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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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eröffnete Georgia einen Blick auf ihre Mutter, die mit dem schlabbrigen Schlüpfer an ihren Knöcheln auf dem Klo saß.
    Diese Tür hing nicht mehr lotrecht in den Angeln, wie alle verdammten Türen in diesem Haus. Man musste am Türknauf ziehen, damit das Schloss einrastete.
    Georgia blinzelte, um das alles nicht ganz so scharf zu sehen, warf den Hörer auf die Gabel und sprintete durch den Flur. »Ich mach zu, Mama!«, rief sie und zog die Tür sanft ins Schloss. Sie wollte sie nicht zuschlagen und damit einen Herzanfall heraufbeschwören; offensichtlich war die Ärmste so früh am Morgen geistig noch nicht ganz da.
    Bei all ihren sorgfältigen Vorbereitungen hatte Georgia nie daran gedacht, dass Little Mama vielleicht nicht fit genug
sein könnte, um wie sonst herumzustehen und so zu tun, als wäre sie die zweite Gastgeberin. Georgia fand Mamas Vergesslichkeit nicht so schlimm – jedenfalls nicht so schlimm, dass man irgendetwas hätte tun müssen. Aber jetzt wünschte sie plötzlich, sie hätte jemanden, bei dem sie Little Mama für den Nachmittag parken könnte, ohne sie zu kränken. Sie konnte sie ja nicht den ganzen Tag im Auge behalten, um sicher zu sein, dass sie sich nicht vor allen Leuten entkleidete.
    Sie zog Shorts und eine Baumwollbluse an und machte ihr Bett besonders ordentlich für all die Neugierigen, die »aus Versehen« in ihr Zimmer spazieren würden. Sie legte das Lauren-Kleid zurecht (so wunderschön in seinem smaragdgrünen Ton) und hängte das »Bitte nicht stören«-Schild an den Türknauf an Brothers Zimmer. Nach seiner frühmorgendlichen Heimkehr konnte sie davon ausgehen, dass er den ganzen Lunch verschlafen würde.
    Dann lief sie die Treppe hinunter und schaute auf ihren Zeitplan.
    Noch nicht mal angefangen, und schon zehn Minuten im Rückstand!
    Das Frühstück konnte sie ausfallen lassen – das brachte fünf Minuten. Und sie hatte fünf Minuten blockiert, um Krystal anzurufen und sie daran zu erinnern, die geschliffenen Glasplatten für die »Red Velvet«- Torte, den Wackelpudding und die Coca-Cola-Törtchen mitzubringen. Sie beschloss darauf zu vertrauen, dass Krystal von selbst daran denken würde, und bingo! – sie war wieder im Plan.
    Um diese Zeit würden alle Damen damit beschäftigt sein, ihre Kleider herauszulegen und sich die Haare zu machen. In den nächsten zwei Stunden würde das Telefon nicht klingeln, und das war gut so, denn der Zeitplan hielt Georgia auf
Trab. Sie lief hin und her, kürzte Kerzendochte und strich Falten aus Tischdecken, und ein paar Dutzend Mal rannte sie die Treppe hinauf und wieder hinunter.
    Krystals Tischdekoration hatte dieses Jahr eine besonders dramatische Note. Sie hatte sich für ein Naturthema entschieden: massenhaft Zweige, Kiefernzapfen, kahle Äste und bemooste Steine, Herbstlaub und süße kleine Teiche in Schüsseln, Servietten, die zu dekorativen Schwänen gefaltet waren. Georgias Geschenktüten aus Goldfolie funkelten überall zwischen den Gedecken inmitten von Wolken zierlicher Schleifen in Grün und Braun. Nie hatte das große Haus festlicher ausgesehen. Auf jedem Sims, jedem Sideboard lagen grüne Efeuranken und balsamisch duftende Potpourris mit himmlischen Fresienakzenten. (Der Blumenladen Tommy’s Dixie Florist war der große Gewinner bei alldem.) Die Pressglasvasen ihrer Großmutter hatte Georgia mit scharlachroten Gladiolen gefüllt.
    Sie fand wuchtige, einfarbige Gebinde einer einzelnen Blumensorte besonders wirkungsvoll, und die Gladiolen hatte sie in lauwarmes Wasser gestellt, damit sie schnell aufgingen und sich gegen Mittag im schönsten Rot präsentierten.
    Aber irgendetwas an Lon Chapmans Anruf ließ ihr keine Ruhe. Es gab einen Grund, weshalb sie nachgeben und ihn heute Abend noch kommen lassen sollte. Sie versuchte sich zu erinnern. Gab es etwas, das er für sie tun konnte?
    Schon wieder eine leere Rolodex-Karte.
    Verdammt! Davon gab es in letzter Zeit zu viele. Ihr Kopf war überfrachtet mit nutzlosen Informationen; manchmal wachte sie auf und zählte die Zutaten eines Kochrezepts auf.
    Irgendetwas, das Krystal gesagt hatte …
    Am vergangenen Abend, als sie die Schwäne aus den Servietten
gefaltet hatten. Krystal hatte über ihre Brille hinweggeschaut und gesagt: »Nur einer von diesen alten Mistkerlen muss einknicken, mehr brauche ich gar nicht. Dann hätten die anderen einen Vorwand.«
    Das war es – Krystals Eingemeindungsplan. Die Hälfte der alten Mistkerle im Stadtrat erzählten ihr unter vier Augen,

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