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Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern

Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern

Titel: Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann , Klaus Fritz
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für nötig hält, seine zehnjährigen Schüler schon jetzt auf das Turboabitur vorzubereiten.
    Diese Liste lässt sich problemlos erweitern   – wenngleich es auch immer wieder vorkommt, dass jemand von einem richtig kompetenten Lehrer aus seiner eigenen Schulzeit erzählt, der wie geschaffen war für diesen Job. Vielleicht ist das die typische Verklärung, die manchen ereilt, wenn er an die eigene Jugend zurückdenkt oder seine Erinnerungen gar mit dem T V-Film ›Unser Lehrer Doktor Specht‹ vermischt, der ja einen Pädagogen wie aus dem Lehrbuch abgibt. Seit September 2008 gibt es in der ARD eine neue Lehrer-Soap mit dem Titel ›Die Stein‹, worin der Heldin, die mit ihrem komplizierten Privatleben bereits einen Fulltimejob hat, so ganz nebenbei wahre pädagogische Wunder gelingen.
    Die Wirklichkeit sieht   – wie so oft   – ganz anders aus, denn der angehende Lehrernachwuchs von heute hat definitiv andere Sorgen:
    »Hallo, ich zweifle gerade an meiner Entscheidung, Sport und Deutsch auf Lehramt zu studieren«, schreibt eine junge Frau. »Der Beruf Lehrer war früher immer sowas total sicheres, vor allem wegen ›Beamte auf Lebenszeit‹   … aber das ist ja nicht mehr. Außerdem scheint ja in Sachen Bildung einiges an Reformen ins Haus zu stehen, was den Status des Lehrers vielleicht nochmal verschlechtert. Was meint ihr, macht es überhaupt Sinn jetzt im Moment ein Lehramt Studium zu beginnen? Grüßle, Zelina.« 21
    Wer das liest, ist vielleicht versucht, der jungen Dame zu antworten, sie solle doch bitte die Finger vom Lehrerberuf lassen, nicht nur, weil sie in Rechtschreibung und Stil arg schwächelt (obwohl sie das spätestens nach zehn Berufsjahren gelernt haben wird, und wer weiß, vielleicht kommt ihr ja die nächste Rechtschreibreform entgegen?), sondern weil sie allem Anschein nach nur einen krisensicheren Beamtenjob sucht. 22
    Für sie gilt jedenfalls nicht unbedingt, dass Beruf eben doch noch immer etwas mit Berufung zu tun haben sollte   – und der Lehrerberuf ganz besonders, »weil man da mit Menschen zu tun hat«, wie es immer so schön heißt. Doch auch der Arzt, der Friseur, die Verkäuferin, alle haben mit Menschen zu tun, und trotzdem ist es fraglich, ob sie alle ihre Berufswahl durchweg als Berufung gesehen haben.
    Wahrscheinlicher ist, dass sich die Berufswahl in vielen Fällen eben so ergibt, sei es durch Abschlussnoten, durch den Einfluss von Eltern oder Freunden und viele andere Faktoren. Das muss nicht unbedingt schlecht sein! Dennoch sollte in allen Diskussionen über fähige oder weniger fähige Lehrer der virtuelle Korb der Anforderungen etwas niedriger gehängt werden. Außerdem: Fühlt sich jemand tatsächlich für den Lehrerjob berufen, heißt das nicht automatisch, dass er dann in der Praxis auch wirklich einen guten Unterricht macht.
    Nach einer repräsentativen Umfrage bescheinigen 64   Prozent der Befragten, dass Lehrer gute oder sogar sehr gute Arbeit leisten. Nur 25   Prozent bemängeln eine »weniger gute« oder »schlechte« Leistung. Übrigens muss auch »Spickmich« nicht unbedingt eine Abrechnung sein, denn 56   Prozent der verteilten Noten sind Einser und Zweier. Im Schnitt haben Lehrerinnen die Note 2,7 bekommen, ihre männlichen Kollegen die 2,9. 23

■ Biotop Lehrerzimmer
    Was einem von mancher Homepage einer Schule fröhlich lachend als das nette Lehrerkollegium entgegenwinkt, ist in vielen Fällen genauso bildschirmkompatibel hindrapiert wie das selige Einvernehmen, das zum Beispiel Politiker einer Parteienkoalitionnach außen hin demonstrieren. Wen wundert es also: In der Schule gibt es   – wie in jeder anderen »Firma« auch   – unter den Kollegen Klatsch und Tratsch, Neid, Eifersüchteleien und Schikane bis hin zum Mobbing in allen menschenverachtenden Varianten und Abstufungen. Dazu schreibt ein Lehrer im Lehrer-Blog ›Die Anstalt‹:
    »Im Vergleich zu Wirtschaft und Verwaltung sind am Mobbing gegen Lehrer zu 95   Prozent deren Vorgesetzte, die Schulleiter(innen), beteiligt oder gar die Hauptakteure, während es im allgemeinen Berufsleben um die 35   Prozent sind. Gerade die Verlagerung von Zuständigkeiten in den Verantwortungsbereich des Schulleiters hat noch zu einer Verschärfung der Situation geführt.« 24
    Das kann sich dann in der Praxis so darstellen: Ein Schulleiter, der einen verbeamteten Lehrer   – aus welchen Gründen auch immer   – loswerden möchte, kann ihm nicht kündigen. Also wird er ihn so lange

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