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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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Anderlbauer einziehen kann, um dabei zuzusehen, wie aus dem, was mit etwas Milch in einer Glasschüssel anfing, ein Käse wird, verschiebe ich alle weiteren Käsepläne auf ein anderes Mal. Das Käsen werde ich zu Hause auf jeden Fall in ein paar Wochen selbst ausprobieren, denn Huber hat mich mit seiner Begeisterung infiziert. Ich stecke mir noch ein Stück vom »Ziegenbert« in den Mund und verabschiede mich. »Erstaunlich, dass es – jedenfalls im Prinzip – so einfach zu sein scheint, Käse zu machen«, sage ich noch zum Anderlbauer und erzähle ihm von der Butter, die mich auch schon so in Erstaunen versetzt hat.
    Der Huber Hans lacht und ruft: »Das Leben ist so einfach!«

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Tag 226
Pflaumenmarmelade für ein ganzes Jahr
    Beim Frühstück kratzt der Mann den letzten Rest Pflaumenmarmelade aus dem Glas, und ich habe eine Idee: »Lass uns rausfahren aufs Land zu einem Bauern, Pflaumen ernten und Marmelade kochen!«
    »Och nö, lass mal. Das klingt anstrengend«, sagt der Mann.
    »Isses aber angeblich gar nicht. Meine Mutter behauptet, Marmelade sei das Einfachste von allem. Ich ruf sie an, undsie erklärt uns, wie das geht, und dann kochen wir Marmelade, okay?«
    Der Mann beißt in sein Pflaumenmarmeladebrot, verzieht den Mund zu einer Grimasse und nuschelt mit vollem Mund: »Mal sehen.«
    Meine Mutter macht die Sache mit der Pflaumenmarmelade kurz: »Da gibt es gar nichts zu erklären.« Meine Mutter wird immer mehr wie meine Oma, ihre Mutter: Fragt man sie nach einem Rezept, antwortet meine Oma stets mit den gleichen Worten: »Dafür gibt es kein Rezept, das mach ich nach Gefühl.«
    »Kannst du mir trotzdem sagen, was wir machen müssen, um aus Pflaumen Marmelade zu machen?«, bitte ich meine Mutter.
    »Ganz einfach: entsteinen, klein schneiden, mit Gelierzucker aufkochen, da gibt es jetzt welchen, von dem du nur noch die Hälfte brauchst, Gewürze hinzufügen, wenn du willst, alles in Gläser füllen, abkühlen lassen und gucken, dass die Deckel auch vakuumverschlossen sind.« Okay, das war jetzt wirklich unaufregend. Anscheinend kann man in den Topf tun, was man will, und irgendwie kommt nach dem Kochen Marmelade dabei raus.
    Das soll alles sein? Ich bin 32 Jahre alt und habe bis zum heutigen Tag keine Marmelade gekocht, weil ich die Vorstellung hatte, das sei irgendwie zu kompliziert und es würde darauf hinauslaufen, dass die Marmelade nicht nur schlecht schmecken, sondern auch früher oder später im Vorratsschrank vor sich hinschimmeln würde. Nun habe ich noch nicht mal einen Vorratsschrank. Aber dafür gerade von meiner Mutter gelernt – die nur wenig so wenig mag wie Kochen und Backen und trotzdem alle paar Jahre hervorragende Marmeladen einkocht, zum Beispiel Pflaumenmarmelade –, dass wir das hinkriegen werden.
    Also setzen wir uns ins Auto und fahren aufs Land, zuerst zu den Eltern des Mannes, dann gemeinsam mit seiner Mutter zum »Zwetschgen-« – wie sie hier heißen – Händler ihres Vertrauens. Unsere Pflaumenmarmelade scheint ein schönes gemeinsames Großfamilienprojekt zu werden. Und vor allem viel weniger anstrengend, als der Mann befürchtet hat: Wir müssen nicht selber ernten, wir können uns auch einfach welche abwiegen lassen. Das überzeugt den Mann. Acht Kilo lassen wir uns in die mitgebrachte Kiste füllen, das sieht für uns nach einer Jahresportion Pflaumen aus.
    In der Küche der Eltern des Mannes setzen wir uns an den Küchentisch, waschen Kilo um Kilo Pflaumen, pulen aus jeder einzelnen der gefühlt sieben Millionen Pflaumen den Kern heraus und schneiden sie in Stücke.
    »Man, das dauert, und wir haben gerade mal die Hälfte«, nörgelt der Mann.
    »Mir tun jetzt schon die Finger weh«, jammere ich zurück.
    Pflaumenmarmelade zu kochen ist Strafarbeit. Zumindest wenn man sie in rauen Mengen kocht. Als wir endlich fertig sind und die eine Hälfte der Pflaumen mit Einkochzucker im größten Topf des schwiegerelterlichen Haushalts vor sich hinblubbert, stehen wir erschöpft am Herd und starren auf unsere zukünftige Marmelade. Erstaunlich schnell sieht der Haufen im Topf auch wie echte Marmelade aus. Der Mann rührt stoisch, und ich nehme die Gläser aus der Spülmaschine, die wir aus dem Keller geholt und anschließend im Heißwaschgang ausgekocht haben.
    Mit spitzen Fingern und unter noch spitzeren Schmerzenslauten füllen wir sie mit der kochend heißen Marmelade, schrauben die Deckel fest zu und kippen anschließend gleich den zweiten Berg Pflaumen mit Zucker in

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