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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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mit offenen Augen da.
    «Gehen wir», sagte der Kapitän. «Harry, brauchst du bestimmt nicht irgendwas?»
    Harry Morgan blickte ihn an, aber er antwortete nicht. Er hatte es ihnen gesagt, aber sie hatten es nicht gehört.
    «Wir kommen gleich wieder», sagte der Kapitän. «Nimm’s nicht so schwer, mein Junge.»

    Harry Morgan beobachtete, wie sie aus der Kajüte hinausgingen.
    Vorn im Ruderhaus sagte der Steuermann, während er beobachtete, wie es dunkel wurde und das Leuchtfeuer von Sombrero über die See fegte: «Da bekommt man ja das Gruseln, wie der phantasiert.»
    «Armer Kerl», sagte der Kapitän. «Na, jetzt sind wir bald da. Wir werden ihn kurz nach Mitternacht darin haben. Wenn wir nicht wegen dem Schlepp die Fahrt verlangsamen müssen.»
    «Glauben Sie, der bleibt am Leben?»
    «Nein», sagte der Kapitän. «Aber wissen kann man’s nie.»

16
    Eine Menge Leute befanden sich in der dunklen Straße vor den eisernen Gittertoren, die den Zugang zu dem früheren Unterseeboothafen, der jetzt in einen Bootshafen umgewandelt war, sperrte. Der kubanische Wächter hatte Order bekommen, niemanden hineinzulassen, und die Menge drängte gegen die Einzäunung, um zwischen den Eisenstäben in den dunklen Raum zu sehen, dessen Wasserfront von den Lichtern der an den einzelnen Landungsstegen vertäuten Yachten beleuchtet war. Die Menschenmenge war so still, wie nur eine Menschenmenge in Key West still sein kann. Zwei Leute von einer Yacht schoben und schubsten sich mit den Ellbogen bis ans Tor und am Wächter vorbei.
    «Hallo, Sie können da nicht rein», sagte der Wächter.
    «Zum Teufel noch mal! Wir wollen auf unsere Yacht.»
    «Niemand soll rein», sagte der Wächter. «Zurück, Sie da!»
    «Seien Sie nicht so dumm», sagte einer und schubste den Wächter beiseite, um die Straße, die zum Hafen führte, hinaufzugehen.
    Hinter ihnen befand sich die Menge außerhalb der Tore, wo der kleine Wächter unbehaglich und ängstlich mit seiner Mütze, seinem langen Schnauzbart und seiner angegriffenen Autorität dastand und sich einen Schlüssel wünschte, um das große Tor verschließen zu können, und als die beiden Männer herzhaft die ansteigende Straße hinauf schritten, sahen sie eine Gruppe wartender Männer an dem Landungssteg des Küstenschutzes vor sich und gingen dann an ihnen vorbei. Sie beachteten sie nicht, sondern gingen am Hafen entlang, an den Landungsstegen vorbei, wo die anderen Yachten im Licht eines Scheinwerfers lagen, zur Pier Nummer 5, und auf den Steg hinaus, so weit wie die Laufplanke reichte, und von der groben, hölzernen Pier aufs Teakholzdeck der ‹New Exuma II›. In der Hauptkajüte setzten sie sich auf große, lederne Sessel an einen langen Tisch, auf dem Zeitschriften ausgebreitet lagen, und einer der Männer klingelte nach dem Steward.
    «Whiskey-Soda», sagte er. «Und du, Henry?»
    «Auch», sagte Henry Carpenter.
    «Was war denn mit dem dämlichen Esel am Tor los?»
    «Keine Ahnung», sagte Henry Carpenter.
    Der Steward in seiner weißen Jacke brachte die beiden Gläser.
    «Spielen Sie die Platten, die ich nach dem Essen herausgelegt hatte!» sagte der Mann, der Wallace Johnston hieß.
    «Mr. Johnston, ich habe sie weggeräumt», sagte der Steward.
    «Verflucht noch mal!» sagte Wallace Johnston. «Dann spielen Sie das neue Bach-Album!»
    «Jawohl, Mr. Johnston», sagte der Steward. Er ging an den Plattenschrank, nahm ein Album heraus und ging damit zum Grammophon. Er legte die Sarabande auf.
    «Hast du Tommy Bradley heute gesehen?» fragte Henry Carpenter. «Ich hab ihn gesehen, als das Flugzeug ankam.»
    «Ich kann ihn nicht leiden», sagte Wallace, «weder ihn noch die Hure von Frau, die er hat.»
    «Ich mag Helene», sagte Henry Carpenter. «Die amüsiert sich so wunderbar.»
    «Hast du’s mal probiert?»
    «Natürlich. Es ist fabelhaft.»
    «Ich kann sie auf den Tod nicht leiden», sagte Wallace Johnston. «Wozu lebt sie hier, in drei Teufels Namen?»
    «Sie haben einen herrlichen Besitz.»
    «Dies hier ist ein netter, sauberer kleiner Bootshafen», sagte Wallace Johnston. «Ist es wahr, daß Tommy Bradley impotent ist?»
    «Das glaube ich nicht. Das sagt man von jedem. Der ist nur saumäßig großzügig.»
    «Saumäßig ist ausgezeichnet. Eine Sau ist sie, so sicher wie’s im Buche steht.»
    «Sie ist eine außergewöhnlich nette Frau», sagte Henry Carpenter. «Sie würde dir bestimmt gefallen, Wally.»
    «Das würde sie nicht», sagte Wallace. «Sie verkörpert alles, was ich

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