das einzige Andenken an meinen Vater ist verschwunden!“
    Da trat Gwyn vor und strich nun seinerseits mit der Hand über die Rinde. „Wie lange, sagst du, ist es her?“
    „Zehn Jahre“, schluchzte Katlyn wütend. „Zehn verdammte Jahre.“
    Gwyn dachte nach. „Vielleicht suchst du an der falschen Stelle.“ Er machte einen Schritt zurück. „Da!“, rief er schließlich und lächelte. Gwyn zeigte auf eine Vertiefung, die eine halbe Armlänge über Katlyns Kopf in den Stamm geritzt worden war. Daneben waren einige unleserliche Zahlen zu sehen. „Der Baum ist gewachsen“, sagte Gwyn. „Und zwar schneller als du.“
    Plötzlich hörten sie ein durchdringendes, beinahe wölfisches Heulen, das nicht nur Gwyn durch Mark und Bein ging.
    Lancelot zog sein Schwert. „Wir sollten sehen, dass wir von hier verschwinden“, sagte er. „Die Hunde haben bestimmt seit einiger Zeit keine vernünftige Mahlzeit gehabt.
    Und wenn sie sich erst einmal zu einem Rudel zusammengefunden haben, werden sie sehr schnell ihre Scheu vor uns verlieren.“
    „Was schlagt Ihr vor?“, fragte Rowan.
    „Wir suchen uns ein Haus. Dort werden wir unser Lager errichten und überlegen, was zu tun ist. Wenn der Abend hereinbricht, werden wir den Tieren gegenüber im Nachteil sein.“
    Vor allem, weil unser bester Kämpfer den Feind dann nicht mehr sehen wird, dachte Gwyn. „Ein weiser Vorschlag. Lasst uns aufbrechen“, sagte er.
    Der Vorschlag war indes schwerer in die Tat umzusetzen, als sie erhofft hatten. Londinium schien außer wilden Tieren niemandem mehr eine sichere Heimstatt bieten zu können. Das Geheul kam immer näher und umzingelte sie.
    „Sie kreisen uns ein“, stellte Gwyn fest. Er hatte als Schweinehirte einige Male mit Wölfen zu tun gehabt und wusste, wie sie vorgingen, um Beute zu machen. „Irgendwann werden sie einen ihrer Artgenossen vorschicken, um die Stärke des Gegners zu testen.“ Er steckte sein Schwert wieder weg.
    „Was tust du da?“, fragte Rowan nervös.
    Muriel lächelte grimmig. „Gwyn versucht, uns die Tiere vom Leib zu halten. Ist es nicht so?“
    Er nahm den Lederriemen,

Weitere Kostenlose Bücher