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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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die Bohrmaschine mit Holz-, Stein- und Betonbohrer-Sets mit in die Beziehung mit dem Mann gebracht. Zusammen mit Hammer, Schleifmaschine, Malerrollen, Tapeziertisch und diversen Schraubenziehern. Der Mann brachte ein Fahrradreparaturset mit. Der Rest des Handwerksbestandes in unserer Abstellkammer gehört mir. Ich liebe kleine Bauarbeiten in der Wohnung. Der Mann nicht.
    Ich messe auf der schmaleren Latte zwei zehn Zentimeter lange Stücke ab und säge die beiden Klötzchen ab. DerRest der Latte wird der untere Teil des Ärmelbrettes. Auf die zweite, breitere Latte lege ich das Schaumstoffteil und zeichne mit dem Bleistift die Rundung nach, die es auf der einen Seite hat. Mit der Säge beginne ich am oberen Kurvenrand, säge im flachen Winkel zur Holzkante einen Keil ab, setze wieder am Kurvenrand ab, säge einen nächsten Keil und so weiter, bis ich so etwas wie eine Rundung gesägt habe.
    Den Rest muss das Schleifpapier machen. Damit glätte ich auch die Schnittkanten der anderen Bauteile. Der Küchenboden um den Tisch herum ist jetzt mit einer Schicht aus Sägespänen und feinem Holzstaub belegt, beim Vorbohren der Löcher für die Schrauben kommen noch kleine Holzringellöckchen dazu.
    »Sieht professionell aus, was du da machst«, kommentiert der Mann vom Sessel aus.
    »Willst du doch mitmachen?«, frage ich ihn.
    »Och nö, lass ma.«
    Ich fege Sägespäne, Holzstaub und – löckchen zusammen, damit die Holzpanade an meinen Knien nicht noch dicker wird. Und dann kommt der erste spannende Moment: Habe ich genau genug abgemessen und gebohrt? Werden die Holzkanten glatt aufeinanderliegen? Eine Schraube nach der anderen drehe ich in die schmalen vorgebohrten Löcher. Ich versenke die Schraubenköpfe noch einen Millimeter tiefer ins Holz, damit sie ganz glatt aufliegen. Die Klötzchen stehen wie geplant gerade und fest zwischen den beiden Latten. An der hinteren Kante schließt eines nicht ganz genau auf der unteren Latte ab. Egal. Die Konstruktion ist stabil.
    Ich räume das Werkzeug weg und mache Platz für meine Nähmaschine, um das Stück Stoff für den Bezug zu nähen. Ich schneide den Stoff in der Form des Schaumstoffes zu, hinten gerade, vorne rund, mit zehn Zentimeter Nahtzugabe. Beziehungsweise Klammerzugabe. Mit der Nähmaschine versäume ich die Kanten, dann bügle ich den Stoff, so heiß esgeht. Es ist Leinen, das hält was aus, muss es ja auch als Bezug eines Ärmelbrettes.
    Ich stecke den Stoff auf der Oberseite der Polsterung fest, lege sie auf mein Ärmelbrettgestell, schlage das Leinen einmal nach innen ein und ziehe die Stoffkante bis zur Innenseite des oberen Holzbrettes.
    Mit dem Tacker jage ich eine Klammer in Stoff und Holz. »Tack!« macht es laut. Aus dem Sessel am Fenster brummt es »Hey!!«. 44 Klammern später steht ein fertiges Ärmelbrett vor mir und sieht schick aus.
    Ich werde meinem neuen Ärmelbrett noch einen antiken Touch verpassen, denn das Leinen ist so schön altmodisch geblümt, dass das helle Fichtenholz nicht richtig dazupasst. Ich hole mir die dunkle Möbelpolitur aus der Abstellkammer und einen Pinsel und streiche die Holzteile damit ein.
    »Ha!«, rufe ich, als der letzte Tropfen Möbelpolitur im Holz versickert ist, und strecke dem Mann in der Sonne mein Ärmelbrett entgegen.
    »Wow! Das sieht ja cool aus. Wie ein Erbstück, gar nicht neu«, sagt er. Es sieht wirklich aus, als hätte ich es von meiner Oma geerbt und nicht in weniger als zwei Stunden selbst zusammengezimmert. Ich schicke meiner Mutter eine MMS mit einem Bild vom Ärmelbrett.
    Gut gelaunt gehe ich in den Garten und staune: In meinen Töpfen sind kleine Bohnen- und Zucchinisprösslinge zu sehen. Die Keimblätter haben die Erde richtig aufbrechen müssen, um ihre Stengel herum sind kleine Erdplatten aufgeworfen. Durch den Regen ist die Erde knochig geworden, eine richtig dicke Schicht hat sich gebildet, die jetzt in der Sonne grün schimmert, wie ganz feines Moos.
    Ich muss lachen und sage den Pflanzen ganz leise »Hallo!«, so sehr freue ich mich, dass sie es endlich geschafft haben, aus der Erde herauszukommen. »Genießt die Sonne«, flüstere ich ihnen zu. Dann gehe ich zurück in die Wohnung, drehestolz mein Ärmelbrett in den Händen und packe meine Sachen für einen schönen Nachmittag auf dem Land.
    Meine Mutter schreibt: »Neidisch. Dein Ärmelbrett ist schöner als meins!«

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Tag 149
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    Mein Leben kommt mir merkwürdig vor: Ich koche jeden Abend eine warme Mahlzeit.

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