Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
allem dann, wenn der Text seiner Beurteilung kurz und nichtssagend ist wie: »Du solltest dich bemühen, noch sorgfältiger zu arbeiten!«
Falls Ihnen dazu der Mut fehlt, fragen Sie sich zum Beispiel, ob Sie einen Strafzettel mit der lapidaren Begründung »Sie haben Verkehrsregeln übertreten« akzeptieren würden. Ganz bestimmt nicht! Sie wollen genau wissen, wofür Sie bezahlen müssen.
Lassen Sie sich also bitte nicht mit Allgemeinplätzen abspeisen! Signalisieren Sie dem Lehrer, dass Sie nicht seine Benotungskompetenz anzweifeln, sondern lediglich genau wissen möchten, wo die Probleme in dieser speziellen Arbeit Ihres Kindes liegen, was gut an der Arbeit war und was nicht. Sinnvollerweise ist bei diesem Termin Ihr Kind dabei. Oder wollen Sie »Stille Post« spielen, mit der Gefahr, dass manche Informationen nicht so ankommen, wie sie ursprünglich vom Deutschlehrer gemeint waren?
Vielleicht können Sie ihm auch vorschlagen, dass Ihr Kind bei der nächsten Arbeit nur die linke Seite des Papierbogens beschreibt. Auf der rechten Seite kann der Lehrer dann seine Anmerkungen machen, die sich direkt auf das Geschriebene beziehen. So muss er sich nicht auf allzu kurze Erläuterungen oder wenig aussagekräftige Abkürzungen (wie zum Beispiel »G« für einen Grammatikfehler) beschränken – womöglich noch an den schmalen Heft- oder Blattrand gekritzelt. Ein Vorschlag, der Mehrarbeit für den Lehrer bedeutet, keine Frage. Aber wenn Sie ihn mit dem Hinweis darum bitten, dass Ihr Kind von einer solchen Korrektur deutlich mehr profitiert und dadurch einen ähnlichen Fehler in Zukunft eher vermeiden kann, wird er nicht Nein sagen.Natürlich können Sie nach einer verhauenen Klassenarbeit mit Schuldzuweisungen arbeiten und dabei in einem Aufwasch auch noch eine gepflegte Beziehungsdiskussion in Gang setzen, in der Sie beispielsweise Ihrem Partner vorwerfen, sich bei der Vorbereitung der Klassenarbeiten zu wenig engagiert oder gar ausgeklinkt zu haben. Sie können wie hypnotisiert auf die Probleme starren, sie hin und her wälzen und bis ins Kleinste zu analysieren versuchen – in der Hoffnung, mit der genauen Erklärung auch die Lösung des Problems zu finden. Sie können daraus aber auch einfach nur folgern: Auf diese Weise klappt es offensichtlich nicht. Wenn es so nicht funktioniert, muss man es anders machen. (Umgekehrt formuliert: Wenn Ihr Kind nach längerer Durststrecke plötzlich eine gute Note geschrieben hat, finden Sie heraus, was bei seinen Vorbereitungen anders war als bisher. Hat es sich anders vorbereitet, gelernt, recherchiert? … Wenn ja, dann zeigt sich doch, dass dieser Arbeitsstil erfolgreich war – und auch in Zukunft eingesetzt werden sollte.)
Gehen Sie kleinschrittig vor: Fragen Sie zuerst einmal Ihr Kind, wo seiner Meinung nach die Ursache für die verkorkste Arbeit liegen könnte. Manchmal kommt man auf diese Art zu ganz überraschenden Erkenntnissen: Der Vierzehnjährige, der hin und wieder doch etwas erziehungsresistent zu sein scheint, erklärt vielleicht plötzlich: »Blöd gelaufen, ich glaube, ich hab da einfach zu wenig gelernt.« Machen Sie in diesem Fall kein Theater, sondern warten Sie die nächste Arbeit ab, denn Sie wissen ja: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.
Machen Sie Ihrem Kind aber klar, dass Sie grundsätzlich jede Arbeit sehen wollen. Dadurch vermeiden Sie, dass Sie kurz vor dem Zeugnistag aus allen Wolken fallen, weil Sie keine Ahnung hatten, wie es um seine Noten wirklich steht. Es geht hier nicht um Misstrauen Ihrem Kind gegenüber, sondern darum, dass Sie als Eltern die Chance haben, entsprechend einzugreifen und gegenzusteuern – und zwar so rechtzeitig, dass Sie sich in Ruhe nach jemandem umsehenkönnen, der Ihr Kind fundiert auf die nächste Klassenarbeit vorbereitet (siehe auch das Kapitel: Nachhilfe).
Und falls Sie über eine schlechte Note einfach untröstlich sein sollten, dann stellen Sie sich auf einer Skala von 1 bis 10 vor, welche Desaster Ihrem Kind zustoßen könnten und wo Sie (im Vergleich dazu) die schlechte Note in der Klassenarbeit einordnen würden. In vielen Fällen sieht nach dieser kurzen Betrachtung die Welt schon wieder ganz anders aus.
■ Mentales Rüstzeug
Wenn Sie zum Beispiel beim Mittagessen auf die Frage »Na, schmeckt‘s?« in lauter betretene Gesichter schauen, ist Ihnen relativ schnell klar, dass irgendwas schiefgelaufen ist. Sie könnten sich dafür eigentlich gleich eine virtuelle Fünf geben.
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