Haarmanns Kopf
verstehe nur nicht, was das Ganze mit den Morden zu tun haben soll.“
„Sagen Sie, Herr Dr. Jacobsen, Sie haben doch sicher im Rahmen der Therapie mit Herrn Dembowski auch über seine familiäre Situation gesprochen. Gab es dabei irgendwelche Besonderheiten oder Auffälligkeiten, an die Sie sich erinnern können?“
„Eigentlich nicht. Nein, wieso fragen Sie?“
„Seit wann wohnen Sie hier in Neuhaus?“
„Als ich seinerzeit die Klinik verließ, habe ich auch meinen damaligen Wohnort in der Nähe von Ringelheim aufgegeben. Ich habe alle Brücken abgebrochen und die alten Zöpfe abgeschnitten.“
„Und wie sind Sie auf Neuhaus gekommen?
„Na, ganz einfach. Kann es etwas Schöneres geben, als inmitten einer Insel im Grünen zu leben? Ich mache gerne ausgedehnte Spaziergänge, und wo könnte ich das besser als im Naturpark Solling Vogler. Herrliche Wälder, grüne Wiesen und ...“
„Schon gut“, unterbrach Martin den Arzt. „Eine ganz andere Frage: Fahren Sie zufälligerweise einen schwarzen Opel Insignia?“
„Nein. Ich habe einen alten Renault Mégane. Warum fragen Sie?“
„Weil ein Opel Insignia an einem der beiden Tatorte gesehen wurde.“
Jacobsen zog die Augenbrauen nach oben und schaute Martin fragend an. „Ach so, daher pfeift also der Wind. Ich gelte als Tatverdächtiger. Demnach würden Sie mir sogar einen Mord zutrauen. Meine Herren, ich muss sagen, ich bin sehr enttäuscht von Ihnen. Sollte ich vielleicht besser mit einem Anwalt reden?“
Martin ignorierte die Bemerkung. „Wir sprachen eben über das familiäre Umfeld Dembowskis. Sie können sich sicher daran erinnern, dass er einen Bruder und eine Schwester hat?“
„Um ehrlich zu sein, das ist einfach zu lange her. Kann sein, dass wir mal darüber gesprochen haben.“
„Wissen Sie, ob Herr Dembowski noch Kontakt zu seinen Geschwistern hatte?“
„Soweit ich weiß nicht. Ich meine mich erinnern zu können, dass alle drei Kinder eine Zeit lang in einem Kinderheim lebten und dann in Pflegefamilien gegeben wurden. Aber sicher bin ich mir da nicht. Warum schauen Sie nicht einfach in seiner Akte nach?“
„Das haben wir bereits, Herr Doktor. Und genau diese Akte enthält eine Ungereimtheit, für die wir eine plausible Erklärung suchen.“
„Darf man erfahren, worum es bei dieser Ungereimtheit geht?“
„Dürfen Sie. Es geht darum, dass Volkmar Dembowski am 17.5.1967 in Wolfsburg geboren wurde. So steht es zumindest in seiner Akte. Wir haben herausgefunden, dass das Datum nachträglich gefälscht wurde. Das korrekte Datum ist der 17.5.1961. Da Herr Dembowski schon seit Jahren keinen gültigen Personalausweis und keinen Führerschein mehr besitzt, haben wir das Datum beim zuständigen Standesamt in Wolfsburg überprüfen lassen.“
„Das ist ja interessant. Aber warum erzählen Sie mir das alles?“
„Zum einen stellen wir uns die Frage, warum das Datum gefälscht wurde und wer ein Interesse daran gehabt haben könnte. Zum anderen hat Herr Dembowski einen Zwillingsbruder, und der wohnt hier in Neuhaus, nur wenige Minuten entfernt von hier.“
„Tatsächlich? Wenn das kein Zufall ist ...“
„Und Sie bleiben bei Ihrer Aussage, dass Sie das nicht wussten und Bernhard Dembowski nicht kennen?“
„Hören Sie, ich wiederhole es gerne noch einmal. Nein, ich kenne ihn nicht.“
Martin beugte sich nach vorne und zog eine Visitenkarte aus einer kleinen Plastikbox, die vor ihm auf dem Tisch stand. Er betrachtete die Karte. „Ist das Ihre Handynummer hier auf der Karte?“
„Ja, sicher“, antwortete Jacobsen.
„Haben Sie noch ein weiteres Mobiltelefon?“
„Nein, das eine reicht mir.“
„Gut, das war’s erst mal von unserer Seite. Ich gehe allerdings davon aus, dass das nicht unser letztes Gespräch war. Haben Sie in nächster Zeit eine Reise oder eine längere Abwesenheit geplant?“
„Nein.“
„Es wäre hilfreich, wenn Sie sich zu unserer Verfügung halten.“
„Kein Problem“, sagte Jacobsen. Er begleitete die beiden Beamten zum Ausgang. „Ich helfe immer gern. War mir eine Freude“, sagte der Arzt zum Abschied und schloss die Tür hinter ihnen.
Auf dem Weg nach unten klingelte Martins Handy. Er schaute auf das Display und meldete sich. „Hallo Herr Kollege, was gibt’s denn?“
„Hallo Herr Venneker. Sie hatten ja darum gebeten, sofort informiert zu werden, wenn wir etwas Wichtiges finden.“
„Ja und?“
„Wir haben im Keller des Hauses in einer Kühltruhe die Leiche eines der beiden
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