Hab ich selbst gemacht
eine Brotknappheit im Haus ankündigt, und er verlangt Zeit. Zeit, die ich mir im Alltag nie nehme.
Überhaupt ist das Verlangsamen etwas, das mir das Selbermachen schon jetzt – nach nicht einmal zwei Monaten – eingebläut hat. Mit Hektik oder Multitasking ist hier überhaupt nichts zu erreichen. Selbermachen hat etwas Zenartiges: Wenn ich ein Brot backe, backe ich ein Brot. Wenn ich stricke, stricke ich. Wenn ich an der Nähmaschine sitze, sitze ich an der Nähmaschine. Wenn ich am Computer arbeite, höre ich nebenbei Musik, schaue alle paar Minuten nach neuen Mails und zwischendurch auch immer wieder nach Neuigkeiten im Netz. Aber beim Selbermachen kann ich nicht einfach hin und her springen. Weil nur Murks dabei herauskäme, wenn ich alle paar Minuten von der Nähmaschine aufspringen würde, um noch mal kurz in irgendeinem Teig zu rühren. Und ich muss sogar dann ruhig bleiben, wenn etwas schiefgeht. Beim Selbermachen gibt es einfach nur ein einziges Prinzip: Eins nach dem anderen und immer schön langsam.
Für diese Erkenntnis müssen andere ein halbes Jahr ins Kloster gehen.
Erkenntnis Nummer zwei, die ich bei meinen bisherigen Brotbackversuchen gewonnen habe: keine Brötchen. Es klingt vielleicht nach einer schönen Vorstellung, frisch gebackene Brötchen auf dem Frühstückstisch liegen zu haben. Aber es werden nie die fluffigen, weichen, teigigen, aromatischen Brötchen, die man im Kopf hat. Es werden die bereits erwähnten Türstopper. Denn: Selbst gebackenes Brot hat eine ungleich dickere Rinde als gekauftes. Selbst gebackene Brötchen bestehen zu gefühlten 70 Prozent aus Rinde – logisch, bei den dicken Krusten, die auch selbst gebackene Brote haben. Die Erkenntnis ist traurig, aber nicht zu ändern: keine Brötchen.
Aber vielleicht wird das mit den Brezen was, dann gäbe es ein wenig Abwechslung und so vielleicht auch wieder bessere Laune am Frühstückstisch. Die akute Missstimmung beim Mann versuche ich mit einem weiteren Angebot zu beheben: »Was hältst du von einer Guacamole?« Ich greife mir eine Avocado aus der Obstschale und halte sie ihm fragend entgegen.
»Viel«, brummt der Mann. Der Brotaufstand ist noch mal abgewendet. Ich schneide also die Avocado einmal längs durch und kratze beide Hälften mit einem Löffel aus. Etwas Zitronensaft drüber, salzen, dann quetsche ich alles mit einer Gabel ordentlich durch.
Seit ich Brot backe, überlege ich auch immer, was sich an Selbstgemachtem auf das Brot schmieren oder legen lässt.Und ich habe festgestellt: eigentlich alles. Wer einen Pürierstab hat, dem sind kaum Grenzen gesetzt beim Brotaufstrich: Gemüse, Quark, Erbsen, Linsen, Käse, Kräuter, Nüsse – alles lässt sich verarbeiten. Wahrscheinlich sogar Wurst, aber das möchte ich nicht ausprobieren. Was der Mann schade findet.
Wenn ein selbst gebackenes Brot richtig gut geworden ist – und für das vorletzte Exemplar, eine Olivenciabatta, muss ich mich selber loben, der Mann machte es leider nicht, er beschwerte sich nur, dass würziges Brot zum Frühstück gar nicht geht –, dann gibt es nichts Besseres dazu als frische Butter oder einen selbst zusammengerührten Brotaufstrich. Ich freue mich allein deshalb schon jeden Tag ein bisschen mehr auf den Garten – und dabei ist erst Ende Februar! –, um frisch geerntetes Gemüse zu Brotaufstrich verarbeiten zu können.
So ein Brotaufstrich fühlt sich sofort nach Ferien auf dem Bauernhof an, nach Naturkostladen und back to nature. Ich glaube, es liegt an den fehlenden Farb- und Aromastoffen, dass das Geschmackszentrum den Körper mit Glückshormonen überflutet und dass sich das Herz glücklich, aber auch ein bisschen sehnsuchtsvoll zusammenzieht und man unweigerlich seufzen muss: »Das einfache Leben!«
»Was bitte?« Der Mann guckt fragend über den Zeitungsrand.
»Ach, nichts. Schmeckt’s dir?«
»Ja, schmeckt gut«, höre ich ihn, schon wieder hinter der Zeitung verschwunden.
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Tag 60
Jede Gärtnerin braucht eine Schürze
Das Außenthermometer zeigt gerade mal fünf Grad Celsius an, und wenn ich am Thermometer vorbeischaue, sehe ich da unten im Hof im Halbdunkel den Garagengarten. Ich seufze sehnsüchtig.
»Was ist los?«, fragt der Mann. »Du siehst so tiefschürfend aus.«
»Ich will mit dem Garten anfangen. Es soll endlich warm werden, verdammt.«
»Du hast doch eh noch gar keine Gartengeräte«, sagt er. »Wäre jetzt schönes Wetter, würdest du dann mit den Händen umgraben wollen?«
Da hat er recht. Ich
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