Hab und Gier (German Edition)
Kinder immer noch da. Diesmal schienen sie gemeinsam mit dem Hund im Dreck zu wühlen. Mein Gott, genau an dieser Stelle war doch das Grab der winzigen Bianca! Ich beeilte mich, schleunigst einzugreifen.
Der Junge und das Mädchen waren offensichtlich Zwillinge. Sie trugen beide grüne Cargohosen und rotgeringelte T-Shirts und versuchten mit Plastikschaufeln den harten Boden aufzukratzen. Offenbar hatten sie vor, den glatten Stein mit der Inschrift aus dem Erdreich herauszuhebeln. Und der Hund scharrte mit ihnen so begeistert um die Wette, dass meine blühende, erst kürzlich erstandene Echinacea purpurea dem kleinen Jungen um die Ohren flog.
»Was macht ihr denn hier für einen Unsinn!«, fuhr ich sie an. »Geht sofort wieder nach Hause, sicher werdet ihr schon vermisst!«
Die Kinder sahen zu mir auf. »Der Papa hat es erlaubt«, sagte das Mädchen und deutete mit der Schippe in die hinterste Gartenecke, wo ich Cord entdeckte. Er pflanzte gerade einen Rosenstrauch.
»Das ist nicht euer Papa«, sagte ich und stutzte im gleichen Moment.
Dann marschierte ich schnurstracks auf unseren emsigen Gärtner los und stellte ihn zur Rede.
Er stotterte ein wenig herum. Natalie, die Mutter der Kleinen, müsse um acht Uhr morgens mit ihrer Arbeit als Kassiererin beginnen. Die Zwillinge würden seit einem Jahr die Schule besuchen, hätten jetzt Ferien, und man könne sie nicht den ganzen Tag sich selbst überlassen. Es würde doch keinen stören, wenn sie bei dem schönen Wetter im Garten spielten.
»Bist du etwa ihr Vater?«, fragte ich ganz entsetzt.
Cord nickte, fast ein wenig stolz. »Ich war mal vor Jahren mit Natalie zusammen, nur eine kurze Affäre. Doch Vater bleibt man ein Leben lang… Die beiden sind sehr brav und werden dir nicht auf die Nerven fallen. Nachher gehe ich mit ihnen ins Freibad. Höchste Zeit, dass sie schwimmen lernen.«
»Deine braven Lieblinge zerstören gerade meine frischgepflanzten Blumen und buddeln dabei ein Babygrab aus«, schnaubte ich und trat gegen einen Karton mit Düngemittel. Die weißen Körner flogen in alle Himmelsrichtungen. Cord ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen, stampfte die Erde um den Rosenstock fest und holte eine Gießkanne.
Verdrossen und empört ging ich in die Küche zurück. Allmählich reichte es mir. Es war an der Zeit, mir endlich einmal mein zweites Haus von außen anzusehen.
Als ich eben ins Auto steigen wollte, kam Cord unter heftigem Winken angerannt und fragte atemlos, ob ich nicht zufällig am Schwimmbad vorbeikäme. Seufzend wartete ich, bis alle Mann an Bord waren, und chauffierte sie mitsamt ihren Badesachen zum gewünschten Ziel, obwohl es natürlich eine ganz andere Route war.
Schließlich fuhr ich in die Lützelsachsener Straße, hielt an und suchte mein zweites Erbstück. Nicht von schlechten Eltern, war mein erster Eindruck, diese Villa war moderner als das Haus in der Biberstraße, hier wirkte der Garten sehr gepflegt, die Fassade war frisch getüncht. Eindeutig ein Objekt, das eine hohe Miete rechtfertigte. Ob ich einfach mal klingeln sollte? Ich entschied mich dagegen, das hatte Zeit, bis ich endlich den Erbschein in Händen hielt. Auf dem Rückweg stieg ich am Schlosspark aus und drehte eine Runde durch die Anlage, die im Stil eines englischen Gartens angelegt war. Nachdenklich betrachtete ich die großen Rhododendronbüsche und überlegte, ob sie einem buddelnden Hund standhalten würden. Dann fuhr ich noch schnell beim Supermarkt vorbei, wo ich zum Glück nicht auf Frau Altmann traf. Bestimmt hatte sie hinter der Hecke gelauert und die beiden ABC -Schützen in meinem Garten schon längst erspäht.
Bei meiner Rückkehr war ich mit dem Hund allein, der nicht ins Schwimmbad mitgedurft hatte. Er begrüßte mich mit überschwenglicher Freude. Ich gab ihm Futter und schmierte mir selbst ein Butterbrot. Cord hatte es wieder mal fertiggebracht, mich zu manipulieren: Erst sollte ich den Hund, nun auch die Zwillinge ertragen. Ob die Kinder jetzt jeden Tag kamen, bis ihre Mutter am Nachmittag mit ihrer Schicht fertig war? Doch bestimmt würde Natalie so bald wie möglich selbst Urlaub nehmen und mit den Gören verreisen, tröstete ich mich.
Ich hatte ja nichts gegen freilebende Tiere wie Vögel und Eichhörnchen, aber nie im Leben hatte ich mir ein Haustier zulegen wollen. Nicht weniger lästig waren mir fremde Kinder. Ich konnte nicht viel mit ihnen anfangen und fand sie überhaupt nicht süß. Wie anders hatte ich mir mein Rentnerdasein
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