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Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern

Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern

Titel: Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann , Klaus Fritz
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und meint, sie sollten nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen   –, da klingelte es zur nächsten Unterrichtsstunde. Daraufhin meinte dieser Lehrer, es sei nett gewesen, so eine verständnisvolle Mutter kennengelernt zu haben; das sei heutzutage so ziemlich die Ausnahme, und wenn es noch irgendwelche Schwierigkeiten gäbe, dann solleich einfach wieder in seine Sprechstunde kommen.« Und sie hat sogar den Verdacht, dass der Lehrer sein Lamento ganz bewusst eingesetzt hat, um ihr damit den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    Sollten Sie zum Beispiel einen Termin beim Englischlehrer haben, weil Sie sich darüber beschweren wollen, dass die Klassenarbeiten erst nach vier, fünf Wochen korrigiert zurückgegeben werden, dann können Sie natürlich gleich zu Beginn Ihr ehrliches Bedauern darüber äußern, dass die Arbeitsbelastung von Lehrern gewachsen sei. Machen Sie aber danach unmissverständlich klar, dass Sie auf einer zeitlich angemessenen Rückgabe von Klassenarbeiten bestehen   – andernfalls verpufft bei Schülern nämlich jeglicher Lerneffekt. Und das ist nicht hinnehmbar.

■ Mündlicheund schriftliche Leistungserhebung
    »Mit Anja bin ich recht zufrieden«, versucht die Deutschlehrerin eine aufgeregte Mutter zu beruhigen. »Sie macht ihre Hausaufgaben, beteiligt sich am Unterricht, interessiert sich für Literatur, liest gern, schreibt auch selbst, wie sie mir erzählt   … Ich sehe also kein Problem.«
    Kurzes Durchatmen der Mutter, dann die entscheidende Frage: »Und welche Note gibt das im Zeugnis?«
    Die Frage bringt es auf den Punkt. Denn, wie in diesem Fall, Interesse an Literatur zu zeigen, eigene literarische Versuche zu unternehmen, das ist alles schön und gut, aber letztendlich (und das weiß auch Anjas Mutter) ist nur eines entscheidend: eine gute Note nämlich. Und die gibt es eben nur dann, wenn ein Schüler genau die Anforderungen erfüllt, welche die Schule an ihn stellt. Und (leider noch) nicht dafür, dass jemand wie Anja selbstständig Interessen entwickelt und diesen nachgeht. (Eine Ausnahme stellt hier beispielsweise die GFS [= Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen] in Baden-Württemberg dar; hier wird versucht, Schülerinteressen in den Unterricht zu integrieren.)
    Auch wenn sich Ihnen der Sinn dessen, was Ihr Kind in der Schule lernt, nicht immer erschließt, so dürfen Sie doch getrost davon ausgehen, dass es in seinem späteren Leben vieles davon brauchen kann. Trotzdem gibt es daneben auch jede Menge Lernstoff, den Schüler sich nur aus einem einzigen Grund aneignen: der Noten wegen.
    Auch wenn Sie sich darüber ärgern, sollten Sie versuchen, Unabänderliches einfach zu akzeptieren und   – wenn irgendmöglich   – das Beste daraus zu machen. Denn Ihnen ist klar: Wenn sich Ihr Kind später um eine Lehrstelle oder einen Studienplatz bewirbt, zählen sein Engagement im Unterricht und sein Interesse an bestimmten Themen nur dann, wenn auch die harten Fakten stimmen. Und das sind nun mal die Noten.
    Also regen Sie sich besser nicht darüber auf, wenn sich Ihr Kind beispielsweise im Gemeinschaftskundeunterricht mit der Auszählung der Bundestagsmandate nach Hare-Niemeyer beschäftigen muss   – und halten Sie sich vor allem mit Äußerungen zurück wie: »Wozu soll denn das gut sein? Das wird doch eh mit dem Computer gemacht!« (Darauf kommt ein aufgewecktes Kind auch von selbst.) Sehen Sie es stattdessen positiv: Ihr Kind lernt etwas dazu. Und es braucht dieses Wissen, um in der nächsten Klassenarbeit gut abzuschneiden.
    Die Erfahrung, dass Leistung nur dann als echte Leistung anerkannt wird, wenn sie sich im oberen Notenbereich abspielt, hat jeder schon gemacht. Diesen Umstand kann man ebenfalls beklagen und sich dafür alternative Bewertungsmodelle oder Kompetenzraster ausdenken, aber Tatsache bleibt: Leistungen werden nicht nur eingefordert, sie werden auch bewertet, nämlich durch den Vergleich mit anderen.
    Und   – ganz ehrlich: Machen Sie das nicht auch laufend? Indem Sie beispielsweise nach aussagefähigen Gütesiegeln auf Lebensmitteln schauen und sich an verschiedenen Rankings orientieren: die besten Rechtsanwälte, die besten Schulen, die besten Ärzte   … Sicherlich kann eine solche Bewertung auch eine Hilfe bei der Entscheidungsfindung sein. Und doch bleibt die wichtige Frage: Wird dieser Vergleich der Leistung des Einzelnen tatsächlich auch gerecht?
    Erfahrungsgemäß haben Eltern immer dann recht wenig gegen einen Leistungsvergleich

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