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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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interessierte: Nahrung für ihn, die sich im Inneren des Schuhs befand, ein Pulver aus leicht fermentierten Pflanzenrückständen. Unsere alte Freundin Lou, die Ethnobotanikerin, hat diese Rückstände analysiert und als pulverisierte Rinde des Albizia bestimmt.
    Zu Deiner Erleuchtung (und zu meiner), der Albizia ist ein Baum, er wird auch »Seidenbaum« genannt oder »Schlafbaum«. Seine Früchte sind geformt wie Schoten, und in gewisser Weise ähnelt er der Mimose. Seine Rinde enthält - immer noch Lou zufolge - Substanzen, die denen der Seife ähnlich sind. Stammt dieses Pulver von der Müllhalde? Füllte unser Mann das Pulver aus hygienischen Gründen in seine Schuhsohlen? Ist das ein in Indonesien verbreiteter Brauch?
    Ich habe auch Spuren von anderen Substanzen in seinen Schuhen, genauer gesagt in den Sohlen gefunden. Hier gibt es Ptomain oder etwas Ähnliches. Das könnte aber auch von einem auf der Müllhalde verendeten Tier stammen.
    Ich untersuche jetzt den Stoff, mit dem Mahakams Sessel bezogen war. Natürlich werde ich Dich so schnell wie möglich informieren, aber zunächst muss ich eine andere dringende Arbeit für Dame Pottier erledigen.
    Stopfe Dich nicht mit zu scharf gewürzten Gerichten voll, das Magengeschwür liegt bereits auf der Lauer. Mir geht es, dem Himmel sei Dank, gut.
    Lucrèce
    PS: Nessoshemd, sagt Dir das etwas?
 
    Lucrèce sprach von Substanzen, die Sénéchal völlig unbekannt waren. Ptomain? War das eine Droge? Wie Kokain oder Heroin? Von einem toten Tier? Und das Nessoshemd, Lucrèces neuestes Rätsel ... Der Umweltinspektor kramte in seinem Gedächtnis. Nessos, irgendetwas Mythologisches, das mit Herakles zu tun hatte, mit den zwölf Arbeiten. Mal sehen ... Bestand da ein Zusammenhang mit den Chimären?
    Schließlich wandte er sich seinem Laptop zu und schrieb eine Mail an Lucrèce, die mit folgenden Worten endete:
 
    ... und ich habe die Nase voll von Deinen Rätseln. Vergiss nicht, dass diese Ermittlungen absolute Priorität genießen, und setze nie wieder Deinen Fuß in mein Arbeitszimmer, sonst lasse ich Dich als Ptomainomanen abführen.
    Such, Lucrèce, such!
    Auf gute Zusammenarbeit, ciao!

52
 
 
 
    Vorübergehend gesättigt, den plastikumhüllten kleinen Knochen in der Tasche, stieg Sénéchal in seinen Geländewagen. Doch bereits nach einigen hundert Metern wurde er hinter einer Kurve von einem roten Laster und Arbeitern, die sich an einem geplatzten Rohr zu schaffen machten, gestoppt. Das Wasser ergoss sich sprudelnd über die Fahrbahn. Er ließ das Wagenfenster herunter und fragte den Mann, der die Reparaturen beaufsichtigte:
    »Was ist hier los?«
    »Eine geplatzte Leitung.«
    »Ist das Trinkwasser?«
    »Nein, für die Bewässerung. Wir nehmen die Rotation vor.«
    »Die Rotation?«
    »Diese Insel ist schlecht versorgt. Auf der einen Seite gibt es Wasser, auf der anderen nicht. Also leiten wir es durch die Berge, um die Zuckerrohrpflanzungen auf der trockenen Seite zu bewässern.«
    »Klingt nach verdammt viel Arbeit.«
    Der Mann wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    »Wir bohren bis zu einer Tiefe von tausend Metern im Felsen. Wegen der Hitze arbeiten wir vor allem nachts. Übrigens haben wir zwei Maschinen im Boden, die bleiben für immer da ... Riesendinger, Tunnelbohrer. Na, Sie werden sich noch ein bisschen gedulden müssen. Sobald wir das repariert haben, geben wir die Straße wieder frei.«
    Sénéchal bedankte sich, wühlte im Handschuhfach, zog eine CD heraus (seine Lieblingsversion von »Sympathy for the Devil« von Guns N' Roses) und schob sie ins Autoradio. Dann studierte er die Karte der Insel, um sich einen anderen Weg zu suchen.
 
    Das Museum von Saint-Denis hatte den altmodischen Charme der Kolonialbauten. Es lag in einem Park mit schönen Bäumen, duftenden Blumen, Zierpflanzen und bunten Beeten. Der Verkehrslärm wurde durch die dichte Vegetation gedämpft. Vor der Tür stand ein hochgewachsener Schwarzer in Uniform, der Sénéchal prüfend musterte und dann seine Pfeife zückte. Er blähte die Wangen und stieß einen lauten, schrillen Pfiff aus, der drei Jungen galt, die gerade mit ihren Stöcken eine Flamboyantpflanzung verwüsten wollten. Die Kinder stoben auseinander wie eine Spatzenschar. Sénéchal hielt sich die Ohren zu.
    »Sie hätten mir beinahe das Trommelfell gesprengt. Sie sollten lieber auf die Bengel schießen. Aus dieser Entfernung können Sie sie nicht verfehlen. Ich habe einen Termin bei der Konservatorin, mein Name

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