Hab ich selbst gemacht
damit der Bezug die vier Kinder der Schwester des Mannes und kleinere bis mittlere Katastrophen aushält.
Insgesamt ist es ziemlich eng geworden in unserem Dachbodenabteil. Früher gab es hier nur einen alten Küchenschrank, in dem ein paar Skischuhe und ein kleiner Fernseher standen. Jetzt gibt es auch die Holzecke, in der sich neben den Einzelteilen des alten Ikea-Betts auch einzelne Regalbretter oder Bretter, die mal Regalbretter werden sollten, angesammelt haben. Wenigstens habe ich in den letzten Monaten ein paar der Holzlatten verbraucht – beim Bau des Seifenkastens und des Bügelbretts zum Beispiel.
Auf der anderen Seite des Abteils steht eine Mauer aus Kartons, in denen Krimskram, Zeitschriften, bunte Kartonbögen, Schrauben, Winkel und sonstiges Kleinklein gelagert sind. Daneben die ziemlich große Ansammlung von Pflanzgefäßen, Tontöpfen, einem Sack Kieselsteinchen, einer Gießkanne – die Gartenecke. Die mich im Moment etwas ratlos macht, denn meine Vermieterin hat entschieden, den Garten in professionelle Hände zu geben. Sie will ihn auf Vordermann bringen lassen, und da stören meine Gemüsetöpfe. Es wird also kein weiteres Gartenjahr in meinem Hinterhof geben, und die Topfsammlung vor meinen Füßen erinnert mich an diese traurige Neuigkeit. Ich werde alles zurück zur Mutter des Mannes bringen. Und ich werde trotzdem im Frühjahr ein paar Butternut-, Chili-, Tomaten- und Auberginenpflanzen ziehen, an meinem Küchenfenster, und dann werde ich sie im Garten der Mutter des Mannes einpflanzen.
Jetzt, da ich fast täglich neue Ideen habe, was ich alles selber machen könnte – auch wenn ich nur einen Promillesatz davon wirklich umsetze –, kann ich einfach nichts mehr wegschmeißen. Die Polsterfüllung aus einem alten Kissen? Könnte ich noch mal gebrauchen. Wenn ich mal neue Kissen nähe. Oder für die Nichten und Neffen Kuscheltiere basteln will. Also ab damit in eine Tüte und auf den Dachboden. Die hübschen Schraubdeckelgläser? Habe ich früher in die Altglassammlung gegeben, kann ich doch aber nun schon mal fürs nächste Einkochen sammeln. So hat sich auf dem alten Küchenschrank eine gut 40-teilige Sammlung aus zukünftigen Marmeladengläsern angehäuft. Und wir haben noch 19 Gläser Pflaumenmarmelade im Schrank!
Ich werde wieder zu dem Messie, der ich als Kind und Jugendliche war. Ich hebe wieder jeden Stofffetzen auf, jeden Schnipsel, Zeitschriften, in denen ich was gesehen habe, das man mal nachbauen könnte. Wofür ich aber vermutlich sowieso nicht die Zeit finden werde.
Doch jetzt bräuchte ich schon eine Gehirnwäsche, um von diesem Sammelfimmel wieder loszukommen. Mein Blick hat sich verändert, ich sehe in jedem Schrott irgendein zukünftiges Projekt. Im Moment bin ich nicht in der Lage zu sagen: »Das mache ich sowieso niemals, also weg damit.«
Ich belasse es also dabei, in die Dachbodensammlung so viel Ordnung wie gerade möglich zu bringen. Ich schiebe die Gläser ein bisschen enger zusammen, staple die Holzteile neu und stelle die Tontöpfe und Pflanzkübel ineinander. Der Mann und ich suchen die Einzelteile für den Wohnzimmerkasten heraus und tragen sie nach unten in die Wohnung. Es ist der offizielle Startschuss, sie in eine Geschenkemanufaktur zu verwandeln.
Projekt Nummer eins soll schon heute Abend fertig sein: Bechermuffs für die beste Freundin. Sie hat die gleichen Tassen wie wir: hohe Porzellanbecher ohne Henkel. Also häkle ich ihr eine Art Wollmanschette, die sie bis auf halbe Höhe über den Becher ziehen kann, um ohne schmerzende, weil:verbrannte Finger zu trinken. Zwei Stück bekommt sie, damit auch ihr Tee- und Kaffeebesuch kühle Finger behält.
Ich koche mir selbst einen Tee und setze mich mit Wolle und Häkelnadel aufs Sofa. Ich produziere eine Wollkette aus 45 Luftmaschen, weil das beim Umlegen um den Becher nach einer guten Größe aussieht, füge die Maschenreihe zu einem Kreis zusammen und häkle die zweite Reihe. Bei der zweiten Anprobe stellt sich heraus: 45 Maschen sind zu viel, sie haben sich beim Häkeln der zweiten Reihe ein bisschen in die Breite gestreckt.
Also ribbel ich das bisher Gehäkelte wieder auf. Aufribbeln ist etwas, das ich seit meinem 6. Lebensjahr hasse, seitdem ich das erste Mal eine Häkelnadel in der Hand hatte. Auch wenn es jetzt nur 90 Maschen sind, die ich umsonst gehäkelt habe: Es nimmt mir einfach den Arbeitseifer, meinen Produktionsenthusiasmus, wenn ich noch einmal von vorne anfangen muss.
Beim zweiten Anlauf
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