Haben Sie das von Georgia gehoert
Hemden, weiße Satinkrawatten) und hielt sich für eine Art Six-Points-Playboy. In jüngeren Jahren hatte er sich zweimal scheiden lassen, und seitdem lebte er solo. Ein paarmal im Jahr fuhr er mit seinem protzigen goldfarbenen Cadillac nach New Orleans, um dort
ein Wochenende abzutauchen – der Himmel allein wusste, was er da trieb. Hin und wieder hatte er Georgia eingeladen mitzukommen, aber sie meinte, New Orleans interessiere sie kein bisschen.
Das war so ungefähr die größte Lüge aller Zeiten. Sie war noch nie in New Orleans gewesen, aber sie kannte es besser als viele, die dort wohnten. Sie hatte Bücher gelesen und Stadtpläne studiert. Von allen Orten auf der Welt stellte New Orleans Georgias Lieblingsstadt dar, und sie wusste, es war ihr bestimmt, dorthin zu gehen. Alle ihre Fantasien über ihr Leben endeten in New Orleans. Irgendwann, irgendwie, wenn Little Mama nicht mehr lebte und Georgias Zeit in Six Points zu Ende wäre, dann würde sie hinunterfahren – nie wieder weggehen. Sie würde an dieser Stadt festwachsen wie Moos an einem Baum. Sie würde dort alt werden und auch dort sterben. Man würde ihren Leichnam in einen dieser eleganten Marmorsarkophage legen, in denen man vor der Feuchtigkeit sicher ist.
Es wäre nett, den ersten Ausflug nach New Orleans am Arm eines großen, spendablen Mannes wie Lon Chapman zu machen. Mit ihm gäbe es die besten Cocktails und Restaurants, das schönste Hotel – eine Edelherberge im French Quarter, mit Innenhof, Springbrunnen und Bananenbaum, wie die in der Souvenirbroschüre von Mamas und Daddys Flitterwochen.
»Was kann ich für dich tun, Lonnie?«
»Hör zu, Babe, ich weiß, du bist heute beschäftigt, aber ich hatte gehofft, ich könnte heute Abend trotzdem vorbeikommen. Okay? Von mir aus auch spät.«
»Oh, Lon, Honey, das ist unmöglich, sorry. Hast du’s vergessen? Heute ist mein September-Lunch.«
»Ja, aber der ist doch mittags, oder? Ich rede von heute Abend. So spät, wie du willst. Ich hab uns in Meridian ’ne schöne Flasche Wein besorgt.«
Georgia war plötzlich ein wenig gereizt – aber halt! Warum soll Lon sich für deinen Lunch interessieren? Das ist eine Damenveranstaltung. Du kannst dich geschmeichelt fühlen, dass er überhaupt daran gedacht hat.
»Lonnie, ich würde dir zu gern den Gefallen tun, Sugar, aber du hast keine Ahnung, wie viel Arbeit es ist, hinter den Damen sauber zu machen. Die toben durch das Haus wie eine wilde Hundemeute. Heute Abend um acht bin ich platt wie eine Flunder.« Sie senkte die Stimme. »Ich mache es nächste Woche wieder gut.«
»Ach, komm schon, Georgia. Ich muss dich sehen! Wie wär’s denn … jetzt gleich? Ich könnte sagen, ich hab ’ne Sitzung beim Bankenverband …«
Also wirklich! Vor nicht mal einem Monat hatte Lon in letzter Minute angerufen, um den Dienstagabend unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand abzusagen, und jetzt sollte sie einen Salto schlagen, um ihn am arbeitsreichsten Tag des Jahres noch irgendwie unterzubringen? Männer nahmen sich viel zu wichtig. Irgendwann fingen sie an zu glauben, man gehörte ihnen, man sei ihr Besitz, und man müsse bereit sein, sie zu unterhalten, wann immer sie Lust haben, sich unterhalten zu lassen.
Manche Mädels mochten ihre Affären auf diese Weise handhaben. Dieses Mädel nicht.
»Geht leider wirklich nicht, Lonnie, tut mir leid«, sagte sie in lockerem Ton. »Meine Aufgabenliste ist so lang wie dein Arm. Schon wenn ich hier mit dir telefoniere, verspäte ich mich.«
Jetzt kam Little Mama durch den Flur geschlurft. In letzter Zeit schien sie morgens vergesslicher zu sein als sonst. Was sie heute Morgen vergessen hatte, war ihr Morgenmantel. Sie trug einen ausgeleierten alten BH und eine große weiße Unterhose, die hoch auf der Taille saß. Georgia wollte schimpfen, aber dann schaute sie lieber woanders hin. Little Mama verschwand im Bad und schlug die Tür hinter sich zu.
Lonnie redete unterdessen immer weiter. »Komm schon, Babe. Du hast keine Ahnung, wie es mir – ähm … ja, okay.« Sein Tonfall wurde sachlich. »Ja, natürlich, die Pfandbriefe werden ja jetzt fällig. Ich muss nur den Justiziar verständigen, und dann können wir die Einlagen freigeben. Ich rufe ihn an, und dann melde ich mich wieder.«
Gott sei Dank – irgendein Kassierer war zu früh gekommen. »Okay, Lonnie«, sagte Georgia, »tu das, mein Lieber, und ruf mich morgen an, dann erzähle ich dir von meinem Lunch.«
Die Badezimmertür schwang auf und
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