Hab ich selbst gemacht
Wetter ist so schön. Dann kommen sie in ein großes Gefäß und können noch größer werden.«
»Auf keinen Fall!«
Hä? Ich schaue die beste Freundin verständnislos an. »Die Kürbispflanzen müssen aber doch größer werden, sonst funktioniert die ganze Idee mit dem Gärtnern nicht.«
»Aber du darfst sie nicht vor den Eisheiligen im Freien einpflanzen!«
»Was hast du denn bitte für eine Ahnung vom Gärtnern?«
»Keine. Nur das mit den Eisheiligen weiß ich.«
Na schönen Dank auch. Mit Halbwissen hier Panik verbreiten.
»Lass uns mal essen«, beende ich das Thema. »Ich werd mir von dir nichts einreden lassen.«
»Wie du denkst«, setzt die beste Freundin noch mal nach.
Ich hole den Pürierstab aus dem Schrank und unterbinde jeden weiteren gut gemeinten Ratschlag mit dem lauten Kreischen, das der Pürierstab beim Zerkleinern der weich gekochten Möhren von sich gibt. Ich kippe noch etwas Sahne in den Topf, salze nach und halte den Pürierstab ein letztes Mal in den Topf. Es gibt Suppe.
Zwischen zwei Löffeln kramt die beste Freundin in ihrer Tasche und hält mir ein Stück Gestricktes mit etwas welligen Rändern vor die Nase. »Schau, mein erster richtiger Schal.«
»Sehr hübsch!«, antworte ich und bin tatsächlich beeindruckt, wie schnell sie stricken gelernt hat. Dass es noch nicht wirklich wie ein Schal aussieht, sondern eher wie ein zerbeultes Etwas, finde ich eher rührend als schlimm. Alles, was ich als Kind gestrickt habe, sah genauso aus. »Übst du immer noch so viel?«
»Fast jeden Abend. Und nachts träume ich dann vom Stricken. Aber irgendwie verbringe ich genauso viel Zeit mit Aufribbeln. Ich will meinem Sohn zum Geburtstag unbedingt einen Schal schenken, aber erst ist er zu schmal geraten, dann wieder zu breit, dann haben mir die Farben nicht richtig gefallen …«
Ich ermutige die beste Freundin, dass sie das gut hinkriegen wird. Und sie verabschiedet sich recht bald nach dem Essen, um zu Hause weiterzuüben. Ihr Sohn hat schon in ein paar Wochen Geburtstag.
Ich selbst habe an diesem Abend auch noch etwas vor. Als sie gegangen ist, setze ich mich an den Computer. Ich muss wissen, was die Eisheiligen sind, sie gehen mir nicht aus dem Kopf. Gehört habe ich den Begriff schon, und ich weiß auch, dass das etwas mit dem Wetter zu tun hat. Aber noch warten mit dem Garten? Immerhin ist morgen der März vorbei,und ich habe noch nichts im Garten getan. Dabei begann die Gartensaison für mich gefühlt immer im März. Nicht umsonst habe ich die Vermieterin gefragt, ob ich das Garagendach zwischen März und Oktober nutzen darf.
Also, die Eisheiligen. Ich lese im Netz nach: Es handelt sich um Bischöfe und Märtyrer aus dem 4. und 5. Jahrhundert. Hat also erst mal nichts mit dem Garten zu tun. Weiter: Mamertus kommt am 11. Mai, Pankratius am 12., Servatius am 13. Am 14. Bonifatius und am 15. eine Sophie. Soll das heißen, dass die Eisheiligen erst am 15. Mai (Mai!!) vorüber sind? Pfff. So lange soll ich noch warten? Ich wollte eigentlich schon am 24. Januar loslegen!
Ich lese weiter, und zwar Bauernregeln: Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz. Oder: Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist. Und: Pflanze nie vor der Kalten Sophie! Eine Gemeinheit ist das, das hat mir keiner vorher gesagt, dass ich bis Mitte Mai warten muss! Es kommt mir aber auch einfach unsinnig vor. Wie soll das denn gehen, wenn ich alles erst im Mai aussäe – das wird doch nie groß und reif bis zum Spätsommer. Irgendwas stimmt da nicht. Und ich will auch nicht glauben, dass sich die Leute wirklich daran halten.
»Die Annahme beruht auf jahrhundertealten Erfahrungen und Beobachtungen von Bauern, laut Volksglaube wird das milde Frühlingswetter erst mit Ablauf der Kalten Sophie stabil«, lese ich weiter. Na, da haben wir’s doch! Volksglaube!
Aberglaube. Also ist das Ganze ja wohl nicht ernster zu nehmen als Engel oder der schlechte Einfluss der Zahl 13 auf das persönliche Wohl. Und wegen solchem Unfug soll ich mit meinen Pflanzen noch warten? Nie im Leben.
Ich lese mir den Rest des Eintrages durch. Und fühle mich bestätigt, dass diese Geschichte großer Quatsch ist. Die Wetterbeobachtungen lassen sich heute nämlich meteorologisch nicht mehr bestätigen. So wurden beispielsweise in Trier imZeitraum von 1951 bis 1961 durchschnittlich 0,4 Frosttage im Mai gemessen, das sind vier Tage in zehn Jahren, und von 1991 bis 2006 gab es überhaupt keine.
Also, was soll die Aufregung?
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