Haarmanns Kopf
erläuterte ihm die Situation. Thimm sollte dafür sorgen, dass ein Team von Spezialisten so schnell wie möglich nach Neuhaus kam, um Martins Leute bei der Durchsuchung des Hauses und des gesamten Areals zu unterstützen.
„Was wir vor allem benötigen, sind Forensik-Spezialisten. Nach meiner Einschätzung sollte ein Serologe dabei sein, weil es hier um eine nicht zu beziffernde Anzahl von unterschiedlichen Blutspuren geht. Wir haben hier die ganze Bandbreite. Blut, Sekrete, Teile von Skeletten, Schädel, Körperteile und ich weiß nicht was. Herrgott, so was hat von uns noch keiner gesehen. Das ist hier das reinste Horrorszenario, wie nach einem Massaker ...“
„Ich verstehe“, sagte Thimm betroffen, aber in ruhigem Ton. „Ich kümmere mich sofort darum und werde die Leute anfordern.“
*
Später am Vormittag trafen mehrere Beamte der Hundestaffel mit ihren Hunden ein und nahmen unmittelbar nach ihrer Ankunft die Suche auf dem Grundstück auf.
Gegen dreizehn Uhr erreichte auch ein dreiköpfiges Forensiker-Team sein Ziel, um die MoKo bei ihrer Arbeit zu unterstützen.
Um kurz nach zwei schlug einer der Schäferhunde in der Nähe einer Jauchegrube im Hof an. Martin forderte ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr an, das rund 700 Liter Abwasser abpumpen musste.
Den Feuerwehrleuten und Beamten bot sich ein Bild des Grauens. In der vier Meter tiefen und ebenso breiten Güllegrube blickten sie zunächst auf skelettierte Leichenteile, die in einer dicken Schlammschicht steckten. Erst nachdem auch diese mit einem Schlauch abgesaugt wurde, konnte mit der Bergung der Leichenteile begonnen werden. Der Güllegeruch vermischte sich mit dem Verwesungsgeruch der Leichen, und der Gestank breitete sich bald über das gesamte Areal aus. Die Gülle hatte den Verwesungsprozess beschleunigt, und die Reste der Innereien, die in der Gülle schwammen, setzten immer wieder die Öffnung des Schlauchs zu, so dass der Pumpenmotor ins Stottern geriet.
Am späten Nachmittag waren mehrere Quadratmeter des Hofs mit Skelett- und Leichenteilen, Extremitäten, Gedärm, Herzen, Lebern, Mägen, Nieren und Blasen unzähliger Toter übersät. Ein Teppich klebriger, glibberiger Masse, die sich um die Teile herum ausbreitete, lockte Fliegen, Mücken und allerlei Ungeziefer an, das bald begann, Eier auf den Fleisch- und Hautresten abzulegen.
Die Suchhunde fanden weitere Löcher und Gräber auf dem Areal, die zum Teil nicht tiefer als 50 Zentimeter waren. An einer Stelle im hinteren Bereich des Grundstücks entdeckten die Beamten ein rostiges, modriges Fass, das in den Boden eingelassen war. Darin steckten die Überreste eines jungen Mannes, dessen Körper in mehrere Teile zerlegt und offenbar mit einer Art Säure übergossen worden war. Der gefesselte Torso, die Gliedmaßen und der Kopf waren von der Säure fast bis zur Unkenntlichkeit zerfressen.
Martin schätzte, dass die gesamte Aktion noch mehrere Tage in Anspruch nehmen würde. Am späten Abend machte er sich mit Yannik auf den Weg zurück nach Göttingen.
22
Der starke Wind, der am Morgen eingesetzt hatte, vertrieb langsam die Wolken und sorgte für ein blau-weißes Farbenspiel am Himmel.
Martin stand vor dem Fenster seines Büros und blickte auf den Samstagmorgenverkehr, der über die Groner Landstraße rollte.
„Du sagtest gestern, dass der Inhaber der Metallbaufirma sich noch gut an den Auftrag erinnern kann, weil Dembowski ihm noch Geld schuldet. Ist er eigentlich jemals dort in dessen Haus gewesen?“, fragte Martin Yannik, der hinter seinem Schreibtisch saß.
„Du meinst Herrn Magra? Nein, er war zwar zweimal dort, um mit ihm zu sprechen, aber er hat Dembowski nie angetroffen. Ihm kam die ganze Sache von Anfang an suspekt vor. Er hat sich bereits bei Auftragserteilung über die eigenartige Konstruktion des Behälters gewundert und Dembowski danach gefragt, was er damit vorhatte, doch er hat nie eine Antwort erhalten. Er sollte sich nur genau an die Konstruktionszeichnung halten.“
„Ja, das ist alles sehr eigenartig. Ich bin gespannt, was die Kollegen von der Spurensicherung noch alles finden.“
„Mich hat übrigens heute Morgen der Kollege Keller angerufen“, sagte Yannik. „Er hat gestern in den Unterlagen von Dembowski in einem Ordner die Gehaltsabrechnungen gefunden. Er arbeitet in einem Beerdigungsinstitut in Holzminden als Bestatter.“
„Wie passend! Wenn das Ganze nicht so traurig wäre, könnte man sagen, dass er sich Arbeit mit nachhause
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