Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
Und wenn Sie keine ausgesprochene Frohnatur sind, die alles ganz locker sieht, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie die nächsten Male mit leichtem Horror in der Küche stehen. Die negative Stimmung lähmt Ihr Können.
Genauso ergeht es Ihrem Kind! Die schlechte Note in der Klassenarbeit sollte im besten Fall ein Warnschuss sein und signalisieren, dass zu wenig oder das Falsche gelernt wurde. Das wäre die richtige Deutung des Signals. Keinesfalls sollte es überinterpretiert werden und dann dazu führen, dass Ihr Kind massive Ängste entwickelt und fälschlicherweise denkt, grundsätzlich unfähig zu sein.
Sie können Ihrem Kind bei der richtigen Einordnung der Note helfen, indem Sie Folgendes beherzigen:
Bei einer schlechten Note das Wort »Fehler« oder »Misserfolg« erst gar nicht in den Mund nehmen;
Rückschläge stets distanziert und sachlich verbuchen. Machen Sie also nicht noch den zusätzlichen »Fehler« und sehen Ihr Kind als Versager;
Rückschläge als wichtiges Feedback nutzen, das besagt: »Mach es anders, denn so funktioniert es nicht!«
Ängste verringern sich, wenn Ihr Kind erfährt, wie es sich durch eigenes Zutun erfolgreich stabilisieren kann. Denn das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hilft aus der lähmenden Angstfalle heraus: »Florian hat in der ersten Englischarbeit in diesem Schuljahr gleich eine Fünf geschrieben«, gibt eine Mutter zu, »und dann erst mal alles Lernen eingestellt. Die Englischlehrerin hat ihm aber angeboten, dass er ein Referat über sein Hobby Aikido macht – auf Englisch natürlich! Das hat dann richtig gut geklappt, und ich habe nun das Gefühl, er traut sich mehr zu.«
Sollte kein engagierter Lehrer Ihr Kind auf diese Weise aktivieren, müssen Sie es selbst tun. Dazu sollte Ihr Kind größtenteils eigene Vorschläge machen, schließlich muss es danach auch die Hauptarbeit leisten. Zum Beispiel schlägt Nadja vor, dass sie zusätzlich jeden Tag eine Seite aus dem Englischbuch abschreibt und übersetzt. Dafür möchte sie dann am Samstag Nachmittag mit ihren Freundinnen ins Kino gehen dürfen.
Bevor Sie sich jetzt vielleicht darüber aufregen, dass Sie Ihr Kind für etwas belohnen sollen, was für Sie als selbstverständlich gilt, denken Sie lieber daran, wie viele unangenehme Dinge Sie nur deshalb machen, weil Sie dafür eine Belohnung bekommen. Wer quält sich beispielsweise denn schon freiwillig durch eine Diät, wenn nicht anschließend ein Einkaufsbummel lockt?
»Lieber ist mir ein aufgebrachtes Kind als ein heulendes Häufchen Elend«, sagt eine Mutter. »Rafaela hat sich wahnsinnig geärgert über die vielen Fehler, die sie in der Arbeit gemacht hat. Aber ich kenne meine Tochter: Sie braucht diese Wut. Mich würde es nicht wundern, wenn sie sich auf die nächste Arbeit doppelt und dreifach vorbereitet.«
Völlig verkehrt wäre es, wenn Eltern – aus falsch verstandener Toleranz heraus oder weil sie Angst vor Konflikten haben– ihrem Kind versichern würden, dass sie mit der schlechten Note überhaupt kein Problem haben. Aus welchem Grund sollte es sich dann bei der nächsten Arbeit überhaupt noch anstrengen? Ihr Kind kann über das schlechte Resultat einer Klassenarbeit durchaus beunruhigt sein, denn dadurch steigt seine Leistungsbereitschaft. Nur, wie schafft man es, dass genau das exakte Maß an Beunruhigung eintritt, das die Lernbereitschaft fördert, nicht aber eine lähmende Angst hervorruft, die in Passivität mündet?
»Wir haben Jenny erklärt, dass sich ihr Lernverhalten in Englisch dringend und radikal ändern muss, wenn sie die nächsten Jahre in derselben Klasse wie ihre Freundinnen sein will«, berichtet ein Vater. »Und ihr gesagt, dass sie das auch schafft, genauso wie Lisa, Marlen und Vivian. Jenny ist dadurch erst richtig klar geworden, dass eine Sechs in Englisch Sitzenbleiben bedeutet – und damit eine fremde Klasse ohne ihre Busenfreundinnen.« Jetzt liegt es an Jenny selbst, etwas zu unternehmen. Sie ist der Situation nicht hilflos ausgeliefert, sie kann handeln.
► Seien Sie vorsichtig mit dem, was Sie vor Ihrem Kind über die Schule sagen.
Es ist ganz normal, dass sich Eltern ab und zu über die Schule im Allgemeinen und über Lehrer im Besonderen aufregen. Unterlassen Sie aber alles, was Ihrem Kind eine negative Einstellung gegenüber der Schule signalisiert. Denn damit fördern Sie die Lernbereitschaft Ihres Kindes gerade nicht. Schlucken Sie also lieber Ihren Ärger hinunter oder schließen Sie
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