Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
dagegen gilt die gute Arbeit häufiger als Zufallsprodukt und wird nicht darauf zurückgeführt, dass sich der Schüler besonders angestrengt hat. Subjektive Einflüsse gibt es also auch in vermeintlich objektiven Fächern wie Mathematik.
Wenn bereits eine objektive Festlegung von Noten so schwierig ist, wie sieht es dann erst mit der Vergleichbarkeit aus? Entspricht die Zwei, die ein Kind im Gymnasium Nord erwirbt, der Zwei, die der Nachbarjunge im Gymnasium Süd bekommt? Vermutlich nicht! Annähernd gerechte und vergleichbare Noten gibt es wohl nur durch zentrale Prüfungen, bei denen allen Schülern eines bestimmten Jahrgangs die gleichen Aufgaben und die gleiche Arbeitszeit zur Verfügung stehen und bei denen die Note durch eine Erst- und Zweitkorrektur ermittelt wird. Voraussetzung dafür wäre natürlich, dass alle Schüler exakt die gleichen Lerninhalte vermittelt bekommen.
Aber: Wollen wir das wirklich? Dass die Schüler das ganze Jahr hindurch auf diese eine Prüfung lernen? Dass Unterricht sich nicht mehr an den Interessen der Schüler orientieren kann (doch, das gibt es auch!)? Dass prüfungsrelevante Themen eingepaukt werden, während andere Bereiche unter den Tisch fallen, die vielleicht genauso wichtig sind, aber nicht so gut geprüft werden können?
Das Zentralabitur in vielen Bundesländern verläuft nach diesem Schema. Das ist sicherlich auch deshalb schon sinnvoll, weil die Abiturnoten für Numerus-clausus-Fächer entscheidendsind und deshalb auch miteinander vergleichbar sein müssen. Ähnlich verhält es sich auch bei den zentralen Klassenarbeiten in der zehnten Klasse in Baden-Württemberg und den sogenannten Vergleichsarbeiten, zum Beispiel in Klasse 8, die es in verschiedenen Bundesländern gibt.
Natürlich wissen auch die Lehrer, dass die Notengebung erhebliche Probleme mit den Eltern mit sich bringen kann – und finden unterschiedliche Wege, um mit diesem vorprogrammierten Streitpunkt umzugehen:
Da gibt es beispielsweise jenen Lehrer, der auch noch die kleinste Lautäußerung eines Schülers akribisch benotet, vorsichtshalber mit Datum und Uhrzeit, »um auf der sicheren Seite zu sein, juristisch wenigstens«, wie er sagt. Oder den Lehrer, der lieber keine schlechten Noten gibt, wenn es sich irgendwie machen lässt, weil er dadurch den Ärger mit Schülern und Eltern minimiert. Pech, wenn im nächsten Schuljahr dann ein Lehrerwechsel ansteht und beispielsweise aus der glanzvollen Eins plötzlich eine realistische Drei wird.
Oder den Rechenkünstler unter den Lehrern, der die Noten der letzten Arbeiten im Schuljahr so vergibt, dass eindeutige Endnoten für das Zeugnis herauskommen. Dadurch lassen sich Diskussionen mit Schülern oder Eltern vermeiden. Und dann gibt es auch noch den ganz Umsichtigen, der sich vorsichtshalber nach der letztjährigen Zeugnisnote erkundigt, denn er will keine böse Überraschung erleben, wenn er dem Schüler, der immer auf einer Zwei stand, jetzt eine Vier gibt. Den Stress mit empörten Eltern kann ich mir schenken, denkt er und errechnet dann – zum Beispiel mit Hilfe der mündlichen Note – eine grundsolide Drei.
■ Glücklicher leben ohne Noten?
Wozu gibt es dann überhaupt noch Noten?, fragen Sie jetzt vielleicht und erinnern sich, von Schulen gelesen zu haben, die ohne Noten auskommen wollen. Oder Ihnen fällt derSchulbericht aus der Grundschulzeit Ihres Kindes ein, der in wohlgesetzten Worten Auskunft über seine Leistungen gab. Aber vielleicht erinnern Sie sich in diesem Zusammenhang auch noch daran, wie Sie manche Formulierung zu interpretieren versuchten, wie beispielsweise: »Lars gibt sich viel Mühe und beherrscht den Zahlenraum bis 20.«
Dazu weiß eine Lehrerin zu berichten: »Die Eltern rufen mich an und wollen wissen: eins, zwei oder drei? In den meisten Fällen ist das die vordringlichste Frage zu einem Zeugnis.« Schüler selbst reagieren übrigens genauso: Die Information »Du hast gut gearbeitet« oder »Deine Antworten gehen zu wenig auf die Fragestellung ein« wollen sie in den meisten Fällen sofort in eine Note übersetzt haben. Wir alle brauchen konkrete Maßstäbe, an denen wir uns orientieren und die uns als Vergleich dienen können. Folglich müssen wir Noten akzeptieren, auch schlechte, so schwer uns das manchmal fällt.
Damit aber daraus nicht die ganz große Familienkrise erwächst, sollten Sie zwei wichtige Dinge beherzigen:
Sie kümmern sich konsequent um den Leistungsstand Ihres Kindes, haben einen Überblick
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