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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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mit der flachen Hand den Stoff gleichmäßig unter dem Nähfüßchen durchzuschieben. Mit der rechten Hand halte ich den Stoff direkt vor meinem Bauch in der richtigen Position. Bei den Beinen umgekehrt: Das rechte gibt ausgestreckt auf dem Pedal Gas, das linke habe ich angewinkelt am Stuhlbein verhakt. Deswegen sitze ich immer leicht nach rechts verdreht da. Ich strecke mich und kettle das nächste Teil ab. Strecken, zickzack. Strecken, zickzack. So geht es fast anderthalb Stunden, bis endlich alle Einzelteile fertig sind. Und ich nicht mehr sitzen kann, weil mein Rücken so verspannt ist.
    Auch wenn der Plan eigentlich war, mir eine Hose zu nähen, und dieser Haufen Einzelteile noch nicht einmal annähernd wie eine Hose aussieht, beschließe ich, es für heute gut sein zu lassen. Ich räume die Nähmaschine zurück in ihre Ecke und lege die Teile meiner Hose darauf. Ich werde stattdessen den Mann zwingen, mir den Rücken zu massieren.

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Tag 142
Sägen, bohren, schrauben
    Es ist wieder Wochenende, sogar ein langes, es ist Pfingsten. Ich hätte eigentlich Zeit, meine Hose weiterzunähen. Ich habe nur überhaupt keine Lust, mich an die Nähmaschine zu setzen, mir ist eher nach etwas Robustem. Deswegen habe ich einen anderen Plan dazwischengeschoben: Ich werde mir ein Ärmelbrett bauen. Denn wenn dann Hosennähte zu bügeln sind, muss ich nicht wieder umständlich auf dem Bügelbrett herumhantieren.
    So ein Ding besteht nur aus ein paar Brettern, etwas Schaumstoff und einem Stück Stoff. Das sollte ich hinkriegen. Am Mittwoch hatte ich meiner Mutter eine SMS geschrieben: »Kannst du mir die Maße deines Ärmelbretts schicken? Ich will mir eines bauen.«
    »Post an dich unterwegs«, schrieb sie wenig später zurück.
    Und gestern lag tatsächlich ein dicker Brief im Briefkasten. Darin ein Schaumstoffteil, länglich, an einer Seite abgerundet, perfekt als Auflage für mein selbst gemachtes Ärmelbrett.
    Auf das Post-it, das auf dem Schaumstoffding klebte, hatte meine Mutter geschrieben: »Lag meiner Bügelmaschine bei und seitdem nur rum.«
    Außerdem fand ich in dem Umschlag eine Zeichnung, ebenfalls mit einem Kommentar versehen: »So sieht mein Ärmelbrett aus.«
    Ich mache mir einen Bauplan:

    Skizze und Schaumstoffteil liegen nun auf meinem Küchentisch, daneben lege ich eine Säge, ein Lineal, meinen Tacker, einen Bleistift, Holzleim, ein paar Schrauben und Dübel. Als ich auch noch die Bohrmaschine auf den Tisch lege, fragt der Mann skeptisch: »Was hast du denn vor?«
    »Ich baue mir ein Ärmelbrett.«
    Er schaut mich verständnislos an.
    »Das ist so was«, sage ich und halte ihm die Skizze meiner Mutter vor die Nase. »Wenn man Nähte auseinanderbügeln muss in Hosenbeinen und Ärmeln, ist das sehr praktisch.«
    Der Mann zuckt mit den Schultern. »Na dann. Ich setze mich in die Sonne und lese.« Der Mann scheint sich mittlerweile damit arrangiert zu haben, dass ich ständig irgendetwas für mein Selbermachjahr zu tun habe. Aber da ich nicht mehr erwarte, dass er mitmacht, ist er mittlerweile sehr entspannt. Seine Befürchtung, ich könnte schrullig werden, warbisher grundlos. Und so begegnet er meinen Projekten mit distanziertem Interesse. Auch jetzt schiebt er seinen Sessel am Küchenfenster so zurecht, dass ihm einerseits die Sonne den Nacken wärmt, er mir aber andererseits beim Werkeln zuschauen kann.
    Tatsächlich scheint seit gestern die Sonne. Endlich! Es ist eine kleine Sensation. Ich habe hervorragende Laune und freue mich schon, am Nachmittag bei Sonnenschein in meinen Garten zu gehen und nach den Pflanzen zu schauen – wenn da schon Pflanzen sind. Sobald ich mein Ärmelbrett fertig habe und im Garten war, werden wir außerdem aufs Land fahren, endlich raus in die Sonne, spazieren gehen, vielleicht ein Eis essen – alles Dinge, die wir in diesem Jahr wegen des schlechten Wetters noch nicht getan haben.
    Doch zuerst das Ärmelbrett. Ich gehe auf den Dachboden, um Holz zu holen. Ich suche aus meinem Bettteile-Holzstapel die passenden Latten heraus. Ich messe mit meinem Lineal verschiedene Holzstücke ab und nehme eine dicke Latte aus dem Lattenrost und eine etwas breitere, aber flachere aus dem Kopfteil mit nach unten.
    Jetzt kommt das, was ich im Haus am liebsten mache: sägen und bohren. Ich säge und bohre wahnsinnig gern. Schon seit dem Werkunterricht in der Schule, in dem wir bereits als Elfjährige an schwere Maschinen durften. Deswegen habe ich auch einen Fuchsschwanz zu Hause und habe

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