Hab und Gier (German Edition)
hocherfreut und dankbar. Lilli sagte: »Hier bei euch ist es wie im Paradies. Und du kochst tolles Essen.«
»Bestimmt kann es eure Mama noch viel besser«, meinte ich. »Was ist denn euer Lieblingsgericht?«
»Wir machen uns die Margherita immer selbst«, sagte Paul. »Du musst den Backofen anheizen, dann schiebst du die kalte Pizza rein, wartest zehn Minuten und holst sie wieder raus. Dabei habe ich mir schon mal die Finger verbrannt.«
»Weil er die Handschuhe nicht angezogen hat!«, sagte Lilli.
»Dafür hat Lilli mal die Topflappen auf der heißen Herdplatte liegen lassen, und da fing es an zu brennen, alles war voller Qualm…«
»…und zum Glück kam gerade der Papa und hat gelöscht«, ergänzte Lilli.
Die Topflappen in unserer Küche hatte Bernadette aus hell- und dunkelgrüner Baumwolle in diagonal versetzten Streifen gehäkelt. Die mit Mäusezähnchen verzierten Ränder wiesen ein paar verkohlte Stellen auf, und ich stopfte sie kurz entschlossen in den Mülleimer. Schließlich besaß ich Küchenhandschuhe aus nicht brennbarem Material, es war an der Zeit, Bernadettes Aussteuer nach und nach zu entsorgen.
Als Judith heimkam, lagen die Kinder im Bett und waren somit erst einmal aus dem Verkehr gezogen. Das sollte allerdings nicht lange so bleiben, denn als wir gerade mein vorzügliches Szegediner Gulasch aßen, kam Lilli im rosa Schlafanzug hereingetappt.
»Durst!«, sagte das Kind, bemerkte Judith und schmiegte sich ängstlich an seinen Vater.
»Raus hier!«, sagte Judith scharf, während ich aufstand und ein Glas mit Apfelschorle einschenkte. Lilli trank in einem Zug aus und verschwand sofort.
»Die Kinder sind leider krank geworden«, sagte ich. »Du solltest etwas freundlicher zu ihnen sein!«
Sie hat sich verändert, dachte ich, während ich ihren feindseligen Blick auffing. Judith hatte heute ihre dicken Zöpfe zu einer Krone um den Kopf gesteckt, so dass sie Julia Timoschenko gespenstisch ähnelte. Dazu trug sie auffälligen Modeschmuck – eine glitzernde Kette mit unterschiedlichen Farbsteinen aus Bernadettes Kollektion.
»Wir haben abgemacht, dass die Bälger hier nichts verloren haben«, sagte sie. »Karla, du enttäuschst mich sehr. Du solltest mir nicht dauernd in den Rücken fallen und etwas konsequenter bleiben. Den Hund hast du anfangs auch nicht haben wollen, dann bist du weich geworden. Wohin soll das noch führen!«
»Wir haben gar nichts abgemacht!«, polterte ich. »Cords Kinder können doch nichts dafür, dass ihre Mutter in der Klinik liegt!«
»Ich bezweifle sehr, dass es seine Kinder sind. Diese Natalie hat es doch mit jedem getrieben. Cord war so was von einfältig, dass er noch nicht mal einen Vaterschaftstest verlangt hat!«
Cord sprang auf, sagte, er müsse sich das nicht anhören, und lief hinaus. Ich war fast ebenso verletzt wie er. »Paul sieht seinem Papa so ähnlich, dass ein Gentest überflüssig ist«, sagte ich. »Ganz abgesehen davon, würde ich in einer solchen Situation auch völlig fremde Kinder aufnehmen!«
»Also wieder mal unsere barmherzige Santa Karla«, sagte Judith, »die den todkranken Wolfram gepflegt hat, den heimatlosen Hund aufnimmt und verwaiste Gören an ihren Busen drückt! Aber unsere Heilige hat ein etwas ausgefallenes Hobby: Urkunden fälschen und dafür ordentlich Kohle einstreichen! Im Übrigen warte ich immer noch darauf, dass du ein eigenes Testament aufsetzt, so wie wir das besprochen haben.«
»Hab ich längst getan, muss es nur noch zum Notar bringen«, sagte ich. Im gleichen Augenblick dämmerte mir, dass ich einen Fehler begangen hatte.
»Kann ich es mal lesen?«, fragte Judith.
»Sicher«, sagte ich zögernd. »Aber vorher will ich noch ein wenig daran feilen.«
23
Hab den Sandmann umgebracht
Eigentlich ging es den Kindern schnell wieder besser, und man hätte sie inzwischen mit gutem Gewissen in die Schule schicken können. Aber Cord hatte keine große Lust, sie in der dunklen Jahreszeit schon so früh aus dem Bett zu scheuchen. Von Weinheim aus war es ein vergleichsweise weiter Weg, und er hätte die Zwillinge schon nach wenigen Stunden wieder abholen müssen. Er verschob es von Tag zu Tag und behauptete, für die Rekonvaleszenten sei es besser, noch ein wenig zu relaxen. An einem kalten und nassen Wintermorgen blieb auch ich länger liegen und döste wohlig vor mich hin. Plötzlich bekam ich unerwarteten Besuch: Paul, Lilli und Bella huschten zur Tür herein und ebenso flink zu mir ins Bett.
Seit unendlich vielen
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