Hab ich selbst gemacht
ich dann einen richtigen Schnitt, nach der Anleitung aus dem Kapitel »Miss Fancy Pants« meines »Patternmaking«-Buchs. Für heute Nacht bin ich jedenfalls zufrieden. Kann sein, dass die Ansprüche sinken, wenn man Dinge selber macht. Oder dass ich einfach zu müde bin, um ernsthaft darüber nachzudenken, irgendwas an der Schlafanzughose noch mal umzuarbeiten.
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Tag 100
Kracherbrezen
Ich bereue immer noch, Ende Februar dem Mann gesagt zu haben, ich würde mal Brezn backen. Weil er mich jetzt nämlich seit sechs Wochen regelmäßig und in zunehmend quengelndem Tonfall fragt, wann ich endlich Brezen mache. Nun komme ich nicht mehr drum herum, es müssen Brezen her.
»Ich sehe aber überhaupt nicht ein, die alleine zu backen«, sage ich.
»Dann backen wir sie eben zusammen«, sagt der Mann.
So schnell hatte ich nicht mit seinem O. K. gerechnet. Ob der Mann sich auf meine Selbermachprojekte einlässt, kann ich nie vorhersehen. Er ist da sehr sprunghaft. Aber offensichtlich mag er Brezen. Und ich weiß: Er mag kneten. Vielleicht lockt ihn auch das.
Ich suche ein Rezept aus dem Netz und stelle fest, dass wir alles da haben, was wir brauchen: Mehl, Milch, Hefe, Salz, Butter, Natron. Und laut Rezept ist so ein Breznteig auch erstaunlich fix gemacht. Der Teig muss nicht wie beim Brot zigmal stehen und gehen. Wenn ich das hier richtig überblicke, sollten die Brezen innerhalb einer Stunde im Ofen liegen. Und pünktlich zur Brotzeit auf unseren Tellern.
Ich schütte 250 Gramm Mehl in eine Schüssel, mische einen viertel Teelöffel Salz unter, löse einen halben Würfel Hefe in einem Achtelliter Milch auf und rühre die zerlassene Butter unter. Die Butter-Hefe-Milch soll der Mann mit dem gesalzenen Mehl verkneten. Er ist ein ausgezeichneter Kneter, viel geduldiger als ich, und hat den Ehrgeiz, den zartesten Teig aller Teige zurechtzukneten. Immer. Das macht es manchmal anstrengend, vor allem, wenn es eigentlich nur darum geht, schnell einen Pizzateig zu machen, und ich schon Hunger habe.
Der Mann knetet also, und knetet und knetet, und als er der Meinung ist, das sei jetzt ein ganz hervorragend gekneteter Teig, stellt er ihn endlich beiseite. Nur 15 Minuten muss der Hefeteig ruhen – nach meinen bisherigen Hefeteigerfahrungen extrem kurz. Ich spüre einen Funken Skepsis in mir, ob das gut sein kann, dass die Hefe im Breznfall so wenig Ruhezeit braucht.
Aber bis auf Weiteres werde ich dem Rezept vertrauen. Wir teilen den Teig und jeder von uns formt drei Teigkugeln, wieder mal möglichst ohne Risse, was nicht mein Talent ist. Meine drei Kugeln haben Nähte und Falten.
Zwanzig Minuten lassen wir die Kugeln liegen, dann beginnt der kreative Teil: Wir müssen Brezen formen. Zuerst rollen wir die Teigkugeln auf dem Tisch zu langen Schlangen aus, am Ende dünner als in der Mitte, das ist bei gekauften Brezen ja auch so.
»Und wie muss man das jetzt verknoten?«, frage ich.
»Ich würde sagen, so«, antwortet der Mann, greift sich seine beiden Teigenden, wickelt sie einmal umeinander herum, wie einen Knoten eben, »und dann so.« Und drückt die Enden am unteren Rand des Breznbauches fest. Aber irgendwie sieht das nicht richtig aus.
Ich nehme meine Teigschlangenenden, drehe sie nach innen, und da fällt es mir ein: Sie müssen zwei Mal umeinander geschlungen und dann jedes Ende auf jeweils »seiner« Seite festgedrückt werden. Genauso muss es aussehen.
»Ha! Ich hab’s!«, rufe ich, stolz, das Wesen der Brezn schneller als der Mann begriffen zu haben, obwohl ich erst seit fünf Jahren in München lebe und der Mann geborener Oberbayer ist.
Die zweite Style-Frage taucht auf, als die kleinen, rohen Brezn vor uns liegen: Wenn sie noch aufgehen im Wasser und im Ofen, werden sie nicht mehr wie Brezen aussehen, sondern wie verwachsene Knubbel. Wir entscheiden uns für experimentelles Backen: In Abstufungen machen wir die Teigschlangen immer dünner, bis die letzte Breze aussieht wie unterernährt – an den Enden nur ein paar Millimeter dick, am Bauch höchstens einen Zentimeter.
Ich setze Wasser auf den Herd, gebe drei Esslöffel Natron hinein, lasse die Lauge aufkochen und hebe dann mit dem Bratenwender vorsichtig die erste Breze hinein. 30 Sekunden bleibt sie dort, dann fische ich sie wieder heraus, lege sie auf das Blech, das der Mann eingefettet hat, und hebe die nächste Breze ins Wasser. Der Mann streut grobes Salz auf die gekochte Breze, die gar nicht großartig aufgegangen ist. Irgendwie hatte ich mir
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